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Kapitalanleger-Musterverfahren: Erforderliche Angaben in einem Verkaufsprospekt für einen Containerschiffsfonds

Geld & Recht | Lesezeit: ca. 45 Minuten

Wenn der Verkaufsprospekt für einen Containerschiffsfonds eine Prognose zur Entwicklung der Containerschiffsflotte enthält, kann ein Prospektfehler nicht mit dem Fehlen von „aussagekräftigen“ Orderbuchzahlen für Containerschiffe begründet werden.

Hierzu führte das Gericht aus:

Das Oberlandesgericht hat zur Begründung des Musterentscheids im Wesentlichen ausgeführt:

Ein Prospektfehler liege nicht deswegen vor, weil nicht über die 105%-Klausel aufgeklärt werde (Feststellungsziel 1.a)). Der Prospekt informiere über das Fremdfinanzierungs- und das Währungsrisiko. Bei einem in unterschiedlichen Währungen aufgenommenen Darlehen liege die eigentliche Gefahr darin, dass ein solches Darlehen „sehr teuer“ werden könne, wenn die Fremdwährung im Verhältnis zur Leitwährung immer stärker werde. Für diese Konstellation gewähre die 105%-Klausel der Bank einen Anspruch auf eine zusätzliche Sicherheit. Das von dieser Klausel ausgehende Risiko stelle im Verhältnis zum Währungsrisiko ein untergeordnetes, nicht gesondert aufklärungsbedürftiges Begleitrisiko dar. Auf Seite 50 des Prospekts werde ausführlich dargestellt, welche Teile der Darlehen in US-Dollar (Tranchen 1 und 2) und welche Teile in japanischen Yen (Tranche 3) aufgenommen werden sollten. Weitere Angaben zu den Darlehensverträgen befänden sich auf den Seiten 72 ff. des Prospekts. Auf Seite 19 des Prospekts werde allgemein auf das Fremdfinanzierungs- sowie ausdrücklich auf das Währungsrisiko hingewiesen. Die Aufklärung darüber, dass abhängig von den Wechselkursen die Zins- und Tilgungsleistungen für die Darlehen höher ausfallen könnten, sei ausreichend. Eine 105%-Klausel sei eine bankübliche Vereinbarung, durch die lediglich die allgemeinen Gläubigerrechte aus § 490 BGB konkretisiert würden. Die höchstrichterliche Rechtsprechung zur sog. Loan-to-Value-Klausel sei auf die 105%-Klausel übertragbar. Auf das Risiko, dass der finanzierenden Bank bei Eintritt bestimmter Ereignisse Sonderkündigungsrechte zustehen, weise der Prospekt auf den Seiten 19 und 72 f. ausdrücklich hin.

Der Prospekt sei auch nicht deswegen fehlerhaft, weil er nicht darüber informiere, dass die finanzierenden Banken zusätzliche Bedingungen für Ausschüttungen an die Anleger stellen könnten (Feststellungsziel 1.b)). Über den genauen Inhalt solcher Klauseln müsse der Prospekt keine Angaben enthalten. Über die Risiken einer Fremdfinanzierung, insbesondere darüber, dass bestellte Sicherheiten verwertet würden, eine Anschlussfinanzierung nicht zustande komme und von Sonderkündigungsrechten Gebrauch gemacht werde, informiere der Prospekt auf den Seiten 16, 19 und 72 f. Er weise auf Seite 11 auch darauf hin, dass es sich bei den geplanten Auszahlungen an die Anleger um „Entnahmen aus Liquiditätsüberschüssen“ handele. Aus den prospektierten Gesellschaftsverträgen (§ 7 Buchst. f und § 16 Ziff. 6, Prospekt, S. 110 und 115), ergebe sich ebenfalls, dass Auszahlungen von der Liquiditäts- und Vermögenslage der Fondsgesellschaften abhängig seien. Der Anleger könne dem Prospekt daher entnehmen, dass er nur dann Auszahlungen erhalte, wenn die Verpflichtungen gegenüber den finanzierenden Banken sichergestellt seien. Auch aus dem Hinweis, die Kapitalanlage stelle eine unternehmerische Beteiligung dar (Prospekt, S. 15) bzw. die Anleger trügen ein Mitunternehmerrisiko (Prospekt, S. 80) und den Erläuterungen der Gewinn- und Verlustbuchungen (§ 4 Ziff. 5 der Gesellschaftsverträge, Prospekt, S. 108) sowie aus den Darstellungen zur Teilhabe der Kommanditisten am Ergebnis und Vermögen der Fondsgesellschaften (Prospekt, S. 54; § 16 Ziff. 2 der Gesellschaftsverträge, Prospekt, S. 114), ergebe sich für den Anleger, dass er von der Kapitalanlage nur dann wirtschaftlich profitiere, wenn es einen Gewinn bzw. ein positives Ergebnis gebe. Dies sei nur dann der Fall, wenn alle Verbindlichkeiten der Fondsgesellschaften und damit auch die Darlehensverbindlichkeiten bedient seien. Einer gesonderten Aufklärung, wonach nicht nur die Fondsgesellschaften darauf zu achten hätten, dass Auszahlungen an Anleger die Erfüllung der Darlehensverbindlichkeiten nicht beeinträchtigen, sondern dass auch die finanzierenden Banken den Vorrang der Darlehensforderungen einfordern können, habe es nicht bedurft.

