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Nach zehn Minuten darf nicht einfach abgeschleppt werden!

Verkehrsrecht | Lesezeit: ca. 7 Minuten

Wird ein verbotswidrig ohne gültigen und sichtbar ausgelegten Parkschein abgestelltes Fahrzeug bereits nach 10 Minuten abgeschleppt, so ist dies auch dann unverhältnismäßig, wenn das Fahrzeug auf einer stark befahrenen Straße mit vielen Parkplatzsuchenden abgestellt wurde und die Höchstparkdauer dort nur eine Stunde beträgt.

Hierzu führte das Gericht aus:

Die Beklagte kann ihre Erstattungsforderung nicht auf § 19 Abs. 1 HmbVwVG stützen, wonach die Kosten, einer Ersatzvornahme vom Pflichtigen zu erstatten sind. Fraglich ist bereits, ob der Kläger unter Verstoß gegen § 12 Abs. 3 Nr. 8 e i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 StVO in Höhe der Grindelallee 157 geparkt hat. Unstreitig hat er am 30. Mai 2005 einen Parkschein mit der Endzeit 11:42 Uhr gelöst. Dieser Parkschein galt entgegen dem Aufdruck auch nicht etwa für die nicht existierende Hausnummer Grindelallee 573. Vielmehr bezieht sich die Angabe auf die Nr. des in Höhe der Grindelallee 161 aufgestellten Parkscheinautomaten. Dies hat der Kläger durch die eingereichte Aufnahme des Parkscheinautomaten zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht.

Allerdings ergibt sich aus der entrichteten Gebühr von 0,50 €, dass der Kläger den Parkschein 30 Minuten zuvor, mithin um 11:12 Uhr gelöst haben muss. In dem Gebührenbescheid vom 30. Juni 2005 ist als Anfangszeit des verkehrswidrigen Parkens 11:10 Uhr notiert worden, was auf den ersten Blick dafür spricht, dass der Kläger den Parkschein erst nachträglich nach dem Einschreiten des Polizeibediensteten gelöst hat. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung jedoch auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts verneint. Vielmehr hat er zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft dargelegt, dass er den Parkschein sogleich nach dem Abstellen des Fahrzeuges gelöst und sodann auf den Beifahrersitz gelegt hat. Er hat weiter erklärt, dabei keinen Polizeibediensteten vor Ort bemerkt zu haben. Der Kläger machte auf das Gericht nicht den Eindruck eines „Schlitzohres“. Vielmehr hält die Einzelrichterin es für möglich, dass der Polizeibedienstete gerade in dem Moment, als der Kläger sich von seinem Fahrzeug entfernte, zum Automaten ging und dort mit dem Lösen des Parkscheins beschäftigt war, das Entfernen des Fahrzeuges angeordnet hat. Oder aber der Bedienstete der Beklagten hat den Parkschein auf dem Beifahrersitz nicht wahrgenommen und ging deshalb davon aus, das Fahrzeug sei verbotswidrig geparkt worden.

Ob die Auslage des Parkscheines auf dem Beifahrersitz als von außen gut lesbar" im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 StVO angesehen werden kann, erscheint zwar fraglich, aber hierauf kommt es nicht entscheidend an. Denn selbst wenn der Kläger zum Zeitpunkt des Einschreitens des Polizeibediensteten noch keinen gültigen Parkschein gut sichtbar im Fahrzeug ausgelegt haben sollte, verstößt die Inanspruchnahme des Klägers für den abgebrochenen Abschleppvorgang gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, In dem Gebührenbescheid ist lediglich eine Verweildauer von 10 Minuten dokumentiert worden. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Höchstparkdauer an dieser Stelle nur eine Stunde beträgt und es sich bei der. Grindelallee um eine stark befahrene Straße mit vielen Parkplatzsuchenden handelt, ist die Anordnung der Beseitigung eines ohne einen gültigen und gut sichtbar ausgelegten Parkschein versehenen Fahrzeuges nach bereits 10 Minuten unverhältnismäßig. Die Missachtung der von dem Parkscheinautomaten ausgehenden Anordnung, nur mit gültigem Parkschein zu parken, beeinträchtigt zwar dessen verkehrsregelnde Funktion, durch Anordnung zeitlich begrenzten Parkens knappen Parkraum möglichst vielen Kraftfahrern zur Verfügung zu stellen, aber nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss in diesen Fällen vor der Anordnung der Abschleppmaßnahme eine angemessene Wartezeit verstrichen sein. Dabei kommt es nach Auffassung des Gerichts nicht darauf an, ob von vornherein kein Parkschein gut sichtbar ausgelegt wird oder ob die gelöste Parkzeit überschritten wird. Für die Bemessung der Wartefrist hält das Gericht eine Orientierung an die in dem jeweiligen Bereich geltende abstrakte Höchstparkdauer für angemessen. Dies wäre hier mindestens eine Stunde. Eine solche angemessene Wartefrist ist nach Aktenlage dem Kläger bei weitem nicht eingeräumt worden, da bereits nach 10 Minuten die Abschleppmaßnahme angeordnet worden ist.


VG Hamburg, 02.02.2010 - Az: 13 K 1186/07

ECLI:DE:VGHH:2010:0202.13K1186.07.0A

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Natalie Reil, Landshut