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Infektion mit Coronavirus als Dienstunfall?

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 30 Minuten

Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung eines Dienstunfalls.

Er steht als Zollamtsinspektor - Dienststelle Hauptzollamt B-Stadt - im Dienst der Beklagten.

Am 21. März 2021 verrichtete der Kläger zusammen mit seiner Streifenpartnerin Zollamtsinspektorin T. Streifen- und Kontrolldienst im Bereich der Bundesautobahn 2. Nachdem er am Morgen des 25. März 2021 erste Symptome einer COVID-19 Erkrankung und damit einer SARS-CoV-2 Infektion zeigte, ergab ein bei ihm am 31. März 2021 durchgeführter PCR-Test den positiven Befund einer SARS-CoV-2 Infektion.

Mit Dienstunfallmeldung vom 10. Mai 2021 beantragte der Kläger bei der A. A-Stadt die Anerkennung der COVID-19 Erkrankung als Dienstunfall. Er führte aus, er habe sich im Verlauf der Dienstzeit am 21. März 2021 mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert. Seine Streifenpartnerin Zollamtsinspektorin T. habe ebenfalls eine SARS-CoV-2 Infektion erlitten. Seine ersten Symptome seien am Morgen des 25. März 2021, also innerhalb des RKI-Mittels von 5 bis 6 Tagen aufgetreten. Am 20. März 2021 habe er keinen Dienst verrichtet und allenfalls nur kurzfristige Kontakte mit anderen Menschen im Freien unter Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen gehabt. Er habe während der COVID-19 Erkrankung an Durchfall, Frösteln, Kopf-, Nacken-, Gelenk- und Gliederschmerzen, Erschöpfung, Schwindel, Kurzatmigkeit, Abgeschlagenheit, Schmerzen im Bereich Lunge und Herz, blutigen Auswurf und Angstattacken gelitten. Zudem befinde er sich aktuell in einer Post-COVID Behandlung.

Mit Bescheid vom 05. Juli 2021 lehnte die A. A-Stadt die Anerkennung der SARS-CoV-2 Infektion als Dienstunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, im vorliegenden Fall fehle es an der zeitlichen und örtlichen Bestimmbarkeit des Infektionszeitpunktes gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Nach einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus treten die ersten Krankheitsanzeichen nach 1 bis 4 Tagen auf, im Durchschnitt nach 5 bis 6 Tagen. Da bei dem Kläger die ersten Symptome am 25. März 2021 aufgetreten seien, müsse die Infektion mit dem Virus irgendwann zwischen dem 12. und 24. März stattgefunden haben. Die Tatsache, dass der Kläger 4 Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome Streifendienst verrichtet habe, beweise nicht, dass der Kläger sich zwingend bei dieser dienstlichen Tätigkeit infiziert habe. Es könne nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Kläger sich am 21. März 2021 im Rahmen seines Dienstes mit dem SARS-CoV-2 Virus angesteckt habe. Die Infektion könne auch bereits vor dem 21. März 2021 oder danach bzw. zu jedem anderen Zeitpunkt und an jedem anderen Ort stattgefunden haben. Insbesondere auch deshalb, weil die dienstliche Kontrolltätigkeit in Freien stattgefunden habe, wo die Ansteckungsgefahr - anders als in geschlossenen Räumen - äußerst gering sei. Eine Ansteckung im privaten Lebensbereich früher oder später sei ebenso möglich. Wann und wo sich die Infektion des Klägers letztlich ereignet habe, sei nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen. Selbst durch den Umstand, dass sich seine Streifenpartnerin ebenfalls mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert habe, werde nicht der Beweis erbracht, dass sich der Kläger während des Dienstes am 21. März 2021 infiziert habe. Die Streifenpartnerin könne sich ebenfalls im privatem Bereich zu einem anderen Zeitpunkt mit dem Virus angesteckt haben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 05. August 2021 Widerspruch. Er führte aus, eine Ansteckung mit dem SARS-CoV-2 Virus im privaten Bereich sei ausgeschlossen. Er habe innerhalb von 5 bis 6 Tagen vor dem 21. März 2021 im privaten Bereich keinerlei Kontakte gehabt. Einzig Einkäufe seien von ihm in einem Lebensmittelmarkt vorgenommen worden. Hierbei habe er die entsprechenden Infektionsschutzmaßnahmen (Desinfektion der Hände, Desinfektion des Einkaufskorbs, Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Gestalt einer FFP2-Maske) getroffen. Eine Infektion hierbei könne daher ausgeschlossen werden. Insoweit verbleibe nur die Möglichkeit, dass er sich im Dienst am 21. März 2021 mit dem Virus angesteckt habe. Hierfür spreche auch die Tatsache, dass sich seine Kollegin, mit der er den Dienst über 9 Stunden zusammen ausgeübt habe, ebenfalls infiziert habe. Auch in ihrem häuslichen Bereich habe es weder eine Infektion, noch Krankheitssymptome gegeben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2021 wies die A. A-Stadt den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Infektionszeitpunkt sei nicht klar abzugrenzen. Dieser müsse zeitlich und örtlich nachgewiesen werden. Die Dienstunfallmeldung des Klägers gebe aber nur an, dass er sich in den gesamten Zeitraum seiner Dienstverrichtung von 7:00 bis 15:15 Uhr infiziert habe. Der Kläger vermute lediglich, dass ein Kontrollbeteiligter infiziert gewesen sei. Einen auffälligen Kontakt, eine Unterbrechung der Schutzmaßnahmen oder ein besonders dichter und längerer Kontakt zu einer bestimmten Kontrollperson beschreibe er jedoch nicht. Es sei unklar, ob eine der kontrollierten Person überhaupt infektiös gewesen sei. Der Kläger habe im vorliegenden Fall den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass er sich während der Dienstzeit und nicht in der Freizeit mit dem SARS-CoV-2 Virus infiziert habe. Dieser Nachweis liege nicht vor, denn keiner der Infektionsmöglichkeiten könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bejaht oder ausgeschlossen werden.

