Gegenstand des Verfahrens ist in materiell-rechtlicher Hinsicht die Frage, ob die für die Durchführung von Corona-Selbsttests auf Grundlage von § 3a Abs. 2 SächsCoronaSchVO erforderliche Zeit als
Arbeitszeit im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn einzuordnen ist und ob ein Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats gemäß
§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bei der zeitlichen Durchführung der Selbsttests besteht, sofern Arbeitnehmer in einem Einzelhandelsunternehmen mit Kundenkontakt aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Durchführung der Tests verpflichtet sind.
Bei dieser Rechtsfrage handelt es sich um eine bislang höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage. Anders als bei Fragen der Umkleidezeit besteht, entgegen der Auffassung des Betriebsrats, gerade keine eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu dieser Problematik.
Soweit der Betriebsrat geltend macht, dass die für die Durchführung der Selbsttests erforderliche Zeit schon deswegen als Arbeitszeit im Sinne des Betriebsverfassungsrechts einzuordnen sei, da die Tests als gesundheitspolizeiliche Maßnahme allein fremdnützig seien und sich zur Begründung auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Untersuchung der Belegschaft in Lebensmittelbetrieben auf ansteckende Krankheiten beruft (BAG, 10.05.1957 - Az: 2 AZR 56/55), kann hieraus nicht ohne Weiteres auf eine eindeutige Rechtslage geschlossen werden.
Abweichend von dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt beinhaltet die Sächsische Corona-Schutzverordnung ein System einer Testpflicht, dass die hierdurch entstehenden Lasten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern verteilt. Der Verordnungsgeber der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung hat in § 3a Abs. 2 die durch die Testpflicht entstehenden Lasten zwischen
Arbeitgebern und
Arbeitnehmern in der Weise verteilt, dass die Testpflicht allein die Arbeitnehmer trifft und Verstöße hiergegen nur für die Arbeitnehmer bußgeldbewehrt sind, § 11 Abs. 2 Nr. 2 lit. e) SächsCoronaSchVO, während die Bereitstellung der Tests und die Kostentragung allein die Arbeitgeber trifft und Verstöße hiergegen nur für die Arbeitgeber bußgeldbewehrt sind, § 11 Abs. 2 Nr. 2 lit. d) SächsCoronaSchVO. Diese Wertung des Verordnungsgebers ist bei der Anwendung des betriebsverfassungsrechtlichen Arbeitszeitbegriffs auf den vorliegenden Sachverhalt zu berücksichtigen.
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