Bei der Beschlussfassung über Vorschüsse zur Kostentragung nach
§ 28 Abs. 1 WEG verfügen Wohnungseigentümer über einen weiten Gestaltungsspielraum. Sowohl die Auswahl der im Wirtschaftsplan zu berücksichtigenden Positionen als auch deren Höhe unterliegt einem erheblichen Ermessen. Ein Beschluss kann nur dann als ordnungswidrig angesehen werden, wenn im Zeitpunkt der Beschlussfassung offensichtlich überhöhte oder deutlich zu niedrige Ansätze gewählt wurden.
Die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses ist nach dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Entscheidung zu beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wirtschaftsplan eine Prognose über die im Wirtschaftsjahr voraussichtlich anfallenden Einnahmen und Ausgaben enthält (§ 28 Abs. 1 Satz 2 WEG). Die Prognose muss eine realistische Grundlage für die Finanzierung der laufenden Gemeinschaftsausgaben bieten. Es genügt, dass die Ansätze auf nachvollziehbaren Schätzungen beruhen und die Hausgeldzahlungen voraussichtlich ausreichen, um die entstehenden Kosten zu decken (vgl. BGH, 20.05.2011 - Az: V ZR 175/10; BGH, 11.10.2013 - Az: V ZR 271/12; BGH, 25.09.2020 - Az: V ZR 80/19).
Im Rahmen der Schätzung dürfen die Wohnungseigentümer vorsorglich auch großzügige Ansätze wählen, um Nachforderungen zu vermeiden. Sämtliche feststehenden oder zu erwartenden Ausgaben sind einzustellen, wobei ein wirtschaftlich vernünftiges Verhalten zugrunde zu legen ist (vgl. BGH, 17.10.2014 - Az: V ZR 26/14). Maßgeblich ist nicht die nachträgliche tatsächliche Entwicklung, sondern die objektive Vertretbarkeit der Prognose zum Zeitpunkt des Beschlusses.
Die Einbeziehung von Kostenpositionen wie etwa Aufwendungen für eine angemietete Fahrradgarage, Rechtsberatung oder eine Zusatzvergütung für die Verwalterin ist zulässig, sofern die zugrunde gelegten Umstände plausibel und die Beträge im Rahmen des Ermessens liegen. Auch wenn einzelne zugrunde liegende Verträge später als unwirksam angesehen werden sollten, ist deren Berücksichtigung im Wirtschaftsplan grundsätzlich nicht zu beanstanden, da bei der Prognose von der Wirksamkeit bestehender Verpflichtungen auszugehen ist.
Ebenso unterliegt die Höhe der Zuführung zur Erhaltungsrücklage einem weiten Beurteilungsspielraum.
§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG verpflichtet die Wohnungseigentümer, eine angemessene Rücklage zur Instandhaltung zu bilden. Ein konkreter Reparaturbedarf muss hierfür nicht vorliegen (vgl. BGH, 01.04.2011 - Az: V ZR 96/10). Solange die gewählte Höhe nicht evident unangemessen ist, überschreitet sie die Grenzen ordnungsmäßiger Verwaltung nicht.