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Betrieb eines Wellnessbereichs in den Räumen eines Hotels in Corona-Zeiten

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 9 Minuten

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1. Die Beschwerde des Antragsgegners nach § 146 Abs. 1 VwGO ist zulässig und begründet. Nach Prüfung der geltend gemachten und dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) erweisen sich die Anträge der Antragstellerin als unzulässig, weil sich das Rechtsschutzbegehren erkennbar auf das Ziel richtet, die entsprechenden Normen der 5. BayIfSMV außer Vollzug zu setzen. Unter Weitergeltung der angegriffenen Regelungen (§§ 9 Abs. 1, 11 Abs. 5, 14 Satz 2 5. BayIfSMV) ist das Rechtsschutzziel der Antragstellerin, das Schwimmbecken im Innenbereich sowie die Saunen im Innen- und Außenbereich ihrer Hotelanlage öffnen zu können, nicht - auch nicht im Wege der Auslegung der entsprechenden Normen - erreichbar.

In dieser Fallkonstellation ist (nur) ein Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO statthaft. Für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO mit dem Inhalt, vorläufig festzustellen, dass die Normen der Verordnung dem begehrten Verhalten nicht entgegenstehen, ist dann kein Raum, weil dies zu einer Umgehung der besonderen Voraussetzungen und Wirkungen des Rechtsschutzverfahrens nach § 47 Abs. 6 VwGO führen würde.

Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wegen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG auch dann Rechtsschutz zu gewähren ist, wenn dem Antragsteller lediglich eine behördliche Maßnahme, sei es durch Verwaltungsakt oder Bußgeldbescheid, droht. Denn den Antragstellern sei es in der Regel nicht zumutbar, die Klärung verwaltungsrechtlicher Zweifelsfragen auf der Anklagebank erleben zu müssen. Der Betroffene hat vielmehr ein schutzwürdiges Interesse daran, den Verwaltungsrechtsweg als „fachspezifischere“ Rechtsschutzform einzuschlagen, insbesondere wenn ihm ein Ordnungswidrigkeitenverfahren droht. Aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich jedoch nicht die Notwendigkeit, einem Antragsteller aus Rechtsschutzgründen die Möglichkeit zu eröffnen, einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO beim Oberverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtshof) und einen Antrag nach § 123 VwGO beim Verwaltungsgericht ggf. auch parallel zu stellen. Nur wenn eine untergesetzliche Norm nicht der Umsetzung durch einen Vollzugsakt bedarf und die Möglichkeit einer Normenkontrolle nach § 47 VwGO landesrechtlich nicht nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO eröffnet ist, ist eine solche einstweilige Rechtsschutzmöglichkeit im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG unerlässlich. Dies ist in Bayern aufgrund der Möglichkeit einen Antrag über die Gültigkeit von Rechtsvorschriften, die im Range unter dem Landesgesetz stehen, zu erheben (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO, Art. 5 Satz 1 AGVwGO) jedoch nicht der Fall.

Allein der Umstand, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Erhebung einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO nicht grundsätzlich durch die Möglichkeit einer Normenkontrollklage nach § 47 VwGO ausgeschlossen sein soll, führt nicht zur Statthaftigkeit eines einstweiligen Rechtsschutzantrags nach § 123 VwGO mit dem Ziel, im Wege einer vorläufigen Feststellung die Wirksamkeit einer Norm zu suspendieren.

Für dieses Ergebnis spricht, dass der Prüfungsmaßstab im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO von dem bei der Entscheidung über eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO abweicht. Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Sache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Ergibt diese Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht i.S.v. § 47 Abs. 6 VwGO zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug der Rechtsnorm bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn deren (weiterer) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Lassen sich die Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens nicht abschätzen, ist über den Erlass einer beantragten einstweiligen Anordnung im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden: Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Antrag nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO aber erfolglos bliebe. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, mithin so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung - trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache - dringend geboten ist. Ein solches deutliches Überwiegen ist im Rahmen der Folgenabwägung bei offenen Erfolgsaussichten bei einer Entscheidung nach § 123 VwGO nicht erforderlich.

Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation erscheint es angesichts des landesweiten Geltungsbereichs der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen, ihrer jeweils kurzen Geltungsdauer und der Vielzahl von Gerichtsverfahren aus den oben genannten Gründen geboten, Verfahren, die zum Ziel haben, dass eine untergesetzliche Norm ganz oder teilweise nicht angewendet werden soll, ausschließlich nach § 47 Abs. 6 VwGO einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Anderes ist nur denkbar, wenn der Normadressat - unter Weitergeltung der Norm - lediglich die Feststellung begehrt, ein bestimmter Sachverhalt falle (ggf. auch nach Auslegung der Norm) nicht in ihren Anwendungsbereich.

2. Weil die von der Antragstellerin gestellten Anträge nach § 123 VwGO somit insgesamt unzulässig sind, war auch die Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


VGH Bayern, 18.06.2020 - Az: 20 CE 20.1388

Vorgehend: VG Regensburg, 12.06.2020 - Az: RN 14 E 20.963

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