§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG findet dann keine Anwendung, wenn mit Klage und Widerklage lediglich Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis hergeleitet werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden. Dies ist bei einer Klage auf weitere Pflichtteilszahlung und einer Widerklage auf Rückzahlung überzahlten
Pflichtteilsanspruchs der Fall (Fortführung von BGH, 11.03.2014 – Az: VIII ZR 261/12).
Eine Klage auf Pflichtteilsergänzung (§ 2315 BGB) und eine Widerklage auf Rückzahlung überzahlten Pflichtteilsanspruchs (§ 2303 BGB) betreffen nicht denselben Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG.
Hierzu führte das Gericht aus:
Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG sind die in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich zu addieren. Allerdings ist nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend, wenn die einander gegenüberstehenden Ansprüche denselben Gegenstand betreffen. Letzteres ist unabhängig vom zivilprozessualen Streitgegenstand bei wirtschaftlicher Identität von Klage und Widerklage der Fall. Diese Identität ist dann gegeben, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass beiden stattgegeben werden kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zieht.
Dies ist hier zwar an sich der Fall, denn bezüglich des Pflichtteilsanspruchs schließen sich ein weiterer Zahlungsanspruch des Klägers und ein Rückzahlungsanspruch der Beklagten aus. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG findet aber auch dann keine Anwendung, wenn mit Klage und Widerklage lediglich Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis hergeleitet werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen. Dementsprechend findet eine Werteaddition nach Maßgabe von § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG auch in den Fällen statt, in denen der Kläger aus einem Rechtsverhältnis einen über geleistete Zahlungen hinausgehenden Rest- oder Mehrbetrag beansprucht, während der Beklagte widerklagend einen Teil der bereits geleisteten Zahlungen als nicht geschuldet zurückverlangt. In einer solchen Situation bildet die aus dem Rechtsverhältnis geschuldete Gesamtzahlung den Gegenstand des Streits der Parteien; es geht wirtschaftlich um die Summe von Klage- und Widerklageforderung.
Auch im Verhältnis der Widerklage zum Klageantrag zu Ziffer 3 handelt es sich nicht um denselben Gegenstand im Sinne des § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe eine zu hohe Zahlung auf den Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) des Klägers geleistet; der Kläger ist zu seinem Klageantrag zu Ziffer 3 der Ansicht, ihm stehe neben dem Pflichtteilsanspruch auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) zu. Diese Ansprüche bestehen unabhängig voneinander; sie bilden nicht denselben Gegenstand im obigen Sinne, auch wenn ihre Höhe unter Umständen von denselben Faktoren – hier dem Wert des Grundstücks – bestimmt wird.