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Die Kosten des Erbscheinverfahrens: Womit Erben rechnen müssen

Familienrecht | Lesezeit: ca. 14 Minuten

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Tritt ein Erbfall ein, stehen die Erben häufig vor der Notwendigkeit, ihre Rechtsnachfolge offiziell nachzuweisen. Dies geschieht in der Regel durch einen Erbschein, ein amtliches Zeugnis des Nachlassgerichts, das Auskunft darüber gibt, wer Erbe geworden ist und wie groß der jeweilige Erbteil ausfällt. Ein solcher Nachweis wird insbesondere von Banken, Versicherungen oder dem Grundbuchamt gefordert, um Verfügungen über den Nachlass zu ermöglichen. Mit der Beantragung eines Erbscheins sind jedoch Kosten verbunden, deren Höhe auf gesetzlicher Grundlage berechnet wird und sich maßgeblich nach dem Wert des Nachlasses richtet.

Gesetzliche Grundlage der Kostenerhebung

Die Gebühren für das Erbscheinverfahren sind im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt. Dieses Gesetz findet Anwendung auf die Verfahren der sogenannten freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen auch das Verfahren zur Erteilung eines Erbscheins zählt. Die Kostenstruktur basiert auf dem Geschäftswert, der im Erbrecht durch den Wert des Nachlasses bestimmt wird.

Je höher der Wert des Nachlasses, desto höher fallen auch die Gerichtsgebühren aus.

Die konkreten Gebührensätze sind in einer dem Gesetz beigefügten Gebührentabelle, der sogenannten Tabelle B, festgelegt (s. unten).

Diese Gebührenstruktur wurde zuletzt durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zum 1. August 2013 neu gefasst.

Ermittlung des maßgeblichen Nachlasswerts

Die Bezugsgröße für die Kostenberechnung ist gemäß § 40 GNotKG der Wert des „reinen Nachlasses“ zum Zeitpunkt des Erbfalls. Um diesen Wert zu ermitteln, wird zunächst eine Aufstellung aller Vermögenswerte des Erblassers, der sogenannten Aktiva, vorgenommen. Hierzu zählen beispielsweise Bankguthaben, Wertpapiere, Immobilien, Fahrzeuge und sonstige wertvolle Gegenstände. Von dieser Summe werden anschließend die Nachlassverbindlichkeiten, also die Schulden des Erblassers, abgezogen. Dazu gehören unter anderem offene Kredite, Hypotheken, unbezahlte Rechnungen oder auch die Kosten der Beisetzung. Das Ergebnis dieser Subtraktion ist der reine Nachlasswert, der als Geschäftswert für die Gebührenberechnung dient.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht die Berechnung: Hinterlässt ein Erblasser ein Barvermögen in Höhe von 200.000 Euro, hat aber gleichzeitig noch einen offenen Kredit in Höhe von 100.000 Euro, beträgt der Wert des reinen Nachlasses 100.000 Euro. Dieser Betrag ist die maßgebliche Grundlage für die Gebührenfestsetzung durch das Nachlassgericht.

Die Hauptgebühren des Verfahrens

Im regulären Erbscheinverfahren fallen in der Regel zwei Gebühren an. Zum einen wird für das Verfahren über den Antrag auf Erteilung des Erbscheins selbst eine volle Verfahrensgebühr (eine 1,0-Gebühr) nach Nr. 12210 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG erhoben. Zum anderen muss der Antragsteller bei der Antragsstellung bestimmte Angaben zur Person des Erblassers, zu möglichen Miterben und zum Güterstand eidesstattlich versichern. Diese eidesstattliche Versicherung dient der Glaubhaftmachung der gemachten Angaben und ist in § 2356 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorgeschrieben. Für die Aufnahme dieser eidesstattlichen Versicherung durch das Gericht oder einen Notar fällt eine weitere volle Gebühr (ebenfalls eine 1,0-Gebühr) an, die sich nach Nr. 23300 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG bemisst. In der Praxis bedeutet dies, dass für die Beantragung eines Erbscheins üblicherweise zwei volle Gebühren aus dem ermittelten Nachlasswert anfallen.

