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Ersteigert und doch nicht erhalten: Was tun, wenn der Verkäufer die Ware anderweitig verkauft?

eBay-Recht | Lesezeit: ca. 14 Minuten

In der Praxis ist es für Käufer auf Online-Plattformen wie eBay ebenso ärgerlich wie alltäglich: Man hat eine Auktion gewonnen, den ersehnten Artikel zu einem guten Preis ersteigert und die Zahlung bereits veranlasst. Die Vorfreude ist groß, doch dann folgt die ernüchternde Nachricht des Verkäufers: Der Artikel sei leider nicht mehr verfügbar, weil er zwischenzeitlich an einen anderen Interessenten verkauft wurde, der möglicherweise einen höheren Preis geboten hat. Viele Käufer fühlen sich in einer solchen Situation machtlos und nehmen den Verlust zähneknirschend hin. Doch die Rechtslage schützt den Käufer hier weitaus stärker, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Der Verkäufer kann sich nicht einfach aus seiner Verantwortung stehlen.

Wirksamer Kaufvertrag als Anspruchsgrundlage

Wurde ein wirksamer Kaufvertrag mit dem Verkäufer geschlossen, so besteht seitens des Käufers dadurch ein sogenannter Erfüllungsanspruch, d.h. der Verkäufer kann sich keineswegs darauf berufen, den Artikel anderweitig verkauft zu haben, vielmehr ist er verpflichtet den Kaufvertrag zu erfüllen.

Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kommt ein Vertrag durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande: Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB).

Beim Einstellen eines Artikels auf einer Auktionsplattform gibt der Verkäufer ein verbindliches Angebot ab, diesen Artikel an denjenigen zu verkaufen, der am Ende der Auktionslaufzeit das höchste Gebot abgegeben hat. Das Gebot stellt wiederum die Annahmeerklärung des Käufers dar, die jedoch unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass er bei Auktionsende der Höchstbietende ist. Mit Ablauf der Auktionszeit wird diese Bedingung erfüllt und der Kaufvertrag wird unmittelbar und ohne weiteres Zutun beider Parteien wirksam. Dies wird auch regelmäßig durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Plattformen wie eBay bestätigt, denen beide Parteien bei der Nutzung zugestimmt haben. Ein später aufkommendes, lukrativeres Angebot eines Dritten ändert an dem bereits geschlossenen Vertrag nichts. Der Grundsatz „pacta sunt servanda“ – Verträge sind einzuhalten – gilt hier uneingeschränkt.

Verkäufers ist zur Übergabe und Eigentumsverschaffung verpflichtet

Mit dem wirksamen Vertragsschluss entstehen für beide Seiten rechtliche Pflichten. Die Hauptpflicht als Käufer ist die Zahlung des Kaufpreises (§ 433 Abs. 2 BGB). Die zentrale Pflicht des Verkäufers ist im Gegenzug in § 433 Abs. 1 BGB normiert: Er ist verpflichtet, die verkaufte Sache zu übergeben und dem Käufer das Eigentum daran zu verschaffen. Die Sache muss dabei frei von Sach- und Rechtsmängeln sein.

Beruft sich der Verkäufer nun darauf, den Artikel bereits an jemand anderen veräußert zu haben, stellt dies eine klare Verletzung seiner vertraglichen Hauptleistungspflicht dar. Er entzieht dem Käufer eigenmächtig den Gegenstand, auf den er einen rechtlichen Anspruch hat. Die bloße Mitteilung, den Artikel nicht mehr liefern zu können, entbindet den Verkäufer nicht von seiner Verpflichtung. Juristisch betrachtet ist dieser Einwand zunächst unbeachtlich, denn der sogenannte Erfüllungsanspruch seitens des Käufers besteht weiterhin fort. Der Käufer hat also das Recht, auf der Lieferung des gekauften Artikels zu bestehen.

Unmöglichkeit der Leistung: Schlupfloch für Verkäufer?

Der Verkäufer könnte einwenden, dass ihm die Erfüllung des Vertrages nunmehr unmöglich geworden sei, da er den Artikel nicht mehr besitzt. Das BGB kennt den Tatbestand der Unmöglichkeit in § 275 BGB. Demnach ist der Anspruch auf die Leistung ausgeschlossen, wenn diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Handelt es sich bei dem verkauften Artikel um ein Unikat, eine sogenannte Stückschuld (z. B. ein bestimmtes Gebrauchtfahrzeug oder ein signiertes Sammlerstück), und hat der Verkäufer dieses bereits einem Dritten übergeben und übereignet, liegt tatsächlich ein Fall der Unmöglichkeit vor. Der Verkäufer kann den identischen Gegenstand kein zweites Mal liefern.

Allerdings bedeutet dies keineswegs, dass der Käufer schutzlos gestellt ist. Die vom Verkäufer selbst verschuldete Unmöglichkeit hat weitreichende Konsequenzen. Hat der Verkäufer die Unmöglichkeit zu vertreten – was beim bewussten anderweitigen Verkauf stets der Fall ist –, wandelt sich der ursprüngliche Erfüllungsanspruch des Käufers in einen Anspruch auf Schadensersatz um. Der Verkäufer befreit sich also nicht von seiner finanziellen Verantwortung, sondern seine Leistungspflicht ändert lediglich ihre Form.

