Das Verfassen einer ansprechenden und detaillierten Artikelbeschreibung kostet Mühe. Die Verlockung ist groß, auf bereits existierende Texte zurückzugreifen. Ein kurzer Kopiervorgang, und die Beschreibung eines Mitbewerbers oder sogar des Herstellers ist in das eigene Angebot eingefügt. Was als effiziente Abkürzung erscheint, entpuppt sich jedoch häufig als kostspieliger Fehler. Immer mehr Anbieter sehen sich mit anwaltlichen Abmahnungen konfrontiert, weil sie fremde Texte für ihre eigenen Verkaufsangebote genutzt haben.
Welche Grundsätze sind bei Artikelbeschreibungen zu beachten?
Der Kern des Problems liegt im deutschen Urheberrecht. Texte, gleich welcher Art, können als sogenannte Sprachwerke nach
§ 2 Abs. 1 Nr. 1 des
Urheberrechtsgesetzes (UrhG) geschützt sein. Das Urheberrecht entsteht automatisch mit der Erschaffung des Werkes, eine besondere Registrierung oder ein Copyright-Vermerk sind dafür nicht erforderlich. Der Urheber eines Textes hat das ausschließliche Recht, über dessen Verwertung zu bestimmen. Dazu gehört insbesondere das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (
§ 19a UrhG), welches bei der Einstellung eines Textes auf einer frei zugänglichen Internetseite wie eBay relevant wird. Wer einen fremden Text ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Urhebers kopiert und in sein eigenes Angebot einfügt, begeht eine Urheberrechtsverletzung und dieser kann durch den Rechteinhaber mit rechtlichen Schritten entgegengetreten werden.
Genießen einfache Produktbeschreibungen überhaupt urheberrechtlichen Schutz?
Texte, beispielsweise in Form von Artikelbeschreibungen, sind dann urheberrechtlich geschützt, wenn die sogenannte Schöpfungshöhe erreicht ist. Es kommt keinesfalls auf die Länge des Textes an, sondern vielmehr darauf, ob der Text ein gewisses Maß an Individualität aufweist. Ob dies der Fall ist, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Je länger ein Text ist, desto eher wird von einem Schutzrecht ausgegangen werden können und je individueller er verfasst wurde, desto wahrscheinlicher ist ein Schutzrecht.
Banale oder alltägliche Formulierungen und extrem kurze Textfragmente sind dagegen in der Regel nicht geschützt. Eine bloße Aneinanderreihung technischer Daten in tabellarischer Form wird oft ebenfalls nicht als schutzfähiges Sprachwerk angesehen.
Sobald ein Text eine gewisse Individualität aufweist, die ihn von rein alltäglichen Formulierungen abhebt, kann ein Schutz bejaht werden. Dies kann sich aus einer besonderen Gliederung, einer gezielten Wortwahl zur werblichen Ansprache oder einem erkennbar eigenen Stil ergeben. Auch eine besonders treffende und anschauliche Beschreibung der Produkteigenschaften kann ausreichen. Die Gerichte gehen davon aus, dass auch Werbetexte das Ergebnis eines kreativen Prozesses sind, der schutzwürdig ist. Online-Händler sollten daher keinesfalls davon ausgehen, dass eine von einem Konkurrenten verfasste Beschreibung mangels Originalität folgenlos übernommen werden kann.
Doch auch dann, wenn kein urheberrechtlicher Schutz vorliegt, kann die Übernahme fremder Texte u.a. auch gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass auch eine aufwendig zusammengestellte Auflistung von Daten unter Umständen als Datenbankwerk nach
§ 4 Abs. 2 UrhG geschützt sein kann.
Rechte des Urhebers bei einer Verletzung des Urheberrechts
Wird eine Urheberrechtsverletzung festgestellt, stehen dem Rechteinhaber verschiedene gesetzliche Ansprüche zu. Der wichtigste ist der Anspruch auf Unterlassung gemäß
§ 97 Abs. 1 UrhG. Der Verletzer muss die rechtswidrige Nutzung des Textes sofort beenden und darf sie in Zukunft nicht wiederholen. Um die Wiederholungsgefahr auszuräumen, wird der Verletzer zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.
Darüber hinaus hat der Urheber einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG. Da der konkrete Schaden, der durch die unrechtmäßige Nutzung eines Textes entsteht, oft schwer zu beziffern ist, greift die Rechtsprechung hier auf die sogenannte Lizenzanalogie zurück. Dabei wird die Frage gestellt: Was hätten vernünftige Vertragsparteien als Lizenzgebühr für die Nutzung des betreffenden Textes vereinbart? Die Höhe dieser fiktiven Lizenzgebühr hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Qualität und Länge des Textes, seiner Werbewirksamkeit und der Dauer der unrechtmäßigen Nutzung. Für professionell erstellte Produkttexte können hier schnell Beträge im drei- oder sogar vierstelligen Bereich pro Text angesetzt werden.