Berechnung anhand der Gebührentabelle

Die Höhe einer vollen Gebühr lässt sich aus der Tabelle B zum GNotKG ablesen. Um bei dem Beispiel eines reinen Nachlasswerts von 110.000 Euro zu bleiben: Laut Gebührentabelle beträgt eine volle Gebühr bei diesem Geschäftswert 273,00 Euro. Da im Regelfall zwei Gebühren anfallen – eine für die Erteilung des Erbscheins und eine für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung – belaufen sich die Gerichtskosten in diesem Fall auf insgesamt 546,00 Euro (2 x 273,00 Euro).

Zusätzliche Kosten und Sonderfälle

Neben den beiden Hauptgebühren können im Einzelfall weitere Kosten entstehen. Wird der Erbscheinsantrag nicht direkt beim Nachlassgericht, sondern über einen Notar gestellt, berechnet der Notar die gleichen Gebühren nach dem GNotKG. Allerdings muss der Notar auf seine Gebühren zusätzlich die gesetzliche Mehrwertsteuer erheben, wodurch die Gesamtkosten höher ausfallen als bei einer reinen Beantragung beim Gericht.

Kommt es im Verfahren zu Streitigkeiten, etwa weil die Angaben der potenziellen Erben widersprüchlich sind oder die Echtheit eines Testaments angezweifelt wird, kann das Gericht eine Beweisaufnahme anordnen. Die Kosten für die Vernehmung von Zeugen oder die Einholung von Sachverständigengutachten fallen zusätzlich an und sind in der Regel vom Antragsteller zu tragen.

Weitere Kosten können für die Beschaffung notwendiger Dokumente anfallen. Müssen beispielsweise ausländische Urkunden vorgelegt werden, verursachen deren amtliche Beglaubigung und gegebenenfalls die beglaubigte Übersetzung durch einen vereidigten Übersetzer zusätzliche Auslagen.

Ein Sonderfall liegt vor, wenn lediglich ein Erbschein über einen Miterbenanteil beantragt wird. In dieser Konstellation bemisst sich der Geschäftswert nicht nach dem gesamten Nachlass, sondern ausschließlich nach dem Wert des betreffenden Miterbenanteils, was zu entsprechend niedrigeren Gebühren führt.

Kostentragungspflicht im Erbscheinverfahren

Da es sich um ein Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt, trägt grundsätzlich derjenige die Kosten, der den Antrag stellt – also der Erbe oder die Erbengemeinschaft. Diese Kosten gelten als Nachlassverbindlichkeit und können aus dem Nachlass beglichen werden.

In Ausnahmefällen kann das Gericht anordnen, dass auch andere am Verfahren beteiligte Personen, die ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang hatten, einen Teil der Kosten übernehmen müssen.

Sonderfall: Das Europäische Nachlasszeugnis

Für Erbfälle mit Auslandsbezug, die seit dem 17. August 2015 eingetreten sind, gibt es das Europäische Nachlasszeugnis. Dieses dient als universeller Erbnachweis in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, mit Ausnahme von Dänemark. Es kann erforderlich werden, wenn sich Nachlassgegenstände wie Immobilien oder Bankkonten im EU-Ausland befinden und der deutsche Erbschein dort nicht als ausreichender Nachweis anerkannt wird. Es empfiehlt sich, dies vorab bei den zuständigen ausländischen Stellen (z. B. Banken oder Behörden) zu klären.

Die Beantragung erfolgt wie beim deutschen Erbschein beim zuständigen Nachlassgericht oder bei einem Notar. Eine Besonderheit ist, dass der Antragsteller nur eine beglaubigte Kopie des Zeugnisses erhält, deren Legitimationswirkung grundsätzlich auf sechs Monate befristet ist. Nach Ablauf dieser Frist kann jedoch eine Verlängerung oder die Ausstellung einer neuen Kopie beantragt werden.

Bei der Beantragung ist zudem das anwendbare Erbrecht zu beachten. Maßgeblich ist nicht zwangsläufig das deutsche Recht, sondern das Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ein deutscher Staatsbürger, der seit Jahren in Spanien lebte und dort verstirbt, wird beispielsweise nach spanischem Erbrecht beerbt. Der Erblasser kann jedoch in einer Verfügung von Todes wegen, etwa in einem Testament, eine Rechtswahl treffen und bestimmen, dass das Recht seiner Staatsangehörigkeit Anwendung finden soll.