Die Aufklärung über das grundsätzlich mögliche Wiederaufleben der Kommanditistenhaftung auf den Seiten 17 und 60 des Prospekts sei ausreichend (Feststellungsziel 1.c)). Eine nähere Erläuterung der gesetzlichen Regelung sei nicht erforderlich. Im Prospekt werde zwar nicht darüber informiert, dass die Kapitalkonten der Anleger durch Verlustzuweisungen unter die Hafteinlage gemindert werden könnten. Auch dann komme es allerdings erst zu einer Haftung, wenn eine Entnahme erfolge. Haftungsbegründend seien im Stadium der Unterdeckung nur Ausschüttungen, nicht aber Verlustzuweisungen. Einer weiteren und gesonderten Belehrung habe es nicht bedurft. Das für den Anleger maßgebliche Risiko, dass trotz einer vollständig geleisteten Hafteinlage erhaltene Auszahlungen zurückzuzahlen sind, werde ausreichend dargestellt.

Der Prospekt sei auch nicht fehlerhaft, weil in ihm keine „aussagekräftigen Orderbuchzahlen“ angegeben seien (Feststellungsziel 1.d)). Der Prospekt enthalte auf Seite 29 Angaben zum Wachstum des Angebots an Schiffen im Größenklassensegment von 4.000 bis 4.500 TEU. Danach seien bei Prospekterstellung insgesamt 269 Schiffe in Fahrt gewesen und weitere rund 160 Schiffe würden bis zum Jahr 2010 abgeliefert werden, was bis Anfang des Jahres 2011 im Durchschnitt einem jährlichen Zuwachs von 15,6% entspreche. Soweit die Beigeladenen auf eine Tabelle von D. verwiesen, ergäben sich hieraus keine Widersprüche zu den Prospektangaben. Der Bezugspunkt dieser Tabelle sei mit der Transportkapazität in TEU ein anderer. Soweit betreffend die Schiffsanzahl die im Prospekt herangezogene Studie des I. S.und L. (ISL) im Vergleich zu einer Studie von D., nach der in den Jahren 2007 bis 2010 217 Schiffe in der Größenklasse 4.000 bis 4.999 TEU abgeliefert würden, leicht abweichende Werte aufweise, begründe dies ebenfalls keinen Prospektfehler. Es handele sich um Prognosen. Dass D. auf bessere Erkenntnisse als das I.S.und L. habe zurückgreifen können, sei nicht vorgetragen. Es wäre zwar aussagekräftiger gewesen, wenn im Prospekt auch der kapazitätsbezogene Zuwachs angegeben worden wäre. Ein aufklärungsbedürftiger Umstand sei in dem Fehlen einer solchen Angabe jedoch nicht zu sehen, da der kapazitätsbezogene Zuwachs in der ISL-Studie mit 15,8% p.a. angegeben sei und nur marginal von dem im Prospekt benannten anzahlbezogenen Zuwachs von 15,6% p.a. abweiche. Die Angaben der ISL-Studie und von D.zum jährlichen Zuwachs würden kaum voneinander abweichen, wobei zu beachten sei, dass D. die Größenklasse von 4.000 bis 4.999 TEU einheitlich darstelle, während die ISL-Studien zwischen 4.000 bis 4.499 einerseits und 4.500 bis 4.999 TEU andererseits differenziere. Selbst wenn im Prospekt die Zahlen von D. und nicht diejenigen der ISL-Studie angegeben worden wären, hätte sich im Ergebnis hinsichtlich der Prognose des Flottenzuwachses nichts geändert.

Eine Pflicht zur Darstellung des gesamten Orderbuchs über alle Größenklassen hinweg, bestehe nicht. Aus der von der Musterklägerin vorgelegten Tabelle von D. hätte der Anleger erkennen können, dass das prognostizierte Angebotswachstum bezogen auf alle Schiffsklassen niedriger sei als das in der streitgegenständlichen Größenklasse angegebene Wachstum. Über ein größeres Risiko wäre der Anleger daher mit der Darstellung des gesamten Orderbuchs nicht aufgeklärt worden.

Die Argumentation, regelmäßig würden mehr Schiffe abgeliefert als aus den Orderbüchern ersichtlich, sei unbehelflich. Einerseits passe dies nicht zur Formulierung des Feststellungsziels, andererseits habe das Orderbuch nur eine Indizwirkung für die Anzahl der tatsächlich neu auf den Markt tretenden Containerschiffe. In der Vergangenheit seien auch weniger Containerschiffe abgeliefert worden als in den Orderbüchern angegeben.

