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Schadensersatz nach Brand in einer Halle wegen eines entzündeten E-Bike-Akkus

Mietrecht | Lesezeit: ca. 47 Minuten

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Nach § 7 StVG ist derjenige, der ein Kraftfahrzeug hält, verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, den ein anderer durch den Betrieb dieses Kraftfahrzeuges erleidet, wenn ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt wird.

Die Voraussetzungen dieser Norm sind erfüllt, wenn ein E-Bike als Kraftfahrzeug im Sinne des § 1 StVG, bei dem die Halterhaftung nicht nach § 8 StVG ausgeschlossen ist, in Brand geraten ist und dadurch eine Halle beschädigt hat.

Die Haftung ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer aus dem Mietvertrag folgenden Obhutspflicht, wenn es sich um eine gemietete Halle handelt und der Mieter einen Brand im Objekt fahrlässig dadurch verursacht hat, dass er die Aufladung des E-Bikes nicht überwachte, sondern die gemietete Halle verließ, ohne den Ladevorgang vorher zu beenden.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Schadensersatz nach der Beschädigung einer in ihrem Eigentum stehenden Halle durch Brand in Anspruch.

Die Kläger sind Eigentümer einer in Geesthacht befindlichen Halle. Der Beklagte hatte mit schriftlichem Mietvertrag von den Klägern in dieser Halle ab dem 01.12.2019 Räume angemietet, um dort einen Handel mit - unter anderem - E-Bikes zu betreiben. Die Kläger gestatteten dem Beklagten die Nutzung der Halle bereits ab dem 25.11.2019. Der Beklagte hat die gemieteten Räume in der Halle seitdem durchgehend benutzt.

Der Beklagte verbrachte ab dem 25.11.2019 verschiedene Kleinkrafträder in die Halle.

Darunter befand sich - neben weiteren E-Fahrzeugen - ein E-Bike des Herstellers Denzel, Fabrikat Sparta (im Folgenden: „Denzel-Bike“) sowie ein E-Bike des Herstellers Ebero (im Folgenden: „Ebero-Bike“).

Der Beklagte hatte das Ebero-Bike von der Streithelferin des Klägers, der … erworben, die es ihrerseits zum Zweck des Vertriebs im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt hatte. Es war im Karton originalverpackt, wobei der Akku in diesem Auslieferungszustand nicht mit dem Motor des E-Bikes verbunden war.

Das Denzel-Bike war dem Beklagten als unverkaufter Messe-Rückläufer durch die Initiative Energieeinsparung e.V. (im Folgenden: i-e-e) zur Verfügung gestellt worden, damit er es auf einer für Dezember 2019 in Hannover geplanten Messe zum Verkauf anbieten konnte. Sie hatte ihm das E-Bike mit Rechnung vom 26.11.2019 zu einem Preis von 5.199,00 € „unter erweitertem Eigentumsvorbehalt“ überlassen.

In der Nacht vom 29.11.2019 auf den 30.11.2019 kam es in den vom Beklagten gemieteten Räumen aus Gründen, die zwischen den Parteien streitig sind, zu einem Brand, bei welchem beide E-Bikes, aber auch weitere in der Halle befindliche Fahrzeuge zerstört und die Halle der Kläger beschädigt wurde, wobei zwischen den Parteien das Ausmaß der an der Halle entstandenen Schäden streitig ist.

Der Beklagte hatte am 29.11.2019 den im Denzel-Bike verbauten Akku über ein Ladegerät, welches in eine Steckdose der gemieteten Halle eingesteckt war, geladen; ob das Ladegerät noch mit dem Akku und / oder mit der Steckdose verbunden war, und ob der Ein/Aus Schalter am Ladegerät noch eingeschaltet war, als der Beklagte am Abend des 29.11.2019 die Halle verließ, ist zwischen den Parteien streitig. Der Karton mit dem Ebero-Bike stand an der Wand der Halle.

Am 16.12.2019 führten die Kläger mit der von ihr beauftragten Sachverständigen … der Firma … einen Ortstermin durch.

Mit Schreiben vom 20.01.2020 wandte sich der ehemalige Bevollmächtigte der Kläger an den Beklagten und machte Schadensersatzansprüche geltend.

