Platzt während einer Autobahnfahrt plötzlich ein Reifen aufgrund des Eindringens eines Fremdkörpers, stellt dies nach der
Kaskoversicherung einen
Unfall gemäss Ziffer A.2.3.2 und keinen Schaden aufgrund eines Betriebsvorgangs dar.
Bei Fahrzeugschäden handelt es sich im Zweifel um Betriebsschäden i.S.d. AKB, wenn sie aus solchen Risiken entstehen, denen das Fahrzeug nach seiner Verwendung im gewöhnlichen Fahrbetrieb ausgesetzt ist. Dafür genügt es nicht, dass der Schaden beim normalen Betrieb eines Kraftfahrzeugs eingetreten ist, vielmehr können auch beim normalen Fahrbetrieb Schäden eintreten, die indes, gegebenenfalls mittelbar, auf die Verwirklichung eines ungewöhnlichen Risikos zurückzuführen sind.
Aus den in Abs. 2 Satz 2 der Nr. A.2.3.2 AKB aufgeführten Brems- oder Betriebsvorgängen, die nicht versichert sein sollen, ergibt sich in der Gesamtschau, dass der Versicherer damit insbesondere Schäden aufgrund von Fehlern des Versicherungsnehmers sowie Schäden aufgrund von Abnutzung/Verschleiß aus dem Versicherungsschutz ausschließen will. Im Umkehrschluss ergibt sich aus dieser Auslegung zugleich, dass im Grundsatz solche Schäden versichert sein müssen, bei denen die Unfalldefinition von Abs. 1 Satz 2 zutrifft, und zudem weder Abnutzung noch ein Bedienungsfehler als Ursache in Betracht kommt.
Wurde ein Reifenplatzer mit entsprechenden weiteren Schäden an den reifennahen Karosserieteilen durch einen an der Innenseite des Reifens befindlichen und von außen nicht sichtbaren größeren Fremdkörper verursacht, der sich in den Reifen eingefahren hatte, so handelt es sich um einen versicherten Unfall i.S.d. Nr. A.2.3.2. AKB, wenn ein Bedienungsfehler des Versicherungsnehmers nicht vorlag, und das in das Fahrzeug eingebaute RDKS-System einen Druckverlust nicht gemeldet hatte, weil dieser offensichtlich plötzlich erfolgt war.
Hierzu führte das Gericht aus:
Der Reifenplatzer mit entsprechenden weiteren Schäden an den reifennahen Karosserieteilen wurde nach dem Sachverständigengutachten durch einen größeren Fremdkörper verursacht, der sich in den Reifen eingefahren hatte. Die am Reifen vorhandenen Verschleißerscheinungen waren nicht schadensursächlich. Ein Bedienfehler liegt nicht vor; es ist insbesondere nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass der Kläger das Einfahren des Gegenstandes hätte vermeiden können. Die Einfahrstelle befand sich an der Innenseite des Reifens und war für den Kläger nicht zu sehen. Das in das Fahrzeug eingebaute RDKS-System hat einen Druckverlust nicht gemeldet, wohl weil dieser plötzlich erfolgte.
Damit handelt es sich zunächst nicht um einen der Fälle, die in Abs. 2 Satz 2 von Ziff. A.2.3.2 AKB beispielhaft aufgeführt sind. Auch die Definition eines Unfalls in Abs. 1 Satz 2 der Klausel ist im vorliegenden Fall erfüllt. Das unmittelbar und plötzlich mit mechanischer Gewalt auf das Fahrzeug einwirkende Ereignis ist hier nicht der Reifenplatzer als solcher, sondern das Einfahren des größeren Fremdkörpers. Wie ausgeführt, steht es der Annahme eines Unfalls i.S. der Versicherungsbedingungen nicht entgegen, dass der eigentliche Schaden (Platzen des Reifens mit Beschädigung der Karosserie) wohl erst nach einem allmählichen Einarbeiten des Fremdkörpers in den Reifen eingetreten ist. Schließlich musste der eingedrungene größere Fremdkörper auch nicht bauartbedingt schadlos überstanden werden. Bei der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel in Ziff. A.2.3.2 Abs. 2 AKB ist hier von der Verwirklichung eines außergewöhnlichen Risikos auszugehen, mit dessen Eintritt der Kläger nicht zu rechnen brauchte. Kleine Fremdkörper wie etwa kleine Steinchen, Rollsplitt oder auch kleine Metallteile bleiben üblicherweise in dem Profil von Reifen hängen, jedoch in aller Regel ohne dort Schaden zu verursachen, jedenfalls solange der Reifen nicht vorgeschädigt ist. Solche kleinen Gegenstände können sich von vornherein nicht bis in das Innere eines im Übrigen intakten Reifens vorarbeiten, weil ihnen die erforderliche Größe/Länge fehlt. Demgegenüber liegen größere Gegenstände schon nicht üblicherweise auf der Fahrbahn, insbesondere nicht so, dass ihnen nicht ausgewichen und ein Unfall auf diese Weise vermieden werden kann.
Die Folge: Die Vollkaskoversicherung muss für Schäden durch Reifenplatzer infolge eines von außen eingedrungenen Fremdkörpers einstehen.