Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden vom 30. Dezember 2020 - 6 L 994/20 - wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die mit ihr vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO beschränkt ist, geben keine Veranlassung, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern.
Die Antragsgegnerin erließ am 28. Dezember 2020 eine Allgemeinverfügung über die Untersagung des Mitführens und Abbrennens von pyrotechnischen Gegenständen aufgrund der Corona-Pandemie - im Folgenden: Allgemeinverfügung -.
Deren Nr. 1 enthält folgende Regelung:
„In Ergänzung zur SächsCoronaSchVO sowie den dazu ergangenen Allgemeinverfügungen wird für den Zeitraum 31. Dezember 2020 bis 1. Januar 2021 das Mitführen und Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F2, F3 und F4 im Sinne des Gesetzes über explosionsgefährliche Stoffe (Sprengstoffgesetz - SprengG) im gesamten Stadtgebiet untersagt.“
Der Antragsteller hat gegenüber diesem Verbot um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht nachgesucht.
Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag mit Beschluss vom heutigen Tag abgelehnt. Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Bei summarischer Prüfung spreche viel dafür, dass ein Widerspruch ohne Erfolg bleiben werde, weil sich die streitgegenständliche Regelung der Allgemeinverfügung als rechtmäßig erweisen werde und ihn daher nicht in seinen Rechten verletze (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auch für den Fall einer reinen Folgenabwägung könne die Kammer keine Beeinträchtigung der grundrechtlich geschützten Belange des Antragstellers erkennen, die eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs tragen könne.
Die Kammer gehe mit dem Senat (Beschl. v. 22. Dezember 2020 - Az:
3 B 438/20) davon aus, dass § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 IfSG eine ausreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage darstelle. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG seien aufgrund der gegenwärtigen Corona-Pandemie erfüllt. Da die in § 28a Abs. 1 IfSG vorgesehenen Schutzmaßnahmen nicht abschließend aufgezählt seien, sei die Antragsgegnerin befugt, - wie hier geschehen - über die Regelbeispiele des § 28a Abs. 1 IfSG hinaus Regelungen zu treffen. Das zeitlich befristete Verbot des Mitführens und Abbrennens von Feuerwerkskörpern der Kategorien F2 bis F4 erweise sich bei summarischer Prüfung als verhältnismäßig. Es verfolge einen legitimen Zweck, weil es vorrangig der Reduzierung menschlicher Kontakte und damit der Verminderung von Infektionen diene. Das angegriffene Verbot sei auch zur Erreichung dieses Zwecks geeignet.
Silvesterfeuerwerke setzten mit ihren Licht- und Knalleffekten einen besonderen Anreiz für Ansammlungen im öffentlichen Raum. Dem wirke ein Verbot entgegen. Dies gelte nicht nur für Personen, die selbst ein Feuerwerk zünden würden. Auch und gerade für unbeteiligte Dritte, die selbst über keine eigenen pyrotechnischen Restanten verfügten, bestehe ein Anreiz, bei einem Feuerwerk anderer zu verweilen oder diese an Orten mit besonders gutem Blick auf die Stadt, die an Silvester dann auch stärker frequentiert seien, zu beobachten.
Dies gelte auch für Feuerwerk auf nicht öffentlich zugänglichen Privatgrundstücken, weil es gleichermaßen weithin sicht- und hörbar sei und Schaulustige anziehe. Fände ein Abbrennen von Feuerwerken nicht statt, würden sich diese Personen voraussichtlich am Jahreswechsel nicht begegnen und keine infektionsschutzrelevanten Kontakte haben. Abgesehen hiervon begegne auch die weitere Erwägung, eine zusätzliche Belastung der ohnehin stark belasteten Krankenhäuser durch feuerwerksbedingte Verletzungen zu vermeiden, keinen durchgreifenden Bedenken.
Das angegriffene Verbot erweise sich bei summarischer Prüfung als erforderlich. Vergleichbar effektive, aber mildere Mittel zur Erreichung des Ziels der Pandemie-Eindämmung bestünden nicht. Das Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper reiche nicht aus, um das Ziel in gleicher Weise zu erreichen. Dürften die erfassten Feuerwerkskörper zum Jahreswechsel abgebrannt werden, würde dies die Ansammlung von Personen begünstigen, die sich an Silvester- und Neujahrsfeuerwerk erfreuen wollten. Es würde auch nicht genügen, das Abbrennen von Pyrotechnik der Kategorie F2 nur an bestimmten publikumsträchtigen Plätzen zu verbieten, um Verdrängungseffekte zu vermeiden. Derartige Feuerwerke zögen Schaulustige sowohl aus der näheren Umgebung an und setzten zudem den Anreiz, Orte mit gutem Überblick auf die Stadt aufzusuchen, um Feuerwerke aus der Ferne zu beobachten.
Erfahrungsgemäß seien solche Orte an Silvester stark frequentiert und bildeten ebenfalls einen Anziehungspunkt für Ansammlungen. Für das Infektionsgeschehen sei es insofern unerheblich, ob sich die Menschen in der Nähe des Zündorts träfen oder aus der Entfernung beobachteten. Ein Verbot lediglich von Feuerwerk in der Öffentlichkeit stelle deshalb kein gleich geeignetes Mittel dar.
Im Hinblick auf die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG Niedersachsen, 18.12.2020 - Az:
13 MN 568/20) gehe die Kammer angesichts der signifikanten Unterschiede zwischen dem dortigen landesweiten Verbot in einem Flächenland zu dem hier zu beurteilenden Verbot für das Gebiet einer Großstadt, vor allem aber auch wegen der signifikant höheren Inzidenzlage in der Landeshauptstadt Dresden wie auch im gesamten Freistaat Sachsen davon aus, dass sich die Situation insofern nicht vergleichen lasse. Als AnnexRegelung zum Abbrennverbot bestünden auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Erforderlichkeit des Verbots des Mitführens von pyrotechnischen Erzeugnissen der Kategorie F2 und höher.
Ein alleiniges Abbrennverbot sei im Vollzug unpraktikabel. Das Mitführ- und Abbrennverbot sei in der derzeitigen Pandemielage auch angemessen. Der durch Art. 2 Abs. 2 GG gebotene Schutz vor Gefahren für Leib und Leben der von einer Ansteckung mit COVID-19 bedrohten Personen durch das Abbrennverbot überwiege die durch die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) geschützten Interessen des Antragstellers an der Durchführung eines privaten Silvesterfeuerwerks.
In Anbetracht der derzeitigen Pandemielage im Freistaat Sachsen bestünden keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, weil die seit November 2020 ergriffenen Maßnahmen lediglich das exponentielle Wachstum der Infektionen gestoppt habe, die Infektionszahlen sich aber weiterhin auf einem solch hohen Niveau bewegten, dass eine Kontaktnachverfolgung und eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens bis zu einer Impfung weiter Bevölkerungskreise nicht gewährleistet sei.
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