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Lebenspartner sind erbschaftssteuerlich keine Ehegatten

Familienrecht | Lesezeit: ca. 23 Minuten

Erbschaftssteuerlich sind die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (eLP) nicht als Ehegatten im Sinne des §§ 15, 16 ErbStG anzusehen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren die Berücksichtigung der Steuerklasse I gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) sowie des Freibetrags in Höhe von 307.000 EUR gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG für Ehegatten.

Der Antragsteller begründete am mit A vor dem Standesamt die Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG).

Am 11. Oktober 2002 verstarb A und wurde vom Antragsteller beerbt. Zum Nachlass gehörte Kapitalvermögen bei der Stadtsparkasse sowie Grundvermögen (zwei Grundstücke).

In seiner Erbschaftsteuererklärung vom 11. Mai 2003 wies der Antragsteller auf seine Lebenspartnerschaft mit dem Erblasser hin.

Mit Erbschaftsteuerbescheid vom 15. Juli 2003 setzte der Antragsgegner EUR Erbschaftsteuer gegen den Antragsteller fest. Dabei ging er von einem Wert des Erwerbs in Höhe von EUR aus, berücksichtigte einen Freibetrag in Höhe von 5.200 EUR gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG und legte seinem Bescheid im Übrigen die Steuerklasse III gemäß § 15 ErbStG sowie einen Steuersatz in Höhe von 23% gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG zu Grunde.

Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 30. Juli 2003 Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte er an, dass die Veranlagung mit den Freibeträgen der Steuerklasse I für Ehegatten durchzuführen sei. Er sei mit dem Erblasser verheiratet gewesen. Die nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz möglich gewordene Eheschließung zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Personen sei den Ehepaaren ungleichen Geschlechts gleichgestellt. Dies ergebe sich aus den §§ 11 und 10 Abs. 6 LPartG, §§ 1931 und 2077 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), § 661 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie § 15 der Abgabenordnung (AO). Aus der nicht abschließenden Aufzählung der Gesetze lasse sich herleiten, dass die Eheschließung zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts die Rechte und Pflichten eines Ehepaares ungleichen Geschlechts zur Folge habe. Weiterhin sei das Kapitalvermögen um 2.902 EUR zu mindern. Der beiliegende Einzahlungsbeleg dokumentiere den Geldtransfer von einem aufgelösten Sparkonto auf das Konto des Erblassers. Schließlich sei auch die Pflegepauschale gemäß § 17 ErbStG zu gewähren.

Mit Schreiben vom 4. August 2003 teilte der Antragsgegner mit, dass zwar bürgerlich - rechtlich eine Gleichstellung der Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen und Ehepartnern ungleichen Geschlechts erfolgt sei. Steuerlich sei eine solche Gleichstellung jedoch bisher nicht nachvollzogen worden. Auch sei eine Minderung des Ansatzes des Kapitalvermögens nicht vorzunehmen, da die Überweisung eines Betrags in Höhe von 5.673,96 DM (2.902 EUR) durch den Antragsteller auf das Konto des Erblassers bereits am 28. April 2001 erfolgt sei. Der Erblasser habe somit bis zum Todeszeitpunkt genügend Zeit gehabt, die Rücküberweisung oder Auszahlung an den Antragsteller zu veranlassen. Da dieses nicht geschehen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass dieser Betrag dem Erblasser habe geschenkt werden sollen. Der Pflegepauschbetrag werde wie beantragt berücksichtigt.

Mit Verfügung vom selben Tage setzte der Antragsgegner die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids vom 15. Juli 2003 in Höhe von 1.196 EUR wegen des Freibetrags gemäß § 17 ErbStG aus und lehnte den weitergehenden Antrag des Antragstellers ab. Über den Einspruch des Antragstellers ist noch nicht entschieden worden.

