Der Betreiber eines Flughafens ist im Rahmen seiner Eigensicherungspflicht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftSiG i. V. m. Nr. 1.1.1.2. und 1.5.4. des Anhangs der DurchführungsVO (EU) 2015/1998 verpflichtet, nicht geöffnete Kontrollspuren einer Sicherheitskontrollstelle baulich oder technisch gegen eine Umgehung der Kontrolle zu sichern.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die Verpflichtung der Klägerin, bauliche oder technische Vorkehrungen gegen eine Umgehung der Sicherheitskontrollen über nicht besetzte Kontrollspuren zu treffen, ergibt sich bereits aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftSiG in Verbindung mit Nr. 1.1.1.2. und 1.5.4. des Anhangs der DurchführungsVO (EU) 2015/1998.
Die Verantwortung der Klägerin für die bauliche und technische Sicherung der Fluggastkontrollstellen folgt aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftSiG. Entscheidend für die Abgrenzung der Eigensicherungspflicht des Flugplatzbetreibers gegenüber dem Verantwortungsbereich der Luftsicherheitsbehörde ist § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 LuftSiG. Er bestimmt den Verantwortungsbereich der Luftsicherheitsbehörden, indem er von der Eigensicherungspflicht - soweit hier von Bedeutung - nur die Geräte zur Überprüfung von Fluggästen und deren Handgepäck auf verbotene Gegenstände mittels technischer Verfahren ausnimmt. Jenseits dessen unterliegt die bauliche und technische Sicherung der Fluggastkontrollstellen als Teil der Flughafenanlage umfassend dem Flugplatzbetreiber. Das ergibt sich aus der Geschichte, dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes.
Die Eigensicherungspflicht des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftSiG geht zurück auf § 19b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung vom 18. September 1980 (BGBl. I S. 1729). Bereits der Regierungsentwurf nahm die Kontrollgeräte von der Eigensicherungspflicht aus (BT-Drs. 8/3431 S. 4, 11). Richtig ist allerdings, dass der Entwurf eine klare Abgrenzung der Verantwortungsbereiche noch nicht erkennen ließ. Die Gesetzesbegründung ist insoweit zurückhaltend, als sie von einem „gewissen präventiven Grundschutz in baulicher, technischer und personeller Hinsicht“ spricht, der von den Flughafenhaltern und Luftfahrtunternehmen übernommen werden müsse (BT-Drs. 8/3431 S. 10). Die Tragweite der Ausnahme wird allerdings bereits in der Gesetzesbegründung erkennbar. Jenseits der Fluggast- und Gepäckkontrollen, die der Gesetzentwurf als das Kernstück der Sicherheitsvorkehrungen bezeichnet, bezieht sie in die Eigensicherungspflichten auch die Flächen und Räume ein, die für die Kontrolle sonstiger Gegenstände (§ 29d Abs. 3 LuftVG-E, § 29c Abs. 3 LuftVG a. F.) erforderlich sind. Diese seien zweckgerecht bereitzustellen und vorzuhalten; ausgenommen hiervon seien die genannten Geräte (BT-Drs. 8/3431 S. 11).
Der Ausschuss für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen hat den Gesetzentwurf überarbeitet (Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 8/4039). Die Ausnahme für Kontrollgeräte wurde aus ihrem bisherigen Zusammenhang gelöst und als neuer Satz nachgestellt. Sie bezieht sich damit sprachlich auf den gesamten vorausgehenden Satz zur Eigensicherungspflicht. Diese verpflichtet, die „Flughafenanlagen, Bauwerke, Räume und Einrichtungen“ so zu erstellen, dass „die erforderliche bauliche und technische Sicherung und die sachgerechte Durchführung der personellen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen [...] ermöglicht werden“. Der Flugplatzbetreiber hat seine Anlagen so zu erstellen, dass die Luftsicherheitsbehörde nur ihre Kontrollgeräte hinzufügen muss, um die Fluggastkontrollstellen sachgerecht betreiben zu können. Alles was an baulicher und technischer Sicherung sonst erforderlich ist, liegt in der Verantwortung des Flugplatzbetreibers. Für eine weitergehende Begrenzung seiner Eigensicherungspflicht gibt das Gesetz keinen Anhalt. Dem entspricht die Begründung der Beschlussempfehlung. Nach ihr werden die Betreiber durch die Eigensicherungspflicht jenseits der benannten Ausnahmen in umfassender Weise verpflichtet, die Flughafenanlagen, Bauwerke, Räume und Einrichtungen entsprechend den Erfordernissen der Sicherheit zu gestalten (BT-Drs. 8/4039 S. 15).
