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Fixierung zur Verabreichung einer Depotspritze nicht genehmigungsfähig

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 30 Minuten

Die Fixierung einer Betroffenen zur zwangsweisen Verabreichung einer Depotspritze zur Verhütung einer Schwangerschaft ist nicht genehmigungsfähig.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Betroffene steht unter Betreuung. Sie leidet an einer chronisch paranoiden, halluzinatorischen Psychose und einem Diabetes mellitus Typ I und ist - vermutlich aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens - intellektuell minderbegabt. Die Betreuung erstreckt sich auf die Aufgabenkreise Vermögenssorge, Sorge für die Gesundheit und Aufenthaltsbestimmung. Zudem ist ein Einwilligungsvorbehalt für den Abschluss von Mietverträgen angeordnet.

Die Betroffene hat regelmäßig sexuellen Kontakt mit Männern. Sie hat mehrfach geäußert, sie wolle Kinder bekommen. Die Betreuerin regte mit Schreiben vom 10. Januar 2006 an, eine Sterilisationsbetreuung einzurichten. Sie machte geltend, die Betroffene habe regelmäßig Kontakt zu Männern und habe den erklärten Wunsch, unbedingt ein Kind zu bekommen. Die Betroffene lehne sämtliche Verhütungsmittel vehement ab. Eine Schwangerschaft wäre für die Betroffene lebensbedrohend. Zugleich legte die Betreuerin ein ärztliches Attest des Dr. med. R. vom 14. Dezember 2005 vor. Das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Schopfheim wies die Betreuerin darauf hin, dass eine Sterilisation gegen den Willen der Betroffenen nicht möglich sei. Daraufhin hielt die Betreuerin ihren Antrag, eine Sterilisationsbetreuung einzurichten, nicht mehr aufrecht. Mit Schreiben vom 24. Januar 2006 beantragte sie stattdessen, eine freiheitsentziehende Maßnahme gemäß § 1906 Abs. 4 BGB zu genehmigen. Der Betroffenen solle eine 3-Monatsspritze zur Verhütung einer Schwangerschaft mittels körperlichen Zwangs durch Festhalten verabreicht werden. Nach Anhörung der Betroffenen genehmigte das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Schopfheim am 24. April 2006 - die Fixierung der Betroffenen zum Zwecke der Verabreichung einer 3-Monatsspritze bis zum 24. April 2007.

Mit Schreiben vom 16. Mai 2007 beantragte die Betreuerin, den Beschluss über die Fixierung zu verlängern. Die Betroffene habe nach wie vor keinerlei Einsicht in die Notwendigkeit einer zuverlässigen Empfängnisverhütung. Sie akzeptiere die zu verabreichende 3-Monatsspritze nur ohne große Gegenwehr, da man ihr jedes Mal den Beschluss zeige und ihr klar mache, dass sie es zu akzeptieren habe. Die Betreuerin legte ein ärztliches Attest des Dr. med. R. vom 29. Mai 2007 vor. Darin heißt es:

„Die o.g. Patientin leidet an einer Psychose und einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus. Es hat ein erheblicher cerebraler Abbau stattgefunden. Da sie in einem konzeptionsfähigen Alter ist, bedarf es dringend der 3-Monats-Antikonzeptionsspritze. Da sie diese nicht zulassen will, ist sie zum Eigenschutz der Patientin auch unter Zwang zu applizieren.“

Das Attest ist nicht unterschrieben. Das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Schopfheim hörte die Betroffene am 4. Juni 2007 an. Die Betroffene erklärte, sie brauche keine 3-Monatsspritze. Sie lehnte eine Empfängnisverhütung kategorisch ab. Mit Beschluss vom 6. Juni 2007 genehmigte das Amtsgericht - Vormundschaftsgericht - Schopfheim - die Fixierung der Betroffenen zum Zwecke der Verabreichung einer 3-Monatsspritze bis zum 5. Juni 2008. Die Betroffene sei an einem schweren Diabetes erkrankt, der insulinpflichtig sei. Hinzu komme eine Hyperlipämie. Sie leide seit Jahrzehnten an einer Psychose und sei daher nicht in der Lage, ihre Situation selbst einzuschätzen. Es bestehe die Gefahr, dass die Betroffene schwanger werde. Eine Schwangerschaft wäre für die Betroffene und das Kind eine lebensbedrohliche Situation, die auf keinen Fall eintreten dürfe. Die 3-Monatsspritze sei das mildeste Mittel. Die Betroffene sei krankheitsuneinsichtig und unfähig zu erkennen, dass eine Schwangerschaft für sie und das Kind lebensbedrohlich wäre.

Dagegen hat die Betroffene sofortige Beschwerde eingelegt. Sie brauche die 3-Monatsspritze nicht. Das Landgericht Waldshut-Tiengen hat die Beschwerde mit Beschluss vom 1. August 2007 zurückgewiesen. Das Vormundschaftsgericht habe zu Recht eine regelmäßige Fixierung der Betroffenen genehmigt. Die Voraussetzungen des § 1906 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 BGB seien aufgrund der ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen vom 13. Oktober 2006, vom 14. Dezember 2005 und vom 29. Mai 2007 zu bejahen. Die Betroffene sei in einem konzeptionsfähigen Alter und habe regelmäßig sexuellen Kontakt zu Männern. Im Falle einer Empfängnis seien Gesundheit und Leben der Betroffenen wie auch des werdenden Kindes akut bedroht. Die geistige Behinderung und die psychische Erkrankung der Betroffenen hinderten sie an der Einsicht, welche Gefahren der geschlechtliche Verkehr ohne sichere Empfängnisverhütung für sie mit sich brächte. Ein milderes Mittel stehe nicht zu Wahl.

Dagegen legte die Betroffene zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts - Vormundschaftsgerichts - Schopfheim am 7. August 2007 sofortige weitere Beschwerde ein. Der Senat hat der Betreuerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen hat Erfolg. Der Antrag der Betreuerin, die Fixierung zu genehmigen, ist zurückzuweisen.

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