Die Kosten für die Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses entsprechen denen eines deutschen Erbscheins. Werden beide Dokumente gleichzeitig beantragt, sieht das Gesetz eine Kostenvergünstigung vor: 75 % der Gebühr für die Erteilung des Erbscheins werden auf die Gebühr für das Europäische Nachlasszeugnis angerechnet.

Anlage 2 zu § 34 Absatz 3 GNotKG

Geschäftswert
bis … €
Gebühr
Tabelle A
… €
Gebühr
Tabelle B
… €
  Geschäftswert
bis … €
Gebühr
Tabelle A
… €
Gebühr
Tabelle B
… €
  Geschäftswert
bis … €
Gebühr
Tabelle A
… €
Gebühr
Tabelle B
… €
500 40,00 15,00   200 000 2 038,00 435,00   1 550 000 8 548,00 2 615,00
1 000 61,00 19,00   230 000 2 248,00 485,00   1 600 000 8 758,00 2 695,00
1 500 82,00 23,00   260 000 2 458,00 535,00   1 650 000 8 968,00 2 775,00
2 000 103,00 27,00   290 000 2 668,00 585,00   1 700 000 9 178,00 2 855,00
3 000 125,50 33,00   320 000 2 878,00 635,00   1 750 000 9 388,00 2 935,00
4 000 148,00 39,00   350 000 3 088,00 685,00   1 800 000 9 598,00 3 015,00
5 000 170,50 45,00   380 000 3 298,00 735,00   1 850 000 9 808,00 3 095,00
6 000 193,00 51,00   410 000 3 508,00 785,00   1 900 000 10 018,00 3 175,00
7 000 215,50 57,00   440 000 3 718,00 835,00   1 950 000 10 228,00 3 255,00
8 000 238,00 63,00   470 000 3 928,00 885,00   2 000 000 10 438,00 3 335,00
9 000 260,50 69,00   500 000 4 138,00 935,00   2 050 000 10 648,00 3 415,00
10 000 283,00 75,00   550 000 4 348,00 1 015,00   2 100 000 10 858,00 3 495,00
13 000 313,50 83,00   600 000 4 558,00 1 095,00   2 150 000 11 068,00 3 575,00
16 000 344,00 91,00   650 000 4 768,00 1 175,00   2 200 000 11 278,00 3 655,00
19 000 374,50 99,00   700 000 4 978,00 1 255,00   2 250 000 11 488,00 3 735,00
22 000 405,00 107,00   750 000 5 188,00 1 335,00   2 300 000 11 698,00 3 815,00
25 000 435,50 115,00   800 000 5 398,00 1 415,00   2 350 000 11 908,00 3 895,00
30 000 476,00 125,00   850 000 5 608,00 1 495,00   2 400 000 12 118,00 3 975,00
35 000 516,50 135,00   900 000 5 818,00 1 575,00   2 450 000 12 328,00 4 055,00
40 000 557,00 145,00   950 000 6 028,00 1 655,00   2 500 000 12 538,00 4 135,00
45 000 597,50 155,00   1 000 000 6 238,00 1 735,00   2 550 000 12 748,00 4 215,00
50 000 638,00 165,00   1 050 000 6 448,00 1 815,00   2 600 000 12 958,00 4 295,00
65 000 778,00 192,00   1 100 000 6 658,00 1 895,00   2 650 000 13 168,00 4 375,00
80 000 918,00 219,00   1 150 000 6 868,00 1 975,00   2 700 000 13 378,00 4 455,00
95 000 1 058,00 246,00   1 200 000 7 078,00 2 055,00   2 750 000 13 588,00 4 535,00
110 000 1 198,00 273,00   1 250 000 7 288,00 2 135,00   2 800 000 13 798,00 4 615,00
125 000 1 338,00 300,00   1 300 000 7 498,00 2 215,00   2 850 000 14 008,00 4 695,00
140 000 1 478,00 327,00   1 350 000 7 708,00 2 295,00   2 900 000 14 218,00 4 775,00
155 000 1 618,00 354,00   1 400 000 7 918,00 2 375,00   2 950 000 14 428,00 4 855,00
170 000 1 758,00 381,00   1 450 000 8 128,00 2 455,00   3 000 000 14 638,00 4 935,00
185 000 1 898,00 408,00   1 500 000 8 338,00 2 535,00        
Stand: 24.09.2025
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