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Verfassungsbeschwerden von Elternteilen gegen die Versagung von Umgangsregelungen

Familienrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Das Umgangsrecht ist rechtlich als Ausfluss des Elternrechts nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ausgestaltet und kann gemäß § 1684 Abs. 4 Sätze 1 bis 4 BGB eingeschränkt, ausgeschlossen oder unter besondere Modalitäten gestellt werden, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine gerichtliche Entscheidung über den Umgang umfasst nach ständiger Rechtsprechung typischerweise die konkrete Regelung von Umfang und Ausübung der Umgangsbefugnis oder, im Falle einer Kindeswohlgefährdung, deren Einschränkung oder Ausschluss. Ein bloßer Verzicht auf eine Umgangsregelung ist nur in eng begrenzten Ausnahmefällen denkbar (vgl. BGH, 13.04.2016 - Az: XII ZB 238/15).

Zur Anwendung von § 1684 Abs. 4 BGB bedarf es einer konkreten Feststellung der Gefahr für das Kindeswohl, wobei Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit der drohenden Schäden umfassend zu benennen sind (vgl. BVerfG, 25.05.2022 - Az: 1 BvR 326/22; BVerfG, 20.01.2023 - Az: 1 BvR 2345/22; BVerfG, 10.06.2025 - Az: 1 BvR 1931/23). Ein Ausschluss über längere Zeit hat nach § 1696 Abs. 2 BGB zwingend aufgehoben zu werden, wenn eine Kindeswohlgefährdung nicht mehr besteht; die in § 1696 Abs. 1 Satz 1 BGB benannte Änderungsschwelle ist in diesen Fällen nicht maßgeblich (vgl. BVerfG, 01.07.2024 - Az: 1 BvR 1192/24).

Ein Umgang unter fachlicher Begleitung kann angeordnet werden, wenn dies zum Wohl des Kindes geboten ist. Die längerfristige professionelle Begleitung ist jedoch nur bei hinreichender Gefährdung des Kindeswohls zulässig. Voraussetzung für die Durchführung begleiteter Umgangskontakte ist die Mitwirkungsbereitschaft beider Eltern und eines geeigneten Dritten. Fehlt es an dieser Voraussetzung, kann allein die Erklärung eines Elternteils, lediglich unbegleiteten Umgang wahrnehmen zu wollen, die Beendigung des Umgangsverfahrens ohne Regelung rechtfertigen. Dieses Vorgehen kommt nach herrschender Meinung und nach verfassungsgerichtlicher Kontrolle einem faktischen Umgangsausschluss gleich und ist nur bei festgestellter Kindeswohlgefährdung zulässig (vgl. Thüring. OLG, 02.04.2025 - Az: 1 UF 16/25).

Die Berücksichtigung der Interessen des Kindes im gerichtlichen Verfahren muss durch eine am Kindeswohl orientierte Ausgestaltung der Verfahrensabläufe erfolgen. Eine persönliche Anhörung des Kindes kann nur dann unterbleiben, wenn dies aufgrund der konkreten Umstände verfahrensrechtlich vertretbar und mit den Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG vereinbar ist. Die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Neigungen, Bindungen und des Willens des Kindes ergeben sich aus § 159 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FamFG, wobei bei grundsätzlichen Konflikten zwischen den Elternteilen eine Anhörung regelmäßig angezeigt ist (vgl. BTDrucks 19/23707).

Insgesamt bestehen verfassungsrechtliche Zweifel hinsichtlich der hinreichenden Berücksichtigung des Elterngrundrechts bei einer Entscheidung, die mangels Mitwirkungsbereitschaft keine Umgangsregelung trifft, insbesondere bei langjährigem Umgangsausschluss ohne konkrete Feststellungen zur Kindeswohlgefährdung. Gleiches gilt für das Vorgehen, eine Änderungsschwelle nach § 1696 Abs. 1 Satz 1 BGB auch dann anzuwenden, wenn ein faktischer und dauerhafter Ausschluss des Umgangs vorliegt. Die Bedeutung einer tragfähigen Tatsachengrundlage und einer verfassungskonformen Handhabung der Kindesanhörung gewinnt mit zunehmender Dauer fehlender Umgangskontakte an Gewicht.


BVerfG, 28.08.2025 - Az: 1 BvR 810/25

ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250828.1bvr081025

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Antje , Karlsruhe