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Kündigung eines Heimvertrags wegen Zahlungsrückstanden

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 10 Minuten

Das Kündigungsrecht aufgrund von Zahlungsverzuges ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 WBVG vorgesehen. Die Kündigung kann in diesen Fällen gemäß § 12 Abs. 4 WBVG fristlos erfolgen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin verlangt die Räumung und Herausgabe eines Zimmers in einem Pflegeheim.

Die Klägerin ist Trägerin eines Pflegezentrums. Die Parteien schlossen am 19.03.2020 einen Heimvertrag. Die Beklagte ist seitdem die Bewohnerin des Zimmers Nr. .... Das monatliche Leistungsentgelt betrug 1.796,06 €.

Die Beklagte zahlte die Leistungsentgelte nicht in vollständiger Höhe. Mit Mahnung vom 14.09.2021 forderte die Klägerin die Zahlung offener Leistungsentgelte in Höhe von 6.467,86 € und stellte die Kündigung in Aussicht. Mit Mahnung vom 16.12.2023 forderte die Klägerin die Zahlung offener Leistungsentgelte in Höhe von 11.780,31 €. Mit Schreiben vom 03.02.2023 forderte die Klägerin ein offenes Leistungsentgelt von 10.019,83 € und kündigte den Heimvertrag wegen Zahlungsverzuges. Mit Mahnung vom 21.07.2023 forderte die Klägerin die Zahlung offener Leistungsentgelte in Höhe von 6.358,22 €.

Die Beklagte leistete keine Zahlungen auf die Mahnungen.

Mit der Klage vom 18.08.2023 macht die Klägerin einen Anspruch auf Räumung geltend und hat vorsorglich erneut die außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen.

Die Beklagte zahlte nach Klageerhebung am 27.01.2024 einen Betrag in Höhe von 4.000,00 €.

Die Beklagte zahlte nach Klageerhebung am 12.02.2024 einen Betrag in Höhe von 900,00 €.

Die Beklagte stellte nach Klageerhebung am 21.02.2024 einen Antrag auf Übernahme von Mietrückständen bei der Stadt Lübeck.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Klägerin hat gemäß § 985 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des von der Beklagten bewohnten Zimmers. Die Klägerin hat den Heimvertrag wirksam wegen Zahlungsverzuges gekündigt. Aus den vorgelegten Rechnungen und Mahnungen ergeben sich Rückstände von mindestens 34.626,22 €. Die Beklagte hat aufgrund der wirksamen Kündigung des Heimvertrages im Hinblick auf das von ihr bewohnte Zimmer kein Besitzrecht und ist zur Herausgabe verpflichtet. Es sind keine Gründe vorgetragen worden, die einer Wirksamkeit der Kündigung entgegenstehen würden. Die Zahlungen im laufenden Rechtsstreit in Höhe von 4.000,00 € und 900,00 € gleichen nur einen geringfügigen Teil der Rückstände aus und lassen den Kündigungsgrund nicht entfallen, zumal neben den erheblichen Rückständen auch die Übernahme der laufenden Kosten für das Pflegeheim nach wie vor ungeklärt ist. Das Kündigungsrecht aufgrund von Zahlungsverzuges ist gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 WBVG vorgesehen. Die Kündigung kann in diesen Fällen gemäß § 12 Abs. 4 WBVG fristlos erfolgen. Ein Ausgleich der Zahlungsrückstände, der gemäß § 12 Abs. 3 WBVG zur Unwirksamkeit der Kündigung führen würde, liegt nicht vor.

Die Gewährung einer Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO kommt nicht in Betracht. Eine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO kann auf Antrag oder von Amts wegen gewährt werden, wenn auf Räumung von Wohnraum erkannt wird. Eine Bewilligung ist grundsätzlich auch bei einer Kündigung wegen Zahlungsrückständen möglich. Dabei sind allerdings die Interessen der Parteien gegeneinander abzuwägen (vgl. OLG Stuttgart, 07.06.2006 - Az: 13 U 89/06). Dies führt im Ergebnis dazu, dass keine Räumungsfrist zu bewilligen ist. Ein Umzug wäre für Beklagte aufgrund des Alters mit überdurchschnittlichen Schwierigkeiten verbunden. Die Frage, ob eine Räumung aus gesundheitlichen Gründen möglicherweise nicht möglich ist, würde allerdings nur das Vollstreckungsverfahren betreffen. Bei der Abwägung ist auf der anderen Seite zu berücksichtigen, dass der Heimvertrag im Jahr 2020 abgeschlossen wurde und die Beklagte bereits seit 2021 das Leistungsentgelt nicht so gezahlt hat, wie es gemäß Heimvertrag vereinbart worden ist. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Klägerin den Heimvertrag abgeschlossen hat, ohne zuvor die Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts abgesichert zu haben. Es sind erhebliche Rückstände in Höhe von mindestens 34.626,22 € entstanden. Dies stellt eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für die Klägerin dar, womit letztlich mittelbar auch die übrigen Heimbewohner betroffen sind. Die Beklagte hat auf mehrfache Mahnungen nicht reagiert. Die Zahlung des Leistungsentgelts wäre auch für den Zeitraum einer Räumungsfrist nicht gesichert. Die Beklagte hat seit 2021 keine erkennbaren Bemühungen gezeigt, die Zahlung des Leistungsentgelts zu gewährleisten. Spätestens mit dem Zugang der Kündigung im Februar 2023 bestand außerdem eine Verpflichtung, Bemühungen zur Beschaffung von Ersatzwohnraum zu unternehmen. Die Beklagte hat im Hinblick auf die Beschaffung von Ersatzwohnraum keine erkennbaren Bemühungen entfaltet. Das Gericht hat dabei gesehen, dass die Beklagte aufgrund des hohen Lebensalters nicht mehr in der Lage sein dürfte, sich selbst um alle Angelegenheiten zu kümmern. Die Beklagte hat allerdings einen gesetzlichen Betreuer, dem die Sicherung der Zahlung und die Suche nach einer Ersatzunterkunft oblegen hat. Die Obliegenheitsverletzung des Betreuers muss der Beklagten zugerechnet werden. Soweit der Betreuer angegeben hat, dass er sich aufgrund von Long Covid nicht um die Angelegenheiten der Beklagten kümmern konnte, ergibt sich keine Entlastung. Der Betreuer hätte die rechtliche Betreuung unter diesen Umständen abgegeben müssen und die Bestellung eines anderen Betreuers veranlassen müssen. Auch nach Zustellung der Klage am 18.09.2023 sind keine ausreichenden Bemühungen im Hinblick auf die Sicherung der Zahlungsverpflichtung oder die Beschaffung einer Ersatzunterkunft zu erkennen. Die Zahlungen nach Klageerhebung in Höhe von 4.000,00 € und 900,00 € gleichen nur einen geringfügigen Teil des Rückstandes aus. Der Betreuer sich auch nicht ausreichend darum bemüht, die laufenden Zahlungen zu sichern. Der Betreuer hat erst am 21.02.2024 einen Antrag auf Übernahme von Mietrückständen bei der Stadt Lübeck gestellt, obwohl die Rückstände bereits seit 2021 bekannt sind und mehrfach angemahnt worden sind. Darüber hinaus geht es im vorliegenden Fall nicht um Mietrückstände, sondern um das nicht bezahlte Leistungsentgelt für ein Pflegeheim.


LG Lübeck, 25.04.2024 - Az: 5 O 197/23

ECLI:DE:LGLUEBE:2024:0425.5O197.23.00

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