Ein Rückforderungsrecht des Hauptschuldners aus der Sicherungsabrede besteht, wenn - wie vorliegend - der Bürgschaftsfall nicht eingetreten ist (BGH, 24.10.2002 - Az: IX ZR 355/00).
Die
Bürgschaft auf erstes Anfordern ist bis zum Abschluss des Nachprozesses Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Bürgenleistung. Verstößt ein Gläubiger gegen die Sicherungsabrede, indem er den Bürgen in Anspruch nimmt, ohne dass ein Sicherungsfall vorliegt, findet bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern eine (vorläufige) Rückabwicklung nicht statt.
Erst im Nachprozess lebt die Akzessorietät der Bürgschaft wieder auf, so dass der Gläubiger nachträglich so gestellt werden kann, als hätte er die Leistung ohne Rechtsgrund erlangt.
Der Bürge, der auf erstes Anfordern sofort an den Gläubiger leisten muss, kann also die sich aus der Akzessorietät ergebenden Einwendungen nachholen und die Leistung nach § 812 Abs. 1 BGB zurückfordern. Die Zahlungspflicht des Bürgen entfällt nur in den Fällen, in denen die missbräuchliche Ausnutzung der formellen Rechtsstellung durch den begünstigten Gläubiger klar erkennbar ist. Zahlt er Bürge auf erstes Anfordern, erkennt er damit nicht die Hauptverbindlichkeit an. Die Zahlung auf erstes Anfordern kann also nur als vorläufiger Einwendungsausschluss ausgelegt werden.
Unbenommen hiervon bleiben in diesem Fall aber Schadenersatzansprüche des Hauptschuldners gegen den Gläubiger wegen schuldhafter Verletzung von Vertragspflichten. Der Gläubiger, der in Erfüllung der mit dem Hauptschuldner getroffenen Vereinbarung eine Bürgschaft auf erstes Anfordern erhalten hat, ist aufgrund der getroffenen Sicherungsabrede dem Hauptschuldner gegenüber erst und nur dann berechtigt, den Bürgschaftsbetrag anzufordern, wenn die gesicherte Forderung fällig ist und auch im übrigen einredefrei besteht. Hat der Gläubiger die Leistung erhalten, nach materiellem Bürgschaftsrecht jedoch zu Unrecht, so steht nicht nur dem Bürgen, sondern auch dem Hauptschuldner nach Inhalt und