Nach § 81a Abs. 2 StPO steht die Anordnungskompetenz für eine Blutentnahme grundsätzlich dem Richter zu, da der Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nur unter Wahrung des Richtervorbehalts zulässig ist. Eine Ausnahme besteht lediglich bei Gefahr im Verzug, wenn die Einholung einer richterlichen Entscheidung den Untersuchungserfolg gefährden würde. In diesen Fällen sind die den Eilfall begründenden Tatsachen zu dokumentieren, um eine spätere rechtliche Überprüfung zu ermöglichen.
Die Strafverfolgungsbehörden sind verpflichtet, auch in alltäglichen Ermittlungsverfahren ernsthaft zu versuchen, eine richterliche Entscheidung einzuholen, notfalls telefonisch. Die Annahme von Gefahr im Verzug ist auf tatsächliche Ausnahmefälle beschränkt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, 12.02.2007 - Az: 2 BvR 273/06) und den Entscheidungen der Obergerichte (OLG Stuttgart, 26.11.2007 - Az: 1 Ss 532/07; OLG Hamburg, 04.02.2008 - Az: 2–81/07) ist eine Blutentnahme ohne richterliche Anordnung nur dann zulässig, wenn der Versuch der richterlichen Erreichbarkeit erfolglos bleibt oder ein tatsächlicher Zeitverlust zu einem Beweismittelverlust führen würde. Dies gilt gleichermaßen für Trunkenheits- wie für Drogendelikte.
Der richterliche Bereitschaftsdienst ist organisatorisch so ausgestaltet, dass eine richterliche Entscheidung regelmäßig innerhalb kurzer Zeit – auch zur Nachtzeit – erreichbar ist. Eine bloße Berufung auf allgemeine Annahmen über den raschen Abbau von Alkohol oder Drogen reicht nicht aus, um Gefahr im Verzug zu begründen. Gerade bei höheren Alkoholisierungen können kurze zeitliche Verzögerungen durch Rückrechnung kompensiert werden, sodass ein Beweismittelverlust ausgeschlossen ist. Lediglich bei geringen Alkohol- oder Drogeneinwirkungen oder bei behauptetem Nachtrunk kann eine Ausnahme angenommen werden, sofern die zugrunde liegenden Umstände dokumentiert werden.
Ein ohne richterliche Anordnung erfolgter Eingriff stellt einen Verstoß gegen § 81a Abs. 2 StPO dar. Ob dieser zur Unverwertbarkeit führt, ist nach der sogenannten Abwägungslehre zu beurteilen. Dabei sind das staatliche Strafverfolgungsinteresse und die Schwere des Verfahrensverstoßes gegeneinander abzuwägen. Bewusste oder willkürliche Missachtungen des Richtervorbehalts stellen regelmäßig einen groben Verfahrensverstoß dar und führen zu einem Beweisverwertungsverbot (vgl. BGH, 18.04.2007 - Az: 5 StR 546/06).
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