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Kündigung eines Angestellten im Polizeidienst wegen Identifikation mit Reichsbürger-Ideologie

Arbeitsrecht | Lesezeit: ca. 6 Minuten

Nicht jede Kündigung ist zulässig. ➠ Lassen Sie sich beraten.
Eine Kündigung eines Angestellten im Polizeidienst ist wegen seiner Identifikation mit der sog. Reichsbürger-Ideologie wirksam.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger war seit dem 01. Juli 2019 bei der Freien und Hansestadt beschäftigt und als Angestellter im Polizeidienst u.a. im Objektschutz tätig und mit der Bewachung von Generalkonsulaten und jüdischen Einrichtungen betraut. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.

Auf seinem - inzwischen gelöschten - Linked-In-Profil gab der Kläger „Polizeidienst bei der Polizei Hamburg“ an.

In einem auf seiner Homepage verlinkten Video fragte der Kläger: „#3 Talk About… Ist Deutschland besetzt oder frei? Einfach mal frei nach Schnauze!“. In diesem Video führte der Kläger u.a. aus, dass er das Grundgesetz als „Scheißdreck von Verfassung“ verstehe und von der Logik her das Grundgesetz „von unseren Besatzern“ und eine „nette Art Betriebsordnung“ sei. Ferner führte der Kläger in dem Video aus, dass er mittlerweile immer mehr davon überzeugt sei, „dass wir ein besetztes Gebiet sind“.

Das Landesamt für Verfassungsschutz rechnet den Kläger dem Beobachtungsobjekt „Reichsbürger und Selbstverwalter“ zu.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12. November 2020 ordentlich zum 31. Dezember 2020.

Das Arbeitsgericht Hamburg gab der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage statt und führte aus, dem Kläger fehle zwar die persönliche Eignung für die Tätigkeit als Angestellter im Polizeidienst. Es lägen Anhaltspunkte für Zweifel an der Zuverlässigkeit und Verfassungstreue des Klägers vor, weil sich der Kläger jedenfalls entscheidende Fragestellungen der sog. Reichsbürger-Ideologie zu eigen gemacht habe. Die Kündigung sei aber nicht sozial gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam, weil es der Beklagten zumutbar gewesen wäre, den Kläger auf einem weniger sicherheitsempfindlichen Arbeitsplatz zu beschäftigen.

Auf die von der Beklagten eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht Hamburg das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts lagen begründete Zweifel an der Verfassungstreue des Klägers vor, womit es dem Kläger an der Eignung für die vertraglich geschuldete Tätigkeit im öffentlichen Dienst mangele. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L sind die Beschäftigten der beklagten Stadt verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zu bekennen. Das Maß der einem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes abzuverlangenden Loyalität gegenüber der Verfassung bestimme sich nach der Stellung und dem Aufgabenkreis. Er müsse aber ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als er nicht davon ausgehen dürfe, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen.

Die vom Kläger im Internet dargestellten Äußerungen und seine Nähe zur sog. Reichbürger-Ideologie würden zeigen, dass der Kläger – zumal als Angestellter im Polizeidient – nicht das erforderliche Maß an Verfassungstreue aufweise. Der öffentliche Arbeitgeber müsse keine Arbeitnehmer beschäftigen, die das ihnen abzuverlangende Maß an Verfassungstreue nicht jederzeit aufbringen. Die Beklagte sei auch nicht gehalten gewesen, den Kläger auf einem anderen – weniger sicherheitsempfindlichen – Arbeitsplatz einzusetzen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.


LAG Hamburg, 22.04.2022 - Az: 7 Sa 49/21

Quelle: PM des LAG Hamburg

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