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Eilantrag gegen Testpflicht für Schüler gescheitert

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 21 Minuten

Der Antragsteller ist Schüler der 4. Klasse an der Grundschule N. in B.. Mit seinem Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO begehrt er zuletzt, die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Regelung des Betriebs von Schulen, Schulinternaten, Kindertageseinrichtungen und Einrichtungen der Kindertagespflege sowie von nichtakademischen Einrichtungen der Lehramtsaus- und -fortbildung im Zusammenhang mit der Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (CO-VID-19) (Schul- und Kita-Coronaverordnung - SchulKitaCoVO) vom 19. Oktober 2021 (SächsGVBl. S. 1186) einstweilen insoweit außer Vollzug zu setzen, als diese eine Testpflicht für Schüler vorsieht, und die Möglichkeit zur Abmeldung vom Präsenzunterricht in Schulen vorläufig anzuordnen.

Der Antragsteller trägt sinngemäß Folgendes vor: Er lehne die Vornahme von Schnelltests auf das Covid-19-Virus ab. Die streitgegenständliche Regelung über die Testpflicht für Schüler nach § 3 SchulKitaCoVO griffe unverhältnismäßig in seine Rechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (Recht auf körperliche Unversehrtheit), Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeine Handlungsfreiheit) und Art. 3 Abs. 1 GG (Allgemeiner Gleichheitssatz) ein. Schon die Grundrechtseinschränkungen für Schüler Anfang des Jahres im Zusammenhang mit der Pandemie seien entgegen der Auffassung des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts unverhältnismäßig gewesen. Derzeit könne ihre Verhältnismäßigkeit erst recht nicht mehr angenommen werden. Die Testpflicht an Schulen sei von der Landesregierung im März 2021 eingeführt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätten sich die Inzidenzen auf einem Höhepunkt befunden und die Impfung der Bevölkerung sei vergleichsweise langsam angelaufen. Mittlerweile habe jedoch jeder Bürger zumindest ein Impfangebot erhalten. Die Risikogruppe der älteren Menschen, deren Schutz die Corona-Maßnahmen seinerzeit vornehmlich bezweckt hätten, sei nahezu vollständig geimpft.

Im Hinblick darauf müsse nunmehr ein strengerer Maßstab bei der Frage angelegt werden, ob die Grundrechtseingriffe noch verhältnismäßig seien. In vielen Ländern seien sämtliche Corona-Maßnahmen aufgehoben worden. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, dass ausgerechnet die Testpflicht für Kinder fortbestehen solle, die gerade nicht als Pandemietreiber auffällig geworden seien. Die überwiegende Rechtsprechung habe die Testpflicht an Schulen nur deshalb für grundrechtskonform gehalten, weil das sogenannte „Homeschooling“ möglich gewesen sei. Dies sei nun nicht mehr der Fall und die Testpflicht sei dementsprechend schon deswegen unverhältnismäßig.

Im Übrigen sei nicht erklärbar, dass nur ungeimpfte Schüler der Testpflicht unterlägen. Denn auch geimpfte Schüler könnten das Virus weitergeben. Diese Auffassung vertrete auch das Robert-Koch-Institut. Einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung dieser Schülergruppen sei nicht ersichtlich. Sie müsse vielmehr als willkürlich angesehen werden und verstoße gegen den Gleichheitssatz. Die wieder eingeführte Schulpflicht stehe im Spannungsverhältnis zum Selbstbestimmungsrecht des Antragstellers, der sich einer freiwilligen Testung widersetze. Dieses Spannungsverhältnis müsse durch die Möglichkeit für die Schüler aufgelöst werden, sich wieder vom Präsenzunterricht abzumelden. Die Wiedereinführung der Präsenzpflicht nehme den Eltern die Möglichkeit, ihre Kinder vor ungewollten Impfungen zu schützen. Denn die Schulpflicht könne durch staatliche Zwangsmaßnahmen durchgesetzt und Verstöße dagegen könnten mit Bußgeld geahndet werden. Der Verordnungsgeber habe die Notwendigkeit der Testpflicht nicht schlüssig dargelegt. Die Testpflicht an Schulen sei lediglich Symbolpolitik und sei bereits schon nicht geeignet, die Ausbreitung der COVID- 19-Pandemie nennenswert einzudämmen.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 24 Abs. 1 SächsJG statthaft, soweit der Antragsteller die vorläufige Außervollzugsetzung von § 3 Abs. 1 SchulKitaCoVO begehrt.

Soweit der Antragsteller die vorläufige Anordnung der Wiedereinführung einer Abmeldemöglichkeit vom Präsenzunterricht begehrt, ist der Antrag nicht statthaft.

Im Grundsatz setzt die Statthaftigkeit eines Normenkontrollantrags nach § 47 VwGO voraus, dass er sich gegen eine bereits erlassene Norm richtet. Ein Normenkontrollantrag, der auf Erlass einer untergesetzlichen Regelung gerichtet ist („echter Normenerlassantrag“), ist als solcher unstatthaft. Ein „unechter“ Normenerlassantrag bzw. ein „Antrag auf Normergänzung“, der darauf gerichtet ist, einen von einer bereits existenten Rechtsvorschrift nicht berücksichtigten Sachverhalt in den Geltungsbereich einer Norm einzubeziehen, ist im Wege des § 47 Abs. 1 VwGO aber möglich.

In diesen Fällen verfolgt der Antragsteller das Ziel der Feststellung der Rechtswidrigkeit des normgeberischen Unterlassens als „Minus“ zum Antrag auf Unwirksamkeitserklärung. Ein Rechtsgrund für eine Unwirksamkeit kann darin liegen, dass der Normgeber unter Verstoß gegen höherrangiges Recht einen bestimmten Sachverhalt nicht berücksichtigt und damit eine rechtswidrige, unvollständige Regelung erlassen hat. Zielt ein Normenkontrollantrag dagegen auf Ergänzung einer vorhandenen Norm, ohne deren Wirksamkeit in Frage zu stellen, ist der Weg der Normenkontrolle nicht eröffnet.

Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für die Annahme eines statthaften Antrags insoweit nicht erfüllt. Bei dieser Beurteilung konnte der Senat die Frage offenlassen, ob der Antragsteller im Hinblick darauf, dass er sich in der Corona-Pandemie nicht vom Präsenzunterricht in der Schule abmelden kann, mit Aussicht auf Erfolg einen unechten Normenerlassantrag stellen kann. Jedenfalls ist sein im einstweiligen Rechtschutzverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO gestellter Antrag, die Wiedereinführung der Abmeldemöglichkeit vom Präsenzunterricht einstweilen anzuordnen, nicht statthaft, weil er eine solche Anordnung auch nicht im Hauptsacheverfahren erreichen kann.

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