Wie setzt der Käufer seine Rechte durch?

Sollte der Verkäufer die Lieferung mit der Begründung verweigern, der Artikel sei anderweitig verkauft, sollte der Käufer diesen Einwand nicht einfach akzeptieren. Der erste und wichtigste Schritt ist es, den Verkäufer unmissverständlich zur Erfüllung des Kaufvertrages aufzufordern. Es empfiehlt sich dringend, dies schriftlich und aus Beweisgründen per E-Mail oder Einwurf-Einschreiben zu tun.

In diesem Schreiben sollte klar auf den wirksam geschlossenen Kaufvertrag verwiesen und der Verkäufer aufgefordert werden, den gekauften Artikel zu liefern. Entscheidend ist hierbei die Setzung einer angemessenen Frist. Eine Frist von zehn bis vierzehn Tagen wird in der Regel als angemessen betrachtet. Die Aufforderung sollte präzise formuliert werden und ein konkretes Datum, bis zu dem die Lieferung erfolgen muss (z. B. „Ich setze Ihnen hiermit eine Frist zur Lieferung des Artikels bis zum ….“), enthalten. Zudem sollte ein Hinweis hinzugefügt werden, dass sich der Verkäufer nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist automatisch in Verzug befindet. Diese formale Fristsetzung ist eine wesentliche Voraussetzung, um später weitere Rechte wie Schadensersatz oder einen Rücktritt vom Vertrag geltend machen zu können.

Wenn der Verkäufer nicht liefert: Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung

Reagiert der Verkäufer auf die Aufforderung nicht oder verweigert er die Lieferung innerhalb der gesetzten Frist ernsthaft und endgültig, stehen dem Käufer verschiedene Optionen offen. Die praktisch relevanteste ist der Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 Abs. 1, 3, 281 BGB. Dieser Anspruch soll den Käufer wirtschaftlich so stellen, als hätte der Verkäufer den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt.

Die Höhe des Schadens bemisst sich in der Regel durch einen sogenannten Deckungskauf. Das bedeutet, dass der Käufer berechtigt ist, sich den identischen Artikel bei einem anderen Anbieter zu beschaffen. Sollte der Preis für diesen Ersatzartikel höher sein als der Preis, der in der Auktion vereinbart wurde, stellt die Differenz den ersatzfähigen Schaden dar.

Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Es wurde ein seltenes Sammlermodell für 150 Euro ersteigert. Der Verkäufer verkauft es anderweitig. Nach fruchtloser Fristsetzung findet sich das exakt gleiche Modell bei einem anderen Verkäufer zum Preis von 220 Euro. Der Schaden beträgt in diesem Fall 70 Euro. Dieser Betrag kanne vom ursprünglichen Verkäufer eingefordert werden. Wichtig ist hierfür, dass der Deckungskauf und dessen Kosten belegt werden können, etwa durch eine Rechnung.

Alternative für den Käufer: Der Rücktritt vom Kaufvertrag

Anstelle des Schadensersatzes kann der Käufer auch den Rücktritt vom Vertrag erklären (§ 323 BGB). Der Rücktritt führt zur vollständigen Rückabwicklung des Kaufvertrages. Beide Parteien müssen die bereits empfangenen Leistungen zurückgewähren (§ 346 BGB). Wurde der Kaufpreis bereits bezahlt, muss der Verkäufer diesen vollständig und unverzüglich erstatten.

Grundsätzlich hat aber der Anspruch auf Erfüllung des hier geschlossenen Kaufvertrages zunächst Vorrang und sollte daher direkt geltend gemacht werden.

Die Wahl zwischen Schadensersatz und Rücktritt hängt von der individuellen Situation ab. Will der Käufer den Artikel unbedingt haben und ist er bereit, einen eventuellen Mehrpreis für einen Deckungskauf aufzuwenden, ist der Schadensersatzanspruch der richtige Weg. Besteht kein Interesse mehr an dem Artikel verloren oder ist kein adäquater Ersatz zu finden, bietet sich der Rücktritt an, um die Angelegenheit schnell zu.

Wann Hilfe vom Rechtsanwalt sinnvoll ist

In der Praxis zeigt sich leider häufig, dass Verkäufer auf die schriftlichen Aufforderungen von Käufern nicht oder nur ausweichend reagieren. Sie spekulieren darauf, dass der Käufer den Aufwand scheut, seine Rechte weiterzuverfolgen. In einem solchen Fall ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts oft der entscheidende Schritt. Ein anwaltliches Aufforderungsschreiben verleiht der Forderung erheblich mehr Nachdruck und führt in den meisten Fällen zu einer schnellen Reaktion der Gegenseite. Der Anwalt kann die Rechtslage prüfen, die Ansprüche korrekt beziffern und die notwendigen Schritte rechtssicher einleiten, um die Ansprüche auf Erfüllung, Schadensersatz oder Rückzahlung des Kaufpreises effektiv durchzusetzen.

Sowohl ein einfaches Schreiben an den Verkäufer als auch die weitere Geltendmachung von Ansprüchen können Sie jederzeit bei AnwaltOnline in Auftrag geben.
Stand: 20.08.2025
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