Im deutschen Arbeitsrecht gab es lange Zeit eine klare Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten, die sowohl rechtliche als auch sozialversicherungstechnische Auswirkungen hatte.
Diese Unterscheidung war für die Bestimmung der Rentenversicherungszuständigkeit von entscheidender Bedeutung. Allerdings hat sich diese Unterscheidung im Laufe der Jahre stark gewandelt und ist heute weniger bedeutsam als früher.
Heute hängt sie vor allem von der wahrgenommenen Art der Tätigkeit ab und hat weniger rechtliche und sozialversicherungstechnische Auswirkungen als früher. Die rechtliche Entwicklung spiegelt auch gesellschaftliche Veränderungen wider, insbesondere in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Anpassung an moderne
Arbeitsverhältnisse.
Historischer Hintergrund
Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten geht auf die Anfänge des deutschen Arbeitsrechts zurück. Sie wurde traditionell anhand von Merkmalen wie der Art der Tätigkeit, der Vertragsgestaltung und der Stellung im Unternehmen getroffen.
Arbeitnehmer, die überwiegend körperliche Arbeit verrichteten, galten als Arbeiter, während diejenigen, die geistige oder leitende Aufgaben ausführten, als Angestellte eingestuft wurden.
Wandel im Arbeitsrecht
In den letzten Jahrzehnten hat sich das Arbeitsrecht in Deutschland erheblich gewandelt. Eine der wichtigsten Veränderungen war die Annäherung der Rechte und Pflichten von Arbeitern und Angestellten.
Dieser Prozess wurde durch verschiedene Gesetzesänderungen und Gerichtsentscheidungen vorangetrieben. Die traditionellen Kriterien, die zur Unterscheidung herangezogen wurden, wurden überarbeitet und erweitert.
Verkehrsanschauung als entscheidendes Kriterium
Heute hängt die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten in erster Linie von der sogenannten „Verkehrsanschauung“ ab. Dies bedeutet, dass nicht mehr allein auf die formellen Merkmale eines
Arbeitsvertrags oder die Stellung im Unternehmen abgestellt wird, sondern vielmehr darauf, wie die Tätigkeit von der Allgemeinheit wahrgenommen wird. Das bedeutet, dass die Art der ausgeübten Tätigkeit und die damit verbundenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten entscheidend sind.
Kriterien für Angestellte
Gemäß § 133 des Sozialgesetzbuchs VI (SGB VI) werden Angestellte definiert als Personen, die entweder in dieser Vorschrift ausdrücklich aufgeführt sind oder die kaufmännische, büromäßige Arbeit leisten oder eine überwiegend leitende, beaufsichtigende oder vergleichbare geistige Tätigkeit ausüben. Dies bedeutet, dass es nicht nur auf die Position im Unternehmen ankommt, sondern vor allem auf die Art der Tätigkeit. Beispiele für Angestellte sind Verkäufer, Werkmeister, Kassierer und Musiker.
Kriterien für Arbeiter
Arbeiter hingegen sind Personen, die vorwiegend körperliche Arbeit verrichten. Dies schließt Berufe wie Zahntechniker, Floristen, Lageristen, Kraftfahrer, Kellner, Eisverkäufer, Bardamen und Stripteasetänzerinnen ein. Auch hier steht die Art der Tätigkeit im Vordergrund, unabhängig von der Position im Unternehmen.
Auswirkungen auf die Sozialversicherung
Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten hatte historisch gesehen erhebliche Auswirkungen auf die Sozialversicherung. Zum Beispiel wurde die
gesetzliche Rentenversicherung für Angestellte in der Regel von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) verwaltet, während die Zuständigkeit für Arbeiter oft bei den regionalen Landesversicherungsanstalten (LVA) lag. Diese Unterscheidung hatte steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Konsequenzen für die Betroffenen.
Veränderungen in der Sozialversicherung
Im Laufe der Jahre hat sich jedoch auch in der Sozialversicherung vieles verändert. Die Unterschiede in der Rentenversicherungszuständigkeit zwischen Arbeitern und Angestellten sind heute weniger ausgeprägt. Die Zuständigkeit für die gesetzliche Rentenversicherung wird jetzt in erster Linie nach dem Wohnort des Versicherten bestimmt und hängt weniger von der Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten ab.
Einfluss auf andere Rechtsbereiche
Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten hat nicht nur Auswirkungen auf die Sozialversicherung, sondern auch auf andere Rechtsbereiche wie das Arbeitsrecht, das Kündigungsrecht und das Tarifrecht. Zum Beispiel können
Tarifverträge unterschiedliche Regelungen für Arbeitnehmergruppen vorsehen, die auf der Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten beruhen. Auch im Kündigungsschutzrecht gelten unterschiedliche Regelungen je nach Status des
Arbeitnehmers.
Gleichstellung der Geschlechter
Die Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten war in der Vergangenheit auch mit geschlechtsspezifischen Unterschieden verbunden. Frauen waren oft in Berufen tätig, die als „weibliche“ oder „niedrigere“ Arbeitnehmergruppen galten und daher schlechtere Arbeitsbedingungen und Bezahlung hatten. Diese geschlechtsspezifischen Unterschiede wurden im Laufe der Zeit aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen und rechtlicher Reformen abgebaut, und es wurde eine größere Gleichstellung der Geschlechter erreicht.