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Erstattungsfähigkeit von Kosten für Corona-Schutzmaßnahmen (Desinfektionskosten) nach einem Verkehrsunfall

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 28 Minuten

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Den Geschädigten trifft eine Obliegenheit zu einer gewissen Plausibilitätskontrolle der von der Werkstatt bei Vertragsschluss geforderten bzw. später berechneten Preise.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer auf Zahlung von restlichem Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall in Anspruch.

Der Pkw der Klägerin wurde bei einem Verkehrsunfall am 25. August 2020 beschädigt. Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit. Zur Ermittlung des Schadens am Fahrzeug holte die Klägerin ein Sachverständigengutachten ein. Das Gutachten wies als Teil der Reparaturkosten einen Betrag von 136,40 € netto für Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus aus, der sich aus zweimal 53,20 € für „Covid Maßnahme vor Rep. 4 AW“ und „Covid Maßnahme nach Rep. 4 AW“ sowie je 15 € für „Schutzmat. Cov.19 vor Rep.“ und „Schutzmat. Cov.19 nach Rep.“ zusammensetzte.

Die Klägerin ließ ihr Fahrzeug reparieren. Die Werkstatt stellte für Corona-Schutzmaßnahmen insgesamt 157,99 € brutto (inklusive 16 % Mehrwertsteuer) in Rechnung, und zwar in einer ersten Rechnung je 60,60 € netto für „Schutzmaßnahmen COVID-19 vor Rep.“ und „Schutzmaßnahmen COVID-19 nach Rep.“ und in einer zweiten Rechnung weitere 15 € netto für „Schutzmaßnahmen COVID-19“. Die Beklagte lehnte eine Zahlung hierfür ab. Die Klägerin behauptet, sie habe die Rechnungen der Werkstatt beglichen.

Das Amtsgericht hat der auf Zahlung von 157,99 € nebst Zinsen gerichteten Klage in voller Höhe stattgegeben und die Berufung zugelassen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil des Amtsgerichts abgeändert und unter Abweisung der Klage im Übrigen und Zurückweisung der weitergehenden Berufung die Beklagte zur Zahlung von 33,18 € nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Hierzu führte das Gericht aus:

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren relevant, ausgeführt:

Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach stehe nicht in Streit. Die Beklagte sei zur Übernahme von im Zusammenhang mit der Fahrzeugdesinfektion anfallenden Kosten grundsätzlich verpflichtet. Kosten hierfür seien aber nur in Höhe von 33,18 € ersatzfähig. Bei einer Plausibilitätskontrolle hätte sich einem wirtschaftlich denkenden Geschädigten aufdrängen müssen, dass die von der Werkstatt in Rechnung gestellten Kosten in Höhe von 157,99 € brutto deutlich überhöht seien. Eine Fahrzeugdesinfektion beinhalte Maßnahmen, die gerade in der Pandemielage im Jahr 2020 typischerweise für jedermann und ohne Weiteres einer überschlägigen Plausibilitätskontrolle zugänglich gewesen seien. Als Arbeitsschritte kämen ein Abwischen bzw. Besprühen von Kontaktflächen innerhalb und außerhalb des Fahrzeugs sowie als Materialbedarf das Reinigungs- bzw. Desinfektionsmittel und ggf. Wischtücher sowie Schutzmaterialien für den jeweiligen Mitarbeiter in Betracht. Ein erhöhter Zeitbedarf sei nicht zu erkennen. Sonderkenntnisse in technischer Hinsicht zur Bewertung der Arbeitsschritte seien zur Überprüfung nicht erforderlich. Hieraus folge, dass der tatsächlichen Bezahlung der Rechnung bei Übereinstimmung mit der Preisvereinbarung eine Indizwirkung für die subjektive Annahme einer Erforderlichkeit nicht zukomme. Für den Geschädigten bestünden im Fall von Desinfektionskosten aufgrund der Nähe zum durchschnittlichen Erfahrungswissen keine besonderen Schwierigkeiten, eine Überhöhung im Rahmen der Plausibilitätskontrolle festzustellen. Auf die Behauptung der Klägerin, sie habe tatsächlich einen Betrag von 157,99 € für Fahrzeugdesinfektionsmaßnahmen aufgewendet, komme es daher nicht an. Das Berufungsgericht bestimme den tatsächlich erforderlichen Betrag im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 ZPO wie folgt: Erforderlich und angemessen sei ein Desinfizieren der Kontaktflächen. Hierfür schätze das Berufungsgericht als Aufwand eine Dauer von jeweils fünf Minuten bei Hereinnahme und Rückgabe des Fahrzeugs, was einem Arbeitswert (1 AW) je Durchführung entspreche. Da diese Tätigkeit keine besonderen Fähigkeiten voraussetze und von Aushilfskräften erledigt werden könne, sei der niedrigste im Sachverständigengutachten und der Werkstattrechnung ausgewiesene Arbeitslohn in Höhe von 15,43 € brutto anzusetzen. Hinzu komme ein Materialeinsatz für Desinfektionsmittel, ggf. Reinigungstücher, Einmalhandschuhe und Schutzmasken in Höhe von 1,16 € brutto. Insgesamt ergebe sich ein Betrag von 33,18 €.

Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.

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