Schließlich kann der Rechteinhaber auch die Erstattung der für die Abmahnung erforderlichen Rechtsanwaltskosten verlangen. Diese richten sich nach dem sogenannten Gegenstandswert, der den wirtschaftlichen Wert der Angelegenheit widerspiegelt.
Abmahnung erhalten? So reagiert man richtig!
In der Praxis wird der Rechteinhaber seine Ansprüche in der Regel zunächst außergerichtlich durch eine anwaltliche Abmahnung geltend machen. Dieses Schreiben hat den Zweck, den Konflikt schnell und ohne ein teures Gerichtsverfahren beizulegen. Eine typische Abmahnung enthält eine genaue Beschreibung des Verstoßes, oft untermauert durch Screenshots vom fraglichen eBay-Angebot. Sie legt die rechtlichen Grundlagen dar und beziffert die Forderungen, also die Unterlassung, den Schadensersatz und die Erstattung der Anwaltskosten. Beigefügt ist fast immer eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungserklärung, die der Empfänger unterschreiben und zurücksenden soll. Mit der Unterschrift verpflichtet sich der Abgemahnte, die Handlung künftig zu unterlassen und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe an den Rechteinhaber zu zahlen.
Der Erhalt einer Abmahnung ist in der Regel ein Schock. Panik ist jedoch ein schlechter Ratgeber. Das Wichtigste ist, die in dem Schreiben gesetzten Fristen ernst zu nehmen. Ein Ignorieren der Abmahnung kann dazu führen, dass der Rechteinhaber seine Ansprüche gerichtlich durchsetzt, etwa durch den Antrag auf eine einstweilige Verfügung. Dies ist mit erheblich höheren Kosten verbunden.
Genauso falsch wäre es jedoch, die beigefügte Unterlassungserklärung ungeprüft zu unterschreiben und die geforderten Beträge vorschnell zu zahlen. Die von der Gegenseite formulierten Erklärungen sind oft zu weit gefasst und können als Schuldeingeständnis für die gesamte Forderung gewertet werden. Zudem können die darin festgelegten Vertragsstrafen unangemessen hoch sein.
Der einzig sinnvolle Schritt ist es, sich von einen auf das Urheber- und Wettbewerbsrecht spezialisierten Rechtsanwalt
beraten zu lassen sowie die Abmahnung rechtlich zu überprüfen. So wird überprüft, ob die Abmahnung überhaupt berechtigt ist. Mögliche Ansatzpunkte für eine Verteidigung sind etwa die Frage, ob der abmahnende Konkurrent tatsächlich der Urheber des Textes ist bzw. ob der Text die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht. Zudem kann der Anwalt beurteilen, ob die geforderten Schadensersatz- und Anwaltskostenerstattungen der Höhe nach angemessen sind.
Modifizierte Unterlassungserklärung ist oftmals die bessere Alternative
Auch wenn die Abmahnung dem Grunde nach berechtigt sein sollte, besteht oft Verhandlungsspielraum. Ein zentrales strategisches Instrument ist hierbei die Abgabe einer sogenannten modifizierten Unterlassungserklärung. Dabei wird die vorformulierte Erklärung der Gegenseite nicht übernommen. Stattdessen wird eine eigene, auf den konkreten Verstoß beschränkte Erklärung formuliert. Diese ist so gestaltet, dass sie die Wiederholungsgefahr ausräumt und somit die Gefahr eines einstweiligen Verfügungsverfahrens bannt. Gleichzeitig enthält sie jedoch kein Schuldanerkenntnis bezüglich der Zahlungsansprüche. Dies gibt dem abgemahnten Händler die Möglichkeit, über die Höhe des Schadensersatzes und der Anwaltskosten separat zu verhandeln, ohne dem Druck eines drohenden Gerichtsverfahrens ausgesetzt zu sein. In vielen Fällen lassen sich die ursprünglich geforderten Beträge durch anwaltliche Verhandlungen deutlich reduzieren.
Kostenfalle Anwaltsgebühren und Schadensersatz
Die finanziellen Folgen einer Urheberrechtsverletzung durch Textübernahme sind nicht zu unterschätzen. Die Anwaltskosten der Gegenseite, die der Verletzer zu tragen hat, berechnen sich aus dem Gegenstandswert. Dieser wird für den Unterlassungsanspruch bei eBay-Texten von den Gerichten oft auf mehrere Tausend Euro, nicht selten 5.000 Euro oder mehr, festgesetzt. Daraus resultieren Anwaltsgebühren von mehreren Hundert Euro. Hinzu kommt der Schadensersatz nach der Lizenzanalogie, der je nach Textqualität ebenfalls einige Hundert bis über Tausend Euro betragen kann. Schnell summiert sich so eine Forderung, die den Wert des eigentlichen Artikels bei Weitem übersteigt - ein hoher Preis für eine eingesparte Stunde Arbeit.