Der Kläger nimmt die beklagte Versicherung auf Leistung aus einer Betriebsschließungsversicherung in Anspruch.
Der Kläger betreibt in Erfurt ein Restaurant. Zwischen den Parteien besteht eine Betriebsschließungsversicherung für diesen Restaurantbetrieb. Darin sind die „Allgemeine Bedingungen für die Betriebsschließungsversicherung“ (AVB-BS) in der Fassung Januar 2008 einbezogen. Die Haftung erstreckt sich auf maximal 30 Tage mit einer Tageshöchstentschädigung von 380,00 €.
In Abschnitt A der AVB-BS wird unter § 1 der „Gegenstand der Versicherung“ benannt, mit den Nummern 1. „Gegenstand der Deckung“ und 2. „Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger“. Unter § 2 folgen Ausschlüsse. Die einschlägigen Bestimmungen lauten:
„1. Gegenstand der Deckung
Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz-IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebs oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt.
…
2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger
Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden Krankheiten und Krankheitserreger (vgl. §§ 6 und 7 IfSG):“
Es folgt eine tabellarische Auflistung diverser Krankheiten und Krankheitserreger. Nicht aufgeführt ist das neuartige Virus SARS-CoV-2 (COVID-19).
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Auflistung meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger keine im Zeitpunkt der Erstellung abschließende und vollständige Aufzählung enthält (in der Klageschrift heißt es wohl irrtümlich: „eine … abschließende“). Der Verweis auf die gesetzliche Regelung zeige, dass eine vollständige Übernahme der Risiken meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger und einer darauf basierenden Schließung für den Vertragsschließenden gewollt gewesen sei. Anderes könne ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer den Bedingungen nicht entnehmen.
Aufgrund einer am 18. März 2020 erlassenen öffentlichen Bekanntmachung der Landeshauptstadt Erfurt schloss der Kläger sein Restaurant ab dem 19. März 2020. Der Kläger geht ohne nähere Angabe von einer Schließungszeit von mindestens 30 Tagen aus, d. h. der maximalen Haftungszeit. Die Geltendmachung eines zusätzlichen „Warenschadens“ in Höhe von 5000,00 € stellt er vorläufig zurück.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass der neuartige Krankheitserreger nicht von der Versicherung erfasst werde. Die Aufzählung in § 1 Abs. 2 AVB-BS sei abschließend. Dies ergebe sich insbesondere aus dem Hinweis, dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger „im Sinne dieser Bedingungen“ „die folgenden Krankheiten und Krankheitserreger“ seien. Nicht aufgeführte Krankheiten und Krankheitserreger seien somit nicht umfasst. Dies sei für einen durchschnittlichen und verständigen Versicherungsnehmer deutlich, vor allem für einen gewerblichen Versicherungsnehmer wie hier.
Im Übrigen sei für die Auslegung von Versicherungsbedingungen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt, Juni 2019, habe man die Versicherungsbedingungen nicht so verstehen dürfen, dass sogar im Infektionsschutzgesetz nicht genannte und zum damaligen Zeitpunkt gänzlich unbekannte Viren wie COVID versichert sein sollten.
Weiter rügt die Beklagte die Wirksamkeit der zu Grunde liegenden Rechtsverordnung oder Allgemeinverfügung. Hier sei eine öffentlich-rechtliche Inzidenzprüfung vorzunehmen.
Zudem seien nur sogenannte betriebsinterne oder intrinsische Gefahren versichert, um die es sich vorliegend aber nicht handele. Vielmehr sei die Schließung aufgrund eines allgemeinen „Shutdowns“ erfolgt. Derartige abstrakt-generelle und präventive Gesundheitsmaßnahmen seien jedoch nicht versichert.
Es habe auch nicht die zuständige Behörde die Schließung angeordnet. Insoweit sei erneut eine Inzidenzprüfung nach den Maßstäben des öffentlichen Rechts vorzunehmen.
Darüber hinaus handele es sich um eine Schadensversicherung und nicht um eine Summenversicherung, sodass der Kläger zu einem konkret eingetretenen tatsächlichen Schaden vortragen müsse. Schließlich habe der Kläger gegen seine Obliegenheit zur Schadensminderung verstoßen. Jedenfalls müssten staatliche Hilfen, Kurzarbeitergeld, sowie Anträge auf Ansprüche gemäß der §§ 56 und 65 IfSG berücksichtigt werden. Dies obliege dem Kläger im Rahmen der sekundären Darlegungslast. Der Kläger habe auch einen Außerhausvertrieb vorgenommen, wie sich aus dem Internetauftritt und anderen Quellen ergebe.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Schließungen aufgrund des neuartigen Virus sind nicht vom Versicherungsschutz erfasst. Die vorliegenden Versicherungsbedingungen sind - nach sämtlichen Auslegungskriterien - für einen durchschnittlichen und verständigen Versicherungsnehmer nicht so zu verstehen, dass der neuartige Krankheitserreger bzw. Schließungen aufgrund dieses Krankheitserregers versichert sind.
Zum Weiterlesen bitte anmelden oder kostenlos und unverbindlich registrieren.