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Verkehrssicherungspflicht bei Straßenbäumen: Keine Pflicht zur Hubwagenkontrolle ohne erkennbare Schadensanzeichen

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch eine Gemeinde oder sonstigen Träger der Straßenbaulast liegt nur vor, wenn bei der regelmäßig gebotenen Kontrolle von Bäumen erkennbare Anzeichen einer Schadhaftigkeit übersehen oder nicht beachtet werden. Eine Pflicht zur Untersuchung von Bäumen mittels Hubwagens besteht nur dann, wenn konkrete Umstände auf eine besondere Gefährdung hinweisen.

Die Verkehrssicherungspflicht umfasst die regelmäßige visuelle Kontrolle („Inaugenscheinnahme“) der Straßenbäume vom Boden aus. Diese Kontrolle muss fachlich qualifiziert erfolgen und sich daran orientieren, ob für einen sorgfältigen Beobachter sichtbare Schäden oder Warnzeichen bestehen. Das allgemeine Risiko, dass Äste von Bäumen herabfallen können, begründet keine zusätzliche Kontrollpflicht. Der Grundsatz der Zumutbarkeit und finanziellen Machbarkeit ist stets zu berücksichtigen (vgl. BGH, 04.03.2004 - Az: III ZR 225/03).

Die Erforderlichkeit einer Untersuchung mit technischen Hilfsmitteln wie einem Hubwagen setzt besondere Umstände voraus. Solche liegen etwa dann vor, wenn der Baum aufgrund seiner Lage, seines Alters, seiner Art oder einer erkennbaren Vorschädigung ein erhöhtes Gefährdungspotenzial aufweist. Die Rechtsprechung bejaht eine solche Pflicht beispielsweise bei dicht belaubten oder über Jahre ungeschnittenen Bäumen, wenn die Krone den Blick auf gefährdete Äste versperrt oder sich der Baum an exponierter Stelle befindet, an der erhebliche Personen- oder Sachschäden drohen können (vgl. OLG Brandenburg, 07.03.2000 - Az: 2 U 58/99; OLG Brandenburg, 17.07.2001 - Az: 2 U 99/00; OLG Koblenz, 25.02.2002 - Az: 12 U 1214/00).

Fehlen dagegen Anzeichen einer konkreten Schadensgefahr, genügt die Bodeninspektion. Weder die Höhe des Baumes noch seine Art allein rechtfertigen eine Hubwagenprüfung. Eine Pflichtverletzung liegt daher nicht vor, wenn eine Gemeinde eine ordnungsgemäße Inaugenscheinnahme vom Boden aus vorgenommen hat und keine Hinweise auf Schadhaftigkeit bestanden.

Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer behaupteten Pflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden durch herabfallende Äste trägt der Geschädigte die Darlegungs- und Beweislast. Er hat nachzuweisen, dass die beanstandete Kontrollmaßnahme bei ordnungsgemäßer Durchführung den später herabfallenden Ast als schadhaft erkannt hätte. Beweiserleichterungen kommen nicht in Betracht, wenn der Schadensverlauf nicht typisch ist oder nur ein kleiner Ast ohne vorher erkennbare Mängel herabgefallen ist. Bei Ästen geringen Durchmessers besteht regelmäßig keine Pflicht, jeden einzelnen zu untersuchen oder zu bewerten, sofern keine sonstigen Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr bestehen.

Fehlt es sowohl an einer Pflichtverletzung als auch an der nachweisbaren Ursächlichkeit zwischen dem behaupteten Versäumnis und dem Schadenseintritt, scheidet ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht aus.


OLG Frankfurt, 27.06.2007 - Az: 1 U 30/07

ECLI:DE:OLGHE:2007:0627.1U30.07.0A

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