Rechtsfragen? Lösen unsere Rechtsanwälte für Sie.Bewertung: - bereits 388.282 Anfragen

Störung der Geschäftsgrundlage durch die Corona-Pandemie

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 62 Minuten

Ob ein Werkvertrag wegen der Störung seiner Geschäftsgrundlage gekündigt werden kann, richtet sich nicht nach § 648a BGB, sondern nach § 313 BGB.

Bei einem veranstaltungsbezogenen Miet- oder Werkvertrag, der vor dem 8. März 2020 geschlossen wurde, ist die Geschäftsgrundlage von dem Zeitpunkt an gestört, in dem hinreichend wahrscheinlich ist, dass die Veranstaltung wegen eines coronabedingten Verbots nicht durchgeführt werden kann.

Bei einer solchen Störung der Geschäftsgrundlage kann dem Leistungsempfänger die Verschiebung der Veranstaltung auch dann vorrangig gegenüber der Vertragskündigung zumutbar sein, wenn der Leistungserbringer nur gegen Aufpreis zur Zustimmung bereit ist. Es kommt entscheidend auf die Gesamtbewertung der Konditionen an.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien streiten um die Rückgewähr von Zahlungen nach dem Ausfall zweier Veranstaltungen im Jahr 2020.

Die Klägerin ist eine Eventagentur, die gewerblich Großveranstaltungen organisiert.

Die miteinander verbundenen Beklagten, die dieselbe Geschäftsanschrift und denselben Geschäftsführer haben, betreiben gemeinsam den Veranstaltungsort W in Berlin (im Folgenden: W). Die Beklagte zu 1) vermietet diese Räumlichkeiten an Kunden, die dort eine Veranstaltung durchführen wollen. Die Beklagte zu 2) erbringt gastronomische Leistungen im W.

Im Februar 2020 wollte die Klägerin die folgenden Veranstaltungen im W durchführen:

Das „I“ am 13. Mai 2020, eine Mitarbeiterveranstaltung der I GmbH mit Plenarveranstaltung und einzelnen Workshops für ca. 850 Teilnehmer (im Folgenden: Mai-Event) sowie das G am 29. August 2020 mit 400 Gästen (im Folgenden: August-Event).

Am 4./5. Februar 2020 mietete die Klägerin bei der Beklagten Räume im W für das Mai-Event zu einem Preis von 30.000,00 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, also 35.700,00 (einschließlich Umsatzsteuer).

Dem Vertrag (im Folgenden: Mietvertrag 1) sind allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) beigefügt, die auf jeder Druckseite das Logo und die Geschäftsanschrift der Beklagten zu 1) aufweisen. Diese AGB enthalten die folgende Regelung, wobei die Beklagte zu 1) im Folgenden mit „R“ abgekürzt wird:

§ 18 Höhere Gewalt

Kann die Veranstaltung auf Grund höherer Gewalt nicht stattfinden, so trägt jeder Vertragspartner seine bis dahin entstandenen Kosten selbst. Ist die R für den Kunden in Vorleistung getreten, die vertraglich zu erstatten wären, so ist der Kunde in jedem Fall zur Erstattung dieser Kosten verpflichtet. Der Ausfall einzelner Künstler oder das nicht rechtzeitige Eintreffen eines oder mehrerer Teilnehmer sowie schlechtes Wetter einschließlich Eis, Schnee und Sturm fällt in keinem Fall unter den Begriff „höhere Gewalt“.

Ebenfalls am 4./5. Februar 2020 beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 2) mit näher bestimmten gastronomischen Dienstleistungen für das Mai-Event zu einem Preis von 70.000,00 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer, also 83.300,00 €.

Dem Vertrag (im Folgenden: Bewirtungsvertrag) sind AGB beigefügt, die auf jeder Druckseite das Logo und die Geschäftsanschrift der Beklagten zu 2) aufweisen. Sie weichen von den AGB des Mietvertrags 1 ab und enthalten nicht den oben wiedergegebenen § 18. Die AGB des Bewirtungsvertrags enthalten die folgende Regelung, wobei die Beklagte zu 2) im Folgenden mit „S“ abgekürzt wird:

§ 6 Pauschalierter Vergütungsanspruch

1. Kündigt der Kunde den Vertrag oder wird die Veranstaltung nicht durchgeführt, so kann S folgende pauschalierte Abgeltung für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen und Aufwendungen verlangen:

- Kündigung bis zum 15. Tag vor Veranstaltungsbeginn: 75 % des Bestellwertes

- Kündigung ab dem 14. Tag vor Veranstaltungsbeginn: 100 % des Bestellwertes

2. Der Kunde hat das Recht nachzuweisen, dass S kein Schaden oder ein Schaden nicht in dieser Höhe entstanden ist.

Bereits am 3. Februar 2020 mietete die Klägerin bei der Beklagten zu 1) Räume im W für das August-Event zu einem Preis von 27.958,22 € (einschließlich Umsatzsteuer).

Dem Vertrag (im Folgenden: Mietvertrag 2) sind dieselben AGB beigefügt wie dem Mietvertrag 1.

Für das Mai-Event zahlte die Klägerin im Februar 2020 die vollständige Vergütung aus dem Mietvertrag 1, also 35.700,00 €, an die Beklagte zu 1) sowie 50 % der Vergütung aus dem Bewirtungsvertrag, also 41.650,00 € an die Beklagte zu 2).

Für das August-Event zahlte die Klägerin am 20. März 2020 die vollständige Miete aus dem Mietvertrag, also 27.958,22 € an die Beklagte zu 1).

Noch vor der zuletzt genannten Zahlung, nämlich am 18. März 2020, trat die SARS-CoV-2-Eindämmungsmaßnahmenverordnung (SARS-CoV-2-EindmaßnV) des Senats von Berlin in Kraft, die am 23. März 2020 durch eine weitere Verordnung mit derselben Bezeichnung ersetzt wurde. In § 1 SARS-COV-2-EindmaßnV werden öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen, Versammlungen, Zusammenkünfte und Ansammlungen weitgehend verboten.

Am 14. April 2020 fragte eine Mitarbeiterin der Klägerin bei den Beklagten an, ob in Anbetracht der aktuellen Situation das Mai-Event in den September verschoben werden könne, ohne dass der bestehende Vertrag storniert werden muss.

Noch am selben Tag bot eine Mitarbeiterin der Beklagten zu 2) der Klägerin zwei Ausweichtermine im September zur Auswahl an. Da der September einer der „Premiummonate mit sehr hoher Auslastung“ sei, könne der reduzierte Preis von 100.000,00 € für Miete und Bewirtung nicht gehalten werden, sondern es müsse ein Aufpreis von 44.000,00 € netto berechnet werden.

Die Klägerin ging darauf nicht ein, sondern erklärte am 20. April 2020 gegenüber den Beklagten den Rücktritt von den Verträgen für das Mai-Event. Am 23. April 2020 erklärte sie den Rücktritt von dem Vertrag für das August-Event.

Zum Weiterlesen bitte oder kostenlos und unverbindlich registrieren.

Sie haben keinen Zugang und wollen trotzdem weiterlesen?

Registrieren Sie sich jetzt - testen Sie uns kostenlos und unverbindlich

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Computerwoche

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.235 Bewertungen) - Bereits 388.282 Beratungsanfragen

Meine Frage wurde schnell und fachkundig beantwortet. Ich bin sehr zufrieden.

Verifizierter Mandant

Hervorragende Beratung. Das Antwortschreiben war ausführlich, völlig ausreichend und zudem so empathisch, als wäre man persönlich in der Kanzlei ...

Dr. Peter Leithoff , Mainz