Unter dem 21.01.2020 und 14.04.2020 erstattete die Firma … ein Angebot zur Sanierung der Halle.

Mit E-Mail vom 30.01.2020 lehnte der Beklagte gegenüber dem ehemaligen Bevollmächtigten der Kläger eine Zahlung ab und teilte ihm die Daten seines Haftpflichtversicherers und die des Herstellers der Räder mit. Mit Schreiben vom 05.02.2020 wandte sich der ehemalige Bevollmächtigte der Kläger erneut an den Beklagten und setzte diesem für den Beginn der Regulierung der Schäden eine Frist bis zum 20.02.2020. Mit Schreiben vom 17.02.2020 lehnte der Haftpflichtversicherer des Beklagten eine Regulierung ab. Mit Schreiben vom 24.02.2020 des nunmehrigen Bevollmächtigten der Kläger an den Haftpflichtversicherer des Beklagten wurde diesem eine Frist zur Anerkennung der Haftung dem Grunde nach bis zum 09.03.2020 gesetzt.

Es kam am 25.02.2020 zu einem Gespräch in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers in Anwesenheit des Beklagten. Einzelheiten des Gesprächs sind zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 04.03.2020 lehnte der Haftpflichtversicherer des Beklagten eine Regulierung ab. Mit Schreiben vom 09.03.2020 forderte der Prozessbevollmächtigte der Kläger den Haftpflichtversicherer des Beklagten unter Darlegung weiterer Gründe zur Erklärung der Haftung dem Grunde nach bis zum 23.03.2020 auf.

Am 20.03.3020 besichtigte der Sachverständige … für die Dekra Automobil GmbH im Auftrag der Kläger den Brandort und erstattete unter dem 25.03.2010 ein Gutachten.

Mit Schreiben vom 02.04.2020 lehnte der Haftpflichtversicherer des Beklagten gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Kläger erneut einen Eintritt in die Regulierung ab. Mit Schreiben vom 04.04.2020 der Prozessbevollmächtigten der Kläger forderten diese die Haftpflichtversicherung unter Darlegung weiterer Gründe zur Erklärung der Einstandspflicht dem Grunde nach bis zum 14.04.2020 auf. Mit Schreiben vom 07.04.2020 lehnte der Haftpflichtversicherer des Beklagten endgültig eine Regulierung ab.

Mit ihrer am 04.07.2020 bei Gericht eingegangenen Klage vom 03.06.2020 haben die Kläger den Beklagten gerichtlich in Anspruch genommen.

Die Kläger behaupten, der Brand sei durch den Ladevorgang des Denzel-Rades verursacht worden. Der Beklagte habe gegenüber der Feuerwehr am Morgen des Brandtages erklärt, dass er vergessen habe, den Stecker des Ladegerätes zu ziehen. Das Denzel-E-Bike habe kein Typ E / ECE-Prüfzeichen. Die Kläger meinen, dass der Beklagte auch aufgrund seiner beruflichen Qualifikation - er ist Elektriker - habe wissen müssen, dass keine Akkus über Nacht unbeaufsichtigt geladen werden dürften, zumal wenn es sich - wie bei dem Denzel-Bike - um ein E-Bike in einem gebrauchten Zustand handele, das kein Prüfzeichen aufwiese, in der Volksrepublik China hergestellt worden nud nicht zum Straßenverkehr in Deutschland zugelassen sei.

In dem Teil der Halle, in dem der Brand entstanden sei, aber auch in den mittleren und hinteren Hallenteilen sei es durch Rauch und Rußablagerungen zu ganz erheblichen Beschädigungen gekommen, da alle Hallenteile durch ein Dach verbunden seien und der Rauch so in alle Hallen gelangt sei. Die Schäden ohne Dachsanierung würden 152.544,06 € betragen, die Dachsanierung selbst schlüge noch einmal mit 62.249,82 € zu Buche. Die Kläger verlangen Erstattung dieser Schäden und Feststellung der Erstattungspflicht wegen weiterer Kosten. Sie machen ferner vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend.