Der Kläger hat am 10. Januar 2022 vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben.

Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt vertiefend vor, das schädigende Ereignis sei örtlich und zeitlich bestimmbar. Zwar lasse sich Ort und Zeitpunkt einer Ansteckung mit einer Infektionskrankheit regelmäßig nicht mit der vom Gesetz geforderten Genauigkeit feststellen. Die Kausalität müsse in seinem Fall indes angenommen werden. Zum Zeitpunkt der Infektion habe ein allgemeines Kontaktverbot bestanden. Geschäfte seien geschlossen gewesen. Gleiches habe für alle Orte mit Kontaktmöglichkeiten zu anderen Personen gegolten. Ferner seien die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG gegeben. Er sei wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen einer besonderen Erkrankungsgefahr in Bezug auf COVID-19 ausgesetzt gewesen. Gegenüber den bereits generell hohen Infektionszahlen im Bundesgebiet weise die Kontrolle im internationalen Straßenverkehr ein massiv erhöhtes Infektionsgeschehen auf. Er habe gemeinsam mit seiner Streifenkollegin Zolloberamtsinspektorin T. am 21. März 2021 überwiegend Fahrzeuge aus Großbritannien oder den Niederlanden mit dem Fahrziel Polen und Litauen angehalten und kontrolliert. Die Kontrollbeteiligten in ihren Fahrzeugen hatten keine Mund-Nasen-Bedeckung getragen, zu mindestens nicht beim ersten Ansprechen. Zudem hat sich in den Fahrzeugen durch die längere Fahrzeit bedingt Aerosole der Fahrzeuginsassen gesammelt. Beim Öffnen des Fahrzeugs sei er direkt einer Aerosolwolke ausgesetzt gewesen. Er habe zudem längeren Kontakt mit einem Beteiligten in der Zeit von ca. 13:00 bis 14:00 Uhr gehabt, welcher mutmaßlich in irgendeiner Weise erkrankt gewesen sein könnte. Seine dienstliche Tätigkeit am 21. März 2021 sei auch durch den unmittelbaren Kontakt zu fremden Person, beispielsweise bei Taschenkontrollen oder beim Absuchen mit einem Rauschgiftspürhund, im unmittelbaren Umfeld der Person geprägt gewesen. Wenn infizierte Person hierbei niesen oder sprechen bestehe ein erhöhtes Risiko der Infektion. Ferner sei von einer gehäuften Erkrankung aufgrund der dienstlichen Tätigkeit vom 21. März 2021 auszugehen, weil neben ihm auch seine Streifenkollegin an COVID-19 erkrankt sei. Aufgrund dessen sei im Rahmen des Anscheinsbeweises davon auszugehen, dass die besondere Erkrankungsgefahr gerade auf die ausgeübte dienstliche Tätigkeit zurückzuführen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 05. Juli 2021 in Gestalt ihres Widerspruchbescheides vom 22. Dezember 2021 zu verpflichten, ihm antragsgemäß die SARS-CoV-2 Infektion vom 21. März 2021 als Dienstunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages wiederholt die Beklagte ihre Begründung aus den streitbefangenen Bescheiden und trägt vertiefend vor, die Anerkennung des gemeldeten Unfallereignisses als Dienstunfall scheitere, weil der Kläger der Gefahr, während seiner dienstlichen Verrichtung an einer SARS-CoV-2 Infektion zu erkranken, nicht in besonderem Maße ausgesetzt gewesen sei. Die im Dienstunfallrecht geforderte hohe Wahrscheinlichkeit an einer Infektionskrankheit zu erkranken, also die besondere Infektionsgefahr sei nicht gegeben. Abgestellt auf die dienstliche Tagesverrichtung am 21. März 2021 sei der Kläger auf einen durchschnittlichen Bevölkerungsanteil (Kontaktpersonen) getroffen, der sich ebenso an die Schutzvorgaben gehalten habe und damit prozentual kein erhöhtes Infektionsgeschehen aufweise, als der Kläger behaupte. Die Durchseuchung der Kontaktpersonen sei dem Grunde nach dem Anteil der Durchseuchung der allgemeinen Bevölkerung gleichzusetzen. Die dienstliche Verrichtung des Klägers umfasse zwar die Arbeit mit anderen Personen, jedoch nicht an anderen Personen, sodass während der gesamten Tätigkeit eine körperliche Distanz zwischen den Kontaktpersonen und dem Kläger bestanden habe, auch wenn kurzfristig der Mindestabstand unterschritten gewesen sei. Zudem vermindere die Tätigkeit im Freien im Gegensatz zu Dienstverrichtung in geschlossenen Räumen das Infektionsrisiko. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Berufsgruppe der Zollbeamten generell einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt sei. Der Kläger sei mit seinen dienstlichen Tätigkeiten am 21. März 2021 keiner besonderen Gefährdung einer SARS-CoV-2 Infektion ausgesetzt gewesen. Es sei zwar die Möglichkeit einer Infektion während der Dienstzeit zu bejahen, sie sei aber nicht höchstwahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit sei genauso hoch, wie die, eine Infektion im privaten Umfeld zu erleiden.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

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