Nach § 32 Abs. 2 BJG wird der Wildschaden an Garten– oder hochwertigen Handelsgewächsen nicht ersetzt, wenn die Herstellung von üblichen Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Klägerin hat solche Schutzvorrichtungen nicht vorgenommen, obwohl sie dazu verpflichtet gewesen wäre, weil es sich bei dem angebauten Wirsing um ein Gartengewächs handelt und nicht wie sie behauptet um ein Feldgewächs.
Gartengewächse sind im Gegensatz zu Feldpflanzen, solche die üblicherweise ausschließlich oder doch wenigstens überwiegend in Gärten oder in der für Gärtnereien typischen Anbauweise gezogen, geerntet und gehandelt werden, ohne dass es darauf ankommt, ob der Anbau flächenmäßig groß oder klein ist und ob er gewerbsmäßig oder nur für den eigenen Bedarf vorgenommen wird.
Bei der Beurteilung kommt es danach auch auf die jeweiligen örtlichen Verhältnisse an, so dass gewisse Pflanzen in der einen Gegend als Gartengewächse, in einer anderen Gegend jedoch als Feldpflanzen anzusehen sind und dass auch durch eine allgemeine Veränderung der Anbauweise „Gartengewächse zur Feldpflanze“ werden können.
Sollte der feldmäßige Anbau in einem größeren Gebiet derart im Vordergrund stehen, dass der gartenmäßige Anbau kaum noch eine Rolle spielt, so rechtfertigen es daher – wiederum – Sprachgebrauch und Verkehrsanschauung, die hergebrachte Bezeichnung Gartengewächs aufzugeben. Es handelt sich hierbei gegebenenfalls um eine (in einem weiten regionalen Bereich) allgemein eingetretene Veränderung der Anbauweise vom Garten – zum Feldbau.
Dafür, ob der Anbau feldmäßig erfolgt, kann außer der Art und Weise der Bearbeitung des Bodens auch die Größe der Felder – unter Berücksichtigung der Bodenbeschaffenheit und der sonstigen örtlichen Gegebenheiten – von Bedeutung sein. Auch muss der Anbau insgesamt in der betreffenden Region als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung einiges Gewicht haben. Es muss sich um nachhaltige, bereits über Jahre andauernde, Entwicklungen handeln. Als Beweismittel kommen Äußerungen der Landwirtschaftskammern oder anderer sachkundiger Stellen in Betracht. Zweifel gehen zu Lasten des Geschädigten.
Wirsing ist üblicherweise ein Gartengewächs. Dass dieser im Streitfall als Feldgewächs anzusehen ist, hat die Klägerin nicht bewiesen. Nach der eingeholten Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hat der Anbau von Wirsing in Nordrhein-Westfalen schon kein Gewicht. Erst Recht nicht an der Gesamtackerfläche in NRW, aber auch nicht an der Gesamtgemüsefläche in NRW, die bei 20.203 ha liegt, wobei Wirsing einem Anteil von 2,32 % bei 469 ha hat. Selbst an der Gesamtackerfläche im Kreis Heinsberg mit 33.642,05 ha wäre der gesamte in NRW angebaute Wirsing nur mit 1,3 % beteiligt, wobei noch zu berücksichtigen wäre, dass im Kreis Heinsberg wiederum nur ein geringer Teil dieser 469 ha Wirsing angebaut werden. Der Betrieb der Klägerin allein baut auf maximal 1,2 ha an, wie sie selbst vorgetragen hat.
Hinzu kommt, dass die Klägerin nur deshalb Wirsing anbaut, weil sie durch die Produktion von Gurken für die AZ Kempen auch diesen dorthin kostendeckend anliefern kann. Der Wirsinganbau allein wäre auf Grund der Entfernung von der Produktionsstätte bis Kempen oftmals kaum rentabel. Dies spricht eben gegen einiges Gewicht als Teil der landwirtschaftlichen Erzeugung im Kreis Heinsberg und darüber hinaus.
Handelt es sich bei dem von der Klägerin angebauten Wirsing somit um ein Gartengewächs und hat die Klägerin keine Schutzvorrichtungen vorgenommen, scheidet ein Anspruch auf Wildschadensersatz aus. Daran ändert auch nichts, dass die Einrichtung von Schutzvorrichtungen bei der Ackerfläche der Klägerin angeblich nicht mehr vertretbar sein soll und den Schaden nicht hätte verhindern können. Weshalb der Schaden bei Schutzvorrichtungen trotzdem eingetreten wäre, ist nicht nachvollziehbar. Die hohen Kosten einer Schutzeinrichtung sind kein Kriterium, dass zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage führen würde.