Die Kläger meinen, dass eine Rückgabe der Mietsache an die Kläger durch den Beklagten im Sinne des § 548 BGB nicht erfolgt sei und dass im Übrigen eine etwa laufende Verjährungsfrist wegen laufender Verhandlungen nach § 203 BGB gehemmt gewesen wäre

Beide Parteien haben der … den Streit verkündet, die Kläger mit Schriftsatz vom 23.06.2021, der Beklagte mit Schriftsatz vom 12.08.2021. Die Streithelferin ist mit Schriftsatz vom 16.07.2021 auf Seiten der Kläger beigetreten.

Die Kläger beantragen,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 214.793,88 € nebst jährlicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2019 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern als Gesamtgläubiger auch sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die diesen durch das Brandereignis vom 30.11.2019 in der … in … entstanden sind und zukünftig entstehen werden;

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.831,21 € zu zahlen.

Die Streithelferin der Kläger

schließt sich dem klägerischen Antrag an.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, der Brand sei nicht durch den Ladevorgang des Denzel-Bikes entstanden, sondern vielmehr durch das originalverpackte Ebero-Bike verursacht worden.

Der Beklagte würde auch dann nicht haften, wenn das Denzel-Bike in Brand geraten wäre. Er habe keine Erinnerung mehr daran, ob er das Denzel-Bike noch vom Netz getrennt bzw. das Ladegerät ausgeschaltet habe, bevor der die Halle verlassen habe, weshalb er die Behauptung der Kläger mit Nichtwissen bestreite. Selbst dann, wenn er vergessen hätte, das Denzel-Bike vom Strom zu nehmen, könne daraus keine Haftung abgeleitet werden, weil eine Überwachung beim Ladevorgang weder im Allgemeinen noch in der konkreten Situation vom Beklagten verlangt werden könne. Es seien für den Beklagten keine Vorschäden oder Auffälligkeiten am Denzel-Bike oder seinem Akku oder der Ladevorrichtung erkennbar gewesen. Der Beklagte habe das Denzel-Bike - wie sämtliche E-Bikes - in Neuzustand mit neuen Akkus bezogen. Es hätten weder Vorschäden an den Akkus vorgelegen, noch habe es zuvor eine Tiefenentladung oder eine mechanische Beschädigung des Akkus gegeben.

Der Beklagte meint, der Schaden an der Halle der Kläger sei nicht substantiiert dargelegt und die geltend gemachten Kosten seien überhöht. Die Hallen, das dort lagernde Material und die Wände seien nur mit einer dünnen Rußschicht überzogen worden, die durch Reinigung zu entfernen gewesen sei. Jedenfalls hätten die Kläger gegen die ihnen obliegenden Schadensminderungspflicht verstoßen, da sie bis heute keine Arbeiten an den Hallen hätten durchführen lassen und sich Ruß, der sich an den Hallenwänden befinde, dann dort festsetze und den angeblichen Schaden weiter vertiefe.

Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung mit Ablauf des 30.05.2020. § 548 BGB statuiere auch bei fortbestehenden Mietverhältnissen den Beginn der Verjährung von Schadensersatzansprüchen, wenn der Mieter die teilweise zerstörte Mietsache dem Vermieter überlasse, damit der Vermieter diese wieder herstelle. Dies sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Hier sei ein Überlassen darin zu sehen, dass der Bruder der Klägerin am 30.11.2019 die Halle mit einem ihm verbliebenen bzw. von den Klägern gegebenen Schlüssel geöffnet habe. Verhandlungen über den Anspruch hätten nicht stattgefunden.

Das Denzel-Bike stelle kein Fahrzeug im Sinne des § 1 StVG dar, jedenfalls greife die Ausnahmevorschrift des § 8 StVG, weil das Denzel-Bike lediglich eine Motorleistung von 3 kW habe.

Der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr sei nicht gerechtfertigt.

Das Gericht hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltsschaft bei dem Landgericht … zum Aktenzeichen … beigezogen und mit den Parteien im Termin erörtert. Das Gericht hat im Termin vom 19.01.2021 den Beklagten persönlich gehört. Es wird diesbezüglich auf das Sitzungsprotokoll verwiesen. Das Gericht hat dann Beweis erhoben durch Einholung des Gutachtens vom 16.09.2022 und Ergänzungsgutachtens vom 13.11.2023 des Sachverständigen … . Das Gericht hat im Termin vom 14.06.2024 den Sachverständigen … sein Gutachten mündlich erläutern lassen und auch den Beklagten ergänzend gehört.

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