Bei der Angabe „Nach Einschätzung des ISL ist vor dem Hintergrund der Altersstruktur der Schiffe kaum davon auszugehen, dass dieser Flottenzuwachs den erforderlichen Ersatzbedarf abdecken wird,“ handele es sich um ein zutreffendes Zitat aus der ISL-Studie, welches sich auf die Überlegung stütze, dass bezogen auf die Gesamtflotte über alle Größenklassen hinweg mit hohen Verschrottungszahlen zu rechnen sei.

Dem Prospekt lasse sich bei der gebotenen Gesamtwürdigung entnehmen, dass einem prognostizierten Containerverkehrswachstum von ca. 9% p.a. bis zum Jahr 2010 (Prospekt, S. 28) ein jährlicher Zuwachs von Schiffen im Größensegment von 4.000 bis 4.500 TEU von 15,6% p.a. bis Anfang des Jahres 2011 (Prospekt, S. 29) gegenüberstehe. Im Prospekt (S. 30) werde auch darauf aufmerksam gemacht, dass die Charterraten von Mitte 2006 bis Anfang 2007 aufgrund des Flottenzuwachses durch Ablieferungen neuer Schiffe eine rückläufige Tendenz verzeichnet hätten. Insgesamt werde dem Leser damit vermittelt, dass die Anzahl der Schiffe schneller wachse als der Containerverkehr und dass dies negativen Einfluss auf die Charterraten habe.

Die Flottenentwicklung sei ein Umstand, der bei der Prognose der Charterraten zu berücksichtigen sei. Für die ersten fünf Jahre sei allerdings eine feste Charterrate vereinbart worden, so dass für diesen Zeitraum die Flottenentwicklung und deren Darstellung im Prospekt nur von untergeordneter Bedeutung gewesen sei. Für den Zeitraum nach Ablauf der ersten fünf Jahre enthalte das Orderbuch keine konkreten Angaben, so dass eine Darstellung im Prospekt für den Anleger nur von geringer Aussagekraft gewesen wäre. Es sei nicht ersichtlich, dass die Prognose zur Anschlusscharterrate unvertretbar sei. Sie habe auf die ISL-Studie gestützt werden dürfen.

Die Angaben im Prospekt zur Volatilität der Durchschnittscharterraten für Containerschiffe in den Jahren vor Prospektveröffentlichung seien ebenfalls hinreichend (Feststellungsziel 1.e)). Der Prospekt weise darauf hin, dass die Charterraten Marktschwankungen unterlägen. Der Begriff „volatil“, der nichts anderes als „unbeständig“ oder „sprunghaft“ bedeute, müsse im Prospekt nicht zwingend verwendet werden. Dass die Marktpreisschwankungen vergleichsweise groß ausfallen können, werde im Prospekt (S. 30) durch das Beispiel veranschaulicht, wonach die Raten im Jahr 2007 von Jahresanfang bis Oktober um 27% gestiegen und seit Anfang Oktober wieder leicht gefallen seien. Der Prospekt spreche davon, dass in den letzten drei Jahren eine „Boomphase“ geherrscht habe, was indirekt bedeute, dass es zuvor niedrigere Raten gegeben habe. Außerdem weise der Prospekt auf besonders gute Jahre hin (1995 und 2000), was bedeute, dass es in anderen Jahren nicht so gute Verhältnisse gegeben habe. Diese textlichen Erläuterungen seien ausreichend. Eine Darstellung der langjährigen Entwicklung in einer Grafik sei nicht erforderlich.

Der Anleger könne dem Prospekt (S. 16) auch den schlechtesten Fall entnehmen, wonach es passieren könne, dass die Fondsschiffe keine Anschlussbeschäftigung fänden. Nicht erforderlich sei es, dem Anleger die Entwicklung der Charterraten in der Vergangenheit im Einzelnen im Prospekt darzulegen, solange ihm ausreichend vor Augen geführt werde, dass es sich bei der Beteiligung um eine mit Risiken behaftete unternehmerische Anlage handele und dass die kalkulierten Charterraten erheblichen Schwankungen unterlägen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die im Prospekt kalkulierte Anschlusscharterrate mit 27.000 US-Dollar pro Tag am unteren Ende der von den Beigeladenen behaupteten Schwankungsbreite zwischen 50.000 US-Dollar und 20.500 US-Dollar pro Tag liege. Die Auswirkungen der Volatilität seien damit zu einem erheblichen Teil bereits berücksichtigt und in die kalkulierte Anschlusscharterrate „eingepreist“.

Hinsichtlich der Feststellungsziele 2. und 3. sei der Vorlagebeschluss des Landgerichts bzw. der Erweiterungsbeschluss des Oberlandesgerichts bezüglich des Feststellungsziels 3. gegenstandlos. Da die auf die Feststellung von Prospektfehlern gerichteten Feststellungsziele insgesamt unbegründet seien, komme es auf die Frage, ob die Musterbeklagte zu 3 nach den „Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne“ aufklärungspflichtig sei (Feststellungsziel 2.) und ob die Musterbeklagten zu 3, 4 und 6 aufgrund einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht als Gründungsgesellschafterinnen verpflichtet gewesen seien, die Anleger über die behaupteten Prospektfehler aufzuklären (Feststellungsziel 3.), nicht mehr an.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

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