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Anspruch auf Durchführung von und Teilnahme an „Vollzeit-Präsenzunterricht“?

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 8 Minuten

Die Antragsteller zu 1. und 2. besuchen das Gymnasium, die Antragstellerinnen zu 3. und 4. sind Schülerinnen einer Grundschule. Mit ihrem Antrag machen sie Einschränkungen der schulischen Nutzung von Klassen- und Kursräumen durch die Coronabetreuungsverordnung geltend. Dabei begehren sie der Sache nach die Durchführung von und die Teilnahme an „Vollzeit-Präsenzunterricht“. Ihr sinngemäß gestellter Antrag,

§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 der Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 im Bereich der Betreuungsinfrastruktur (Coronabetreuungsverordnung – CoronaBetrVO) vom 7. Januar 2021 (GV. NRW. S. 19b), zuletzt geändert durch Art. 2 der Zwanzigsten Verordnung zur Änderung von Rechtsverordnungen zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 vom 26. März 2021 (GV. NRW. S. 315), vorläufig außer Vollzug zu setzen, soweit die Regelungen schulische Nutzungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 CoronaBetrVO einschränken bzw. allgemeine Beschränkungen der Nutzung von Klassen- oder Kursräumen aus Gründen des Infektionsschutzes, insbesondere in Gestalt von Wechselunterricht, durch das Ministerium für Schule und Bildung vorsehen,

hat keinen Erfolg. Er ist bereits unzulässig.

Hierzu führte das Gericht aus:

Den Antragstellern fehlt es an der nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderlichen Antragsbefugnis. Nach dieser Vorschrift kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Zur Darlegung der Antragsbefugnis ist erforderlich, dass die Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die angegriffene Rechtsvorschrift bzw. deren Anwendung in einer eigenen Rechtsposition verletzt werden.

Gemessen daran ist eine Antragsbefugnis der Antragsteller nicht gegeben. Die angegriffenen Regelungen schränken die Nutzung der Schule zu Unterrichtszwecken nicht ein, mit der Folge, dass insoweit eine Verletzung ihres geltend gemachten Rechts auf Bildung aus Art. 8 Abs. 1 LV NRW, § 1 SchulG NRW nicht möglich erscheint.

§ 1 CoronaBetrVO in der derzeit geltenden Fassung enthält die von den Antragstellern gerügten Einschränkungen des Präsenzunterrichts schon nicht. Zwar ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 CoronaBetrVO die schulische Nutzung von öffentlichen Schulen, Ersatzschulen und Ergänzungsschulen im Sinne des Schulgesetzes NRW zur Verringerung von Infektionsrisiken bezogen auf das SARS-CoV-2-Virus nur nach Maßgabe der weiteren Absätze der Vorschrift zulässig. Als schulische Nutzung in diesem Sinne gelten unter anderem gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 CoronaBetrVO die mit dem Unterricht, vergleichbaren Schulveranstaltungen und der Betreuung von Schülerinnen und Schülern verbundenen Tätigkeiten, mithin auch der Präsenzunterricht. Anders als noch § 1 Abs. 11 Satz 1 der Coronabetreuungsverordnung vom 7. Januar 2021 in der bis zum 14. März 2021 gültigen Fassung (vgl. Art. 2 der Verordnung vom 7. März 2021, GV. NRW. 2021 S. 246), wonach schulische Nutzungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 und 3 – und damit auch der Präsenzunterricht – in der Zeit vom 22. Februar bis zum 14. März 2021 für bestimmte Schülergruppen untersagt waren, sieht § 1 CoronaBetrVO eine Untersagung oder Beschränkung schulischer Nutzung in Form von Unterricht aber nicht (mehr) vor.

Eine zur Bejahung der Antragsbefugnis notwendige möglich erscheinende Verletzung der Rechtspositionen der Antragsteller folgt auch nicht aus § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaBetrVO. Danach regelt das Ministerium für Schule und Bildung das Nähere, insbesondere allgemeine Beschränkungen der Nutzung von Klassen- oder Kursräumen aus Gründen des Infektionsschutzes, insbesondere in Gestalt von Wechselunterricht. Diese Norm regelt schon nach ihrem Wortlaut den Wechselunterricht nicht und gibt seine Einführung auch nicht vor. Sie ermächtigt das Ministerium für Schule und Bildung auch nicht, den Unterricht aus Gründen des Infektionsschutzes beispielsweise in Gestalt des Wechselunterrichts vorübergehend neu zu organisieren. Die Regelung setzt Befugnisse zur Organisation des Lehrbetriebs bei einem durch SARS-CoV-2 verursachten Infektionsgeschehen aufgrund der den Ländern zustehenden weitgehenden Gestaltungsfreiheit für den Bereich des Schulwesens, sowie des damit einhergehenden Rechts und der Obliegenheit zur Schulorganisation, vielmehr als gegeben voraus. Unabhängig von der Frage, ob dies überhaupt eine Rechtsverletzung der Antragsteller begründen könnte, kann deshalb keine Rede davon sein, dass § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaBetrVO Befugnisse auf das für Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz nicht zuständige Ministerium für Schule und Bildung delegiert.

Von seinem Recht zur Schul- und zur Unterrichtsorganisation, welches unter anderem in § 52 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 sowie in § 8 Abs. 2 SchulG NRW seinen einfachgesetzlichen Niederschlag gefunden hat, hat das Ministerium für Schule und Bildung bereits dadurch Gebrauch gemacht, dass es für das Schuljahr 2020/2021 die Zweite Verordnung zur befristeten Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen gemäß § 52 SchulG vom 2. Oktober 2020 (GV. NRW. S. 975) erlassen hat. Zweck dieser Verordnung ist nach ihrem § 1 Satz 1 die Erteilung des Unterrichts in den Schulen im größtmöglichen Umfang auch bei einem durch SARS-CoV-2 verursachten Infektionsgeschehen. Nach ihrem § 1 Satz 2 soll dabei das Recht aller jungen Menschen auf schulische Bildung und individuelle Förderung gemäß § 1 des Schulgesetzes NRW auch durch eine geänderte Unterrichtsorganisation wie dem in § 2 Abs. 2 vorgesehenen Distanzunterricht verwirklicht werden. Diese Verordnung ist am 1. August 2020 und damit zeitlich lange vor Aufnahme des aktuellen § 1 Abs. 2 Satz 2 in die Coronabetreuungsverordnung in Kraft getreten. Der Regelung des unter anderem angegriffenen § 1 Abs. 2 Satz 2 CoronaBetrVO bedurfte und bedarf es weiterhin hierfür nicht.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


OVG Nordrhein-Westfalen, 08.04.2021 - Az: 13 B 454/21.NE

ECLI:DE:OVGNRW:2021:0408.13B454.21NE.00

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