Rechtsfrage klären? Wir beraten per   E-Mail  -   Video  -   Telefon  -   WhatsAppBewertung: - bereits 392.530 Anfragen

Schließung von Einrichtungen und Angeboten trotz Click & Collect-System

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 30 Minuten

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO sinngemäß das Ziel, § 4 Abs. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung - SächsCoronaSchVO) vom 11. Dezember 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. Dezember 2020 (SächsGVBl. 2020, S. 686) einstweilen außer Vollzug zu setzen.

Die Antragstellerin trägt in ihrem Schriftsatz vom 15. Dezember 2020 zusammengefasst vor: Sie betreibe auf dem Gebiet des Antragsgegners vier Elektronikfachmärkte, in denen sie Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, Telekommunikation, IT, Tonträger und Software anbiete. Neben dem Vor-Ort-Verkauf biete sie auch das sog. Click & Collect-System, d. h. die Online-Auswahl und -Bestellung sowie Abholung im Einzelhandelsgeschäft, an. Das Weihnachtsgeschäft habe für sie eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung. Dies betreffe auch ihr Angebot im Click & Collect-System. Die erneute Schließung des Ladengeschäfts bedrohe die Existenz des Unternehmens. Die Verordnung enthalte keine Regelung über eine Entschädigung für das Öffnungsverbot. Derzeit existierten nur abstrakte Ankündigungen der Staatregierung, den von der Schließung betroffenen Handelsunternehmen ihre Fixkosten zu erstatten. Nach anderen Verlautbarungen solle die "Überbrückungshilfe II bzw. III" des Bundes auch den nun betroffenen Handelsunternehmen eröffnet werden. Ob und wann diese zur Verfügung stünden, sei indes offen. Selbst wenn diese Überbrückungshilfen gewährt würden, erhielte sie damit zudem lediglich ein Zuschuss zu den betrieblichen Fixkosten, während das Unternehmen einen hohen Umsatzeinbruch erleide. Die sog. November- und Dezember-Hilfen des Bundes, die bis zu 75 % des Vergleichsumsatzes im November/Dezember 2019 ausgleichen sollten, seien den durch § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO betroffenen Unternehmen hingegen nicht eröffnet.

Die Antragstellerin macht geltend, die Verordnungsermächtigung genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie sei nicht hinreichend bestimmt. Hieran ändere auch § 28a IfSG nichts. Dies ergebe sich zum einen aus der katalogartigen Aufzählung der unterschiedlichen Maßnahmen in § 28a Abs. 1 IfSG, die eine Unterscheidung hinsichtlich Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen anhand der Eingriffsintensität und der betroffenen Grundrechte vermissen ließen. Zum anderen sei es nicht ausreichend, die möglichen Maßnahmen, insbesondere stark freiheitsbeeinträchtigende Maßnahmen aufzulisten, ohne sie zu definieren. Bedenken ergäben sich auch daraus, dass die Auflistung nicht abschließend sei, obwohl es um eingriffsintensive Maßnahmen gehe. Schließlich bleibe offen, wie sich die vom Gesetzgeber getroffene Abstufung nach "umfassenden", "breit angelegten" und "unterstützenden" Schutzmaßnahmen auswirke.

Auch die Regelung des § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO selbst sei nicht hinreichend bestimmt. Sie verhänge sehr weitgehende Eingriffe in die Grundrechte, sodass die Anforderungen an ihre Bestimmtheit sehr hoch seien. Sie enthalte keine Definition der verwendeten Begriffe "Sortiment des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung", sodass offen bleibe, was hierunter falle. Nach den Angaben des Antragsgegners solle hierzu u. a. auch der Verkauf von Pyrotechnik zählen. Der Sinngehalt dieser Begriffe erschließe sich auch sonst nicht aus den aufgezählten Einrichtungen und Betrieben, da Weihnachtsbäume und Waren aus Gartenbaubetrieben kein Sortiment des täglichen Bedarfs oder der Grundversorgung seien. Unklar sei weiter, ob bestimmte Sortimente in Lebensmittelhandelsbetrieben und Drogerien wie etwa Küchengeräte oder Elektronikgeräte derzeit nicht zum Verkauf angeboten werden dürften. Dies habe der Verordnungsgeber nicht offen lassen dürfen. Offen bleibe weiter, was mit "Abhol- und Lieferdiensten" gemeint sei, und warum das Click & Collect-System der Antragstellerin hierunter nicht fallen solle.

Die Regelung verletze schon mangels stringenter Vergleichsgruppenbildung in der Folge auch das Gebot der Gleichbehandlung. Das Ausnahmesystem sei inkonsequent. Der Verordnungsgeber habe in seiner Normbegründung nur auf epidemiologische Kriterien abgestellt. Es erschließe sich nicht, weshalb Reinigungen, Waschsalons, Friseure, Ladengeschäfte des Zeitungsverkaufs, Weihnachtsbaumverkaufsstellen und Telefon- und Onlineangebote existenznotwendig sein sollten oder sonst bei infektionsschutzbezogener Betrachtung gegenüber der Antragstellerin privilegiert würden. Gleiches gelte für sonstige Betriebsstätten der gewerblichen Wirtschaft. Nach der Risikoeinschätzung des Bundes bestehe auch im Einzelhandel allgemein kein besonderes Infektionsrisiko. Das Infektionsgeschehen könne nicht kausal auf die Öffnung von Einzelhandelsbetrieben zurückgeführt werden. Damit würden keine systemgerechten Begünstigungsausnahmen vorgenommen. Eine Ungleichbehandlung liege auch wegen der erheblich unterschiedlichen Entschädigungsregime in ein und derselben Zeitphase - 14. bis 31. Dezember 2020 - vor. Während die in § 4 Abs. 2 SächsCoronaSchVO genannten Einrichtungen und Angebote in diesem Zeitraum für ihre Umsatzausfälle entschädigt würden, gelte dies trotz identischen sachlichen Anknüpfungspunktes nicht für die in § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO aufgeführten Handelsunternehmen. "Ob" und "Höhe" von Umsatzausfallentschädigungen sei aber für die Verhältnismäßigkeit der Öffnungsverbote wesentlich. Sie seien darüber hinaus auch gleichheitsrelevant, denn Bund und Länder hätten ein Gesamtsystem von Restriktions- und Entschädigungsmaßnahmen entwickelt und positiviert. Durch die unterschiedlichen Entschädigungsregelungen verschiebe sich das Regelungsgefüge von § 4 SächsCoronaSchVO insgesamt, ohne dass hierfür eine sachliche oder systemgerechte Begründung ersichtlich sei.

Zum Weiterlesen bitte oder kostenlos und unverbindlich registrieren.

Sie haben keinen Zugang und wollen trotzdem weiterlesen?

Registrieren Sie sich jetzt - testen Sie uns kostenlos und unverbindlich

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Business Vogue

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.239 Bewertungen) - Bereits 392.530 Beratungsanfragen

Schnelle unkomplizierte Information für ein Testament.

Verifizierter Mandant

Ich wurde professionell und zügig über die Sachlage aufgeklärt, ich würde diese Plattform jederzeit wieder nutzen und kann sie 100% empfehlen

Verifizierter Mandant