§ 18 Satz 2 MuSchG kann bei tariflichen Jahresarbeitszeitmodellen mit saisonal stark schwankender variabler Vergütung extensiv dahingehend auszulegen sein, dass zur Ermittlung des als Mutterschutzlohn zu zahlenden durchschnittlichen Arbeitsentgelts auf einen zwölfmonatigen Referenzzeitraum abzustellen ist.
Entsprechendes kann in derartigen Fällen für den Referenzzeitraum zur Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach
§ 20 Abs. 1 Satz 2 MuSchG gelten.
Hierzu führte das Gericht aus:
Für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Der Wortlaut gibt nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte Regelungskonzeption deutlich. Für die Beantwortung der Frage, welche Regelungskonzeption dem Gesetz zugrunde liegt, kommt daneben den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine Indizwirkung zu. Dabei dürfen die Gerichte sich nicht dem vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck des Gesetzes entziehen, sondern müssen die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Eine Interpretation, die sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein.
Nach seinem Wortlaut stellt § 18 Satz 2 MuSchG auf einen dreimonatigen Referenzzeitraum ab. Damit ist ein fester Zeitraum vorgesehen, der grundsätzlich auch bei schwankender Vergütungshöhe gelten soll. Allerdings soll nach der gesetzlichen Regelung zugleich ein „durchschnittliches Arbeitsentgelt“ ermittelt und als Mutterschutzlohn gezahlt werden. In besonders gelagerten Fällen und bei bestimmten Arbeitszeitmodellen kann dieses durch einen dreimonatigen Referenzzeitraum nicht zutreffend abgebildet werden. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der Leistung sprechen die Gesetzeshistorie und -begründung dafür, dass dann ausnahmsweise eine Anpassung des Referenzzeitraums vorzunehmen ist.
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