Am 12. August 2003 hat der Antragsteller den vorliegenden Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids gestellt und macht zur Begründung geltend: Es gehe um die Frage, ob Partner einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft erbschaftssteuerlich als Ehegatten im Sinne des § 15 ErbStG anzusehen seien und somit der Steuerklasse I unterliegen würden. Eine verfassungskonforme Auslegung der Norm gebiete es, eingetragene Lebenspartner als Ehegatten anzusehen, so dass an der Auffassung des Antragsgegners erhebliche Zweifel bestehen würden. Jedes andere Verständnis würde einen Verstoß gegen Artikel 3 und 14 des Grundgesetzes (GG) darstellen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Artikel 3 Abs. 1 GG) ergebe sich daraus, dass gleichgeschlechtliche Paare mittlerweile im europäischen Ausland, insbesondere den Niederlanden und Belgien, die allgemeine Ehe schließen könnten. Da die Ehegatten solcher Ehen gemäß § 15 ErbStG anzuerkennen seien, liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu deutschen Paaren vor. Auch liege ein Verstoß gegen Artikel 14 GG vor. Denn das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe ausgeführt, dass es dem Staat bei der Erhebung der Erbschaftsteuer verwehrt sei, den Erwerber von Todes wegen übermäßig zu belasten und die ihm während der Ehe zugewachsenen Vermögenswerte grundlegend zu beeinträchtigen. Deshalb dürfe die Ausgestaltung und Bemessung der Erbschaftsteuer den Sinn und die Funktion des Erbrechts als Rechtseinrichtung und Individualgrundrecht nicht zunichte oder wertlos machen. In der Lebenswirklichkeit würden Ehegatten die wirtschaftliche Grundlage für die individuelle Lebensgestaltung ihrer Familie in der Erwartung schaffen, dass sie den individuellen Lebenszuschnitt der Familie auch noch im Alter der Ehegatten prägen und nach dem Ableben eines von ihnen dem Überlebenden zu Gute komme. Deshalb müsse der erbschaftsteuerliche Zugriff bei Ehegatten so beschränkt werden, dass ihnen der jeweils auf sie überkommende Nachlass - je nach Größe - zumindest zum deutlich überwiegenden Teil oder, bei kleineren Vermögen, völlig steuerfrei zu Gute komme. Ein tauglicher Anhalt für den Betrag des Nachlasswerts, der dem Ehegatten ungeschmälert verbleiben müsse, sei der Wert des persönlichen Gebrauchvermögens. Es liege nahe, dass sich dieser Wert an den Werten durchschnittlicher Einfamilienhäuser orientiere. Diese Rechtsprechung sei nicht Ausfluss der Pflicht des Staates, die Ehe zu fördern, sondern konkretisiere die verfassungsrechtliche Garantie des Erbrechts gemäß Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Sie gelte deshalb auch für Lebenspartner. Der Gesetzgeber habe gleichgeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit gegeben, ihre Partnerschaft eintragen zu lassen. Gemäß den gesetzlichen Bedingungen seien sie einander zur Fürsorge und Unterstützung sowie zur gemeinsamen Lebensgestaltung verpflichtet (§ 2 Satz 1 LPartG). Diese gemeinsame Lebensgestaltung setze die Schaffung einer gemeinsamen wirtschaftlichen Grundlage voraus, die ihnen auch im Alter und nach dem Tod des Partners den Lebensstandard sichern solle. Demzufolge müsse ihnen - wie den Ehegatten - der Wert ihres persönlichen Gebrauchvermögens im Rahmen des Artikel 14 GG erhalten bleiben. An der Besteuerung durch den Antragsgegner würden daher zumindest erhebliche Zweifel bestehen.

Der Antragsgegner beantragt den Antrag abzulehnen und trägt zur Begründung ergänzend vor: Der in § 15 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verwendete Begriff „Ehegatten“ sei eindeutig und keiner Auslegung zugänglich. Umgangssprachliches und juristisches Wortverständnis würden darin übereinstimmen, dass mit „Ehegatten“ nur Partner einer Ehe im Sinne des bürgerlichen Rechts gemeint seien (Hinweis auf die Rechtsprechung). Die nach dem Lebenspartnergesetz begründete Lebensgemeinschaft sei einer Eheschließung nicht gleichzusetzen. Auch die in § 10 LPartG normierten Vorschriften über das Erbrecht des überlebenden Lebenspartners würden eine andere Auslegung nicht zulassen. In diesem Zusammenhang sei auch darauf zu verweisen, dass das Lebenspartnergesetz die Begriffe „Ehe“ oder „Ehegatten“ ausdrücklich nicht verwende. Auch wenn durch das Lebenspartnergesetz in bestimmten Bereichen eine Gleichstellung erreicht worden sei, gelte diese nicht für das Steuerrecht, da der diesbezügliche Gesetzesentwurf keine Zustimmung im Bundesrat gefunden habe (Bundestags-Drucksache (BT-Drucks.) 14/4878).

Hierzu führte das Gericht aus:

Der nach § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässige Antrag, der sich bei sachgerechter Auslegung auf Aussetzung der Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheids des Antragsgegners vom 15. Juli 2003 richtet, soweit dem Antrag wegen des Freibetrags gemäß § 17 ErbStG nicht schon entsprochen worden ist (=1.196 EUR), ist unbegründet.

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