Rechtsfragen? Lösen unsere Rechtsanwälte für Sie.Bewertung: - bereits 388.754 Anfragen

Entscheidung über die Durchführung einer Erstimpfung gegen COVID-19

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 18 Minuten

Antragstellerin und Antragsgegner sind die getrennt lebenden, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des am … 2015 geborenen Kindes L… D…. L… lebt bei seiner Mutter und verbringt jedes zweite Wochenende bei seinem Vater. Die Mutter ist gegen COVID-19 geimpft, der Vater nicht.

Die Mutter möchte L… gegen COVID-19 impfen lassen und hat insbesondere vorgebracht, dass sie auch bei Kindern schwerere Krankheitsverläufe erlebt und auch von sogenannten Long-COVID-Fällen bei Kindern gehört habe.

Der Vater lehnt die Impfung ab. Auch die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) habe davon abgesehen, eine Impfung bereits für 5- bis 11-jährige Kinder zu empfehlen. Das sei angesichts der weitgehend unerforschten Nebenwirkungen und Risiken des neuartigen Impfstoffs auch vernünftig.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Mutter auf Übertragung der Entscheidungsgewalt für die Frage der COVID-19 Impfung von L… zurückgewiesen. Eine eindeutige Empfehlung der STIKO für die Impfung habe nicht vorgelegen. Auch sonst seien keine Umstände ersichtlich, die eine Entscheidung durch die Mutter förderlicher als eine solche durch den Vater erscheinen ließen. Vielmehr müsse angesichts der fehlenden Empfehlung der STIKO davon ausgegangen werden, dass auch diese die möglichen Nebenwirkungen und möglichen Langzeitschäden und in Verbindung mit den bei Kindern auch auftretenden asymptomatischen Verläufen abgewogen habe und so nicht zu einer Impfempfehlung für 5 bis 11-Jährige gelangt sei. Da die Mutter keine Umstände vorgebracht habe, die eine Impfung dennoch sinnvoller erscheinen ließen, sei die Entscheidung über eine Impfung nicht auf sie zu übertragen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Mutter. Das Amtsgericht habe die anzuwendenden Maßstäbe verkannt und unter anderem nicht berücksichtigt, dass sich im Umfeld von L… Kontaktpersonen mit hohem Risiko für einen schweren COVID-19 Verlauf befänden. L… habe Kontakt mit seinen Großeltern, die wegen deren Impfskepsis teilweise ungeschützt seien. Auch leide sein Urgroßvater an einer Herzkrankheit. Zudem dürften die Mitarbeiter in der Pflegeeinrichtung, in der sie, die Mutter, arbeite, auch ihre Kinder mit zur Arbeit bringen, so dass L… etwa bei Kita-Schließungen dort unmittelbaren Kontakt mit pflegebedürftigen Personen habe. Genau für diese Fälle habe die STIKO eine Impfung auch für 5- bis 11-Jährige empfohlen, zumal die Impfung auch dem Schutz des Allgemeinwohls diene.

Der Vater bringt vor, dass angesichts nicht ausreichender Studien über die COVID-19-Impfung bei Kindern auch noch keine verlässliche Datenlage für die Impfung von Kindern bestehe. Angesichts überwiegend leichter COVID-19-Verläufe bei Kindern sei kein Grund ersichtlich, weshalb die Risiken der Impfung in Kauf genommen werden sollten. Der Schutz der Allgemeinheit rechtfertige die Impfung ebenfalls nicht, da eine Impfung offensichtlich weder verhindere, dass das Kind sich selbst noch Dritte mit COVID-19 anstecke. L… habe zwischenzeitlich selbst eine COVID-19-Infektion mit einem milden Verlauf durchlitten.

Das Jugendamt empfiehlt, die Übertragung der Entscheidungsbefugnis von den Empfehlungen der STIKO abhängig zu machen.

Die vom Senat bestellte Verfahrensbeiständin empfiehlt, nachdem L… im Gespräch nichts mit Fragen zu Impfungen anfangen konnte, die Entscheidung mit allen verfügbaren Daten gut abzuwägen. Denn auch die STIKO-Empfehlung beziehe sich auf ein noch nicht umfassend erforschtes Feld.

Während des Beschwerdeverfahrens hat die STIKO mit Beschluss zur 20. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung vom 25. Mai 2022 eine generelle Impfempfehlung für Kinder von 5 bis 11 Jahren für eine einzelne Impfstoffdosis ausgesprochen und angemerkt, dass bei individuellem Wunsch auch eine vollständige COVID-19-Grundimmunisierung bei Kindern dieser Altersgruppe erfolgen könne.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist begründet. Zwar hat das Amtsgericht zu Recht berücksichtigt, dass im Zeitpunkt seiner Entscheidung noch keine Impfempfehlung der STIKO für eine COVID-19 Impfung für die gegenständliche Altersgruppe vorlag. Allerdings hat die STIKO zeitlich nach der amtsgerichtlichen Entscheidung eine COVID-19-Impfung auch für 5- bis 11-jährige Kinder empfohlen. Das führt zum Erfolg der Beschwerde.

Zum Weiterlesen bitte oder kostenlos und unverbindlich registrieren.

Sie haben keinen Zugang und wollen trotzdem weiterlesen?

Registrieren Sie sich jetzt - testen Sie uns kostenlos und unverbindlich

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von der Monatsschrift für Deutsches Recht

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.236 Bewertungen) - Bereits 388.754 Beratungsanfragen

Ich hätte nicht gedacht, das mein Problem so schnell und so faktenbasiert, bearbeitet und beantwortet werden würde! Ich bin mehr als beeindruckt und ...

Verifizierter Mandant

Schnell, verständlich und unkompliziert.
Es muss nicht immer eine hochkomplexe Doktorarbeit sein, um einen guten Job gemacht zu haben.

Burkhardt, Weissach im Tal