Die Fortentwicklung des Gesetzes bestätigt diese Auslegung. Mit dem Gesetz zur Neuregelung von Luftsicherheitsaufgaben vom 11. Januar 2005 (BGBl. I S. 78) wurden die Bestimmungen zur Abwehr äußerer Gefahren für die Luftsicherheit (Security) aus dem Luftverkehrsgesetz herausgelöst und im Luftsicherheitsgesetz zusammengefasst (BT-Drs. 15/2361 S. 14). Die Eigensicherungspflichten finden sich seither in § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftSiG. Dabei hat der Gesetzgeber die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche nachgeschärft und bekräftigt. So hat er die Ausnahme für die Kontrolle von Post, aufgegebenem Gepäck, Fracht und Versorgungsgütern in § 19b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 LuftVG a. F. – nunmehr § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 2 LuftSiG - enger gefasst. Er hat den Begriff „Bauwerke“ aus der bisherigen Ausnahme „Bauwerke, Einrichtungen und Geräte zur Überprüfung“ gestrichen, um klarzustellen, dass nur die behördlichen Kontrollgeräte von der Kostentragung durch die Flugplatzbetreiber ausgenommen seien (BT-Drs. 15/2361 S. 18). Des Weiteren hat das Gesetz die Pflicht des § 19b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LuftVG a. F., Post, aufgegebenes Gepäck, Fracht und Versorgungsgüter zur Durchführung der Kontrollmaßnahmen sicher zu transportieren und zu lagern, in § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 LuftSiG dahin klarstellend ergänzt, dass die Eigensicherungspflicht den Transport zu und zwischen einer mehrstufigen Kontrollanlage einschließe, mithin auch die „Fördertechnik, Staubänder, Steuertechnik und Ähnliches“ zu Lasten der Flugplatzbetreiber gehe (BT-Drs. 15/2361 S. 8, 18).
Soweit das Oberverwaltungsgericht die Verantwortung, Fluggastkontrollstellen baulich oder technisch zu sichern, darüber hinaus auch auf die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftSiG stützt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die dort geregelte Eigensicherungspflicht betrifft nicht die Kontrolle an den Fluggastkontrollstellen, bei der es um die Kontrolle der Fluggäste und ihres Handgepäcks auf verbotene Gegenstände geht (Sicherheitskontrolle - vgl. Art. 3 Abs. 9 VO <EG> Nr. 300/2008). Vielmehr betrifft sie die Sicherung der Luftseite gegen unberechtigten Zugang, die - wie etwa durch Kontrolle der Bordkarte - den Flugplatzbetreibern auferlegt ist (Zugangskontrolle - vgl. Art. 3 Abs. 10 VO <EG> Nr. 300/2008).
Allerdings ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftSiG allein noch nicht die Verpflichtung, bauliche oder technische Vorkehrungen gegen eine Umgehung der Sicherheitskontrollen über nicht besetzte Kontrollspuren zu treffen. Was zur baulichen und technischen Sicherung sowie zur sachgerechten Durchführung der personellen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen erforderlich ist, bedarf weiterer Konkretisierung (vgl. BT-Drs. 8/3431 S. 14). Von der Ermächtigung des § 17 Abs. 3 LuftSiG, durch Rechtsverordnung Einzelheiten unter anderem zu den baulichen und technischen Sicherungen festzulegen, hat das Bundesministerium des Innern keinen Gebrauch gemacht. Eine Konkretisierung ergibt sich jedoch aus europäischem Recht.
Aus der genannten Eigensicherungspflicht in Verbindung mit Nr. 1.1.1.2. und 1.5.4. des Anhangs der DurchführungsVO (EU) 2015/1998 folgt die Verpflichtung, bauliche oder technische Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass die Sicherheitskontrollen über nicht besetzte Kontrollspuren umgangen werden.
Mit der Verordnung (EG) Nr. 300/2008 hat der Gesetzgeber gemeinsame Vorschriften für den Schutz der Zivilluftfahrt vor unrechtmäßigen Eingriffen erlassen, die die Sicherheit der Zivilluftfahrt gefährden. Sie zielen auf die Festlegung gemeinsamer Vorschriften und Grundstandards sowie die Verbesserung des Sicherheitsniveaus (Erwägungsgründe 1 und 4). Als Grundstandard werden Anforderungen an die Flughafenplanung (Planung, Bau, Umbau - Art. 4 Abs. 1 und Anhang I Nr. 1.1.1.) festgelegt. Sie werden von der gemäß Art. 4 Abs. 3 VO (EG) Nr. 300/2008 erlassenen Durchführungsverordnung (EU) 2015/1998 und deren Anhang detailliert.
Nr. 1.1.1.2. des Anhangs der DurchführungsVO (EU) 2015/1998 gebietet generell, Land- und Luftseite eines Flughafens physisch abzugrenzen. Die Abgrenzung muss für die Allgemeinheit deutlich sichtbar sein und unbefugten Zugang unterbinden. Ergänzend sieht Nr. 1.5.1. Buchst. a des Anhangs der DurchführungsVO (EU) 2015/1998 vor, dass die Abgrenzungen durch Streifengänge überwacht werden. Der Sicherung liegt damit ein zweistufiges Konzept zugrunde, das komplementär zu einer physischen Abgrenzung eine ergänzende personelle Überwachung vorsieht.
Über die Fluggastkontrollstellen erfolgt bestimmungsgemäß der Zugang von der Land- zur Luftseite. Eine physische Absicherung kommt insoweit nicht in Betracht, als über sie Zugang gewährt wird. Hier fordert Nr. 1.5.4. des Anhangs der DurchführungsVO (EU) 2015/1998 besondere Vorkehrungen, um Personen vom Durchbrechen von Sicherheitskontrollpunkten „ab[zu]schrecken“ und im Falle eines Durchbruchs zu gewährleisten, dass dieser abgestellt wird und seine Folgen bereinigt werden. Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts lässt sich aus dieser Bestimmung nicht ohne Weiteres ableiten, die Klägerin sei zu einer baulichen oder technischen Absicherung nicht geöffneter Kontrollspuren verpflichtet. Die Vorschrift zielt gerade auf eine Kompensation fehlender physischer Absicherung durch „Abschreckung“ insbesondere durch bewaffnete Polizeivollzugsbeamte, die auf der Grundlage von § 5 Abs. 1 Satz 3 LuftSiG an den Fluggastkontrollstellen zum Einsatz kommen. Nr. 1.5.4. steht aber im Zusammenhang mit dem Grundprinzip physischer Absicherung gemäß Nr. 1.1.1.2. des Anhangs der DurchführungsVO (EU) 2015/1998. Aus ihm folgt das Gebot, unbesetzte Kontrollstellen baulich oder technisch abzusichern, soweit diese für den Zugang nicht benötigt werden. Dem entspricht die Verpflichtung, die Flughafenanlagen so zu gestalten, dass sie eine sachgerechte Durchführung der personellen Sicherungs- und Schutzmaßnahmen ermöglichen (§ 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 LuftSiG). Jenseits dieser ausdrücklichen Vorgabe müssen Eigensicherungsmaßnahmen stets zweckmäßig ausgeführt und damit sachgerecht sein. Das bringt die Gesetzesbegründung sowohl für die Durchführung der Kontrollen als auch in anderem Zusammenhang zum Ausdruck (BT-Drs. 8/3431 S. 11). Die Betrachtung lässt sich deshalb nicht darauf verengen, dass der einzelne Kontrollvorgang sachgerecht durchgeführt werden kann. Vielmehr gilt das Gebot für die Kontrollaufgabe und damit die Kontrolleinrichtung insgesamt. Sie erfasst folglich auch deren bauliche und technische Gestaltung.
Die zentralen Fluggastkontrollstellen des Flughafens mit jeweils mehreren Kontrollspuren haben den Vorteil, temporär eine große Kapazität zur Verfügung zu stellen. In Phasen geringer Auslastung geht damit einher, dass Kontrollspuren nicht benötigt werden. Das Öffnen und Schließen von Kontrollspuren dient einer effizienten Abwicklung des Luftverkehrs. Aus dem Grundprinzip physischer Absicherung und dem Gebot einer sachgerechten Gestaltung der Fluggastkontrollstellen folgt im Interesse einer möglichst effektiven Sicherung aber zugleich die Verpflichtung des Flughafenbetreibers, bauliche oder technische Vorkehrungen zu treffen, die eine Umgehung der Sicherheitskontrollen über nicht geöffnete Kontrollspuren unterbinden.
Diesem Ergebnis stehen die Aufgaben der Luftsicherheitsbehörden nicht entgegen. Sie haben Angriffe auf die Sicherheit des Luftverkehrs abzuwehren (§ 2 LuftSiG) und sind insbesondere befugt, Orte, an denen Sicherheitskontrollen stattfinden, durch bewaffnete Polizeivollzugsbeamte zu schützen (§ 5 Abs. 1 Satz 3 LuftSiG). Nach dem zweistufigen Konzept einer physischen Abgrenzung von Land- und Luftseite und einer ergänzenden personellen Überwachung lässt dies die beschriebene Eigensicherungspflicht der Klägerin unberührt. Soweit sie der Auffassung ist, es komme zu einer unnatürlichen Aufgabenspaltung, vermag der Senat dem nicht zu folgen.