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Polizeiliche Maßnahmen zur Unterstützung der Vollstreckungsorgane des Familiengerichts

Familienrecht | Lesezeit: ca. 17 Minuten

Die polizeiliche Unterstützung einer Wohnungsdurchsuchung durch gerichtliche Zwangsvollstreckungsorgane ist nur dann rechtmäßig, wenn die Wohnungsdurchsuchung von einem Gericht angeordnet oder ausnahmsweise wegen Gefahr im Verzug ohne gerichtliche Entscheidung zulässig ist.

Hierzu führte das Gericht aus:

Nach Art. 67 Abs. 1 PAG leistet die Polizei anderen Behörden auf Ersuchen Vollzugshilfe, wenn unmittelbarer Zwang anzuwenden ist, die anderen Behörden nicht über die hierzu erforderlichen Dienstkräfte verfügen und ihre Maßnahme nicht auf andere Weise selbst durchsetzen können. Bereits aus dem Wortlaut der Norm, der ein Ersuchen einer anderen „Behörde“ voraussetzt, weshalb die Norm regelmäßig als Rechtsgrundlage zur Durchsetzung eines Verwaltungsaktes einer anderen Behörde durch die Polizei unter Anwendung unmittelbaren Zwangs verstanden wird, ergeben sich erhebliche Zweifel daran, dass Art. 67 Abs. 1 PAG für Fälle der Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen einschlägig ist. Art. 67 Abs. 1 PAG knüpft nämlich an den funktionalen Behördenbegriff in Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG bzw. § 1 Abs. 4 VwVfG an. Auch systematische Erwägungen, insbesondere der Vergleich von Art. 67 Abs. 1 und Abs. 2 PAG sprechen dafür, dass Art. 67 Abs. 1 PAG nicht Vollzugshilfe für Gerichte umfasst. Wären Gerichte bereits von Art. 67 Abs. 1 PAG erfasst und die Vollzugshilfe für Gerichte damit lediglich ein Unterfall der allgemeinen Vollzugshilfe, wäre Art. 67 Abs. 2 PAG, der bestimmte Formen der Vollzughilfe für Gerichte nennt, überflüssig. Die Judikative unterfällt dem Behördenbegriff das Art. 67 Abs. 1 PAG daher wohl nur, wenn und soweit sie materielle Verwaltungsaufgaben wahrnimmt.

Daran dürfte auch die vom Beklagten angestellte Erwägung, in Konstellationen wie der vorliegenden unterstütze die Polizei unmittelbar nur die vom Gericht mit der Vollstreckung beauftragten Vollstreckungsorgane, nichts ändern. Denn Vollstreckungsorgane der Gerichte, insbesondere Gerichtsvollzieher, dürften, jedenfalls soweit sie gerichtliche Entscheidungen vollstrecken, keine Behörden im Sinne von Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG bzw. § 1 Abs. 4 VwVfG, sondern selbständige Organe der Rechtspflege sein.

Leisten die Polizeibehörden - wie hier - Unterstützung bei der Vollstreckung familiengerichtlicher Entscheidungen aufgrund eines Unterstützungsersuchens der Vollstreckungsorgane, spricht daher manches dafür, dass es sich dabei um eine polizeiliche Aufgabe aufgrund einer Aufgabenzuweisung durch andere Rechtsvorschriften (Art. 2 Abs. 4 PAG) handelt, auf die weder die Regelungen über die Vollzugshilfe, noch die der Amtshilfe unmittelbar anwendbar sind. Nach diesem Verständnis ergriffe die Polizei selbständig eigene Maßnahmen nach Art. 11 ff. PAG und ggf. Art. 75 ff. PAG, um Vollstreckungsorgane der Gerichte an Leib und Leben zu schützen und die Durchführung ihrer Vollstreckungshandlungen zu ermöglichen. Die Reichweite zulässiger polizeilicher Maßnahmen bestimmte sich dann anhand des konkreten Unterstützungsersuchens des gerichtlichen Vollstreckungsorgans.

Ungeachtet der konkret einschlägigen Rechtsgrundlage finden die polizeilichen Maßnahmen zur Unterstützung der Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen ihre Grenzen jedenfalls im grundgesetzlich angeordneten Richtervorbehalt des Art. 13 Abs. 2 GG, wenn die Polizei eine Wohnungsdurchsuchung unterstützen soll. In diesem Fall setzt die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Unterstützung voraus, dass die Wohnungsdurchsuchung von einem Gericht angeordnet oder ausnahmsweise wegen Gefahr im Verzug ohne gerichtliche Entscheidung zulässig ist.

Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Polizei bei „offensichtlicher Rechtswidrigkeit“ der Grundmaßnahme die Unterstützung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verweigern muss oder - betrachtete man die Unterstützung als Vollzugshilfe im Sinne von Art. 67 Abs. 1 PAG oder besondere Form der Justizhilfe im Sinne von Art. 67 Abs. 2 PAG - ob und inwieweit die Polizeibehörden sich eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Grundmaßnahme zurechnen lassen bzw. aufgrund der Verweisung in Art. 67 Abs. 3 PAG auf den obligatorischen Ablehnungsgrund in Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayVwVfG aus rechtlichen Gründen die Unterstützung verweigern muss.

Denn jedenfalls, wenn die Polizei - wie hier - im Vollstreckungsverfahren Unterstützung bei einer Wohnungsdurchsuchung, die dem verfassungsrechtlichen Richtervorbehalt in Art. 13 Abs. 2 GG unterliegt, leisten soll, setzt die Rechtmäßigkeit dieser Unterstützung die Wahrung dieses Richtervorbehalts voraus. Dies gebietet bereits die grundrechtsschützende Funktion des Richtervorbehalts in Art. 13 Abs. 2 GG für diese schwere Form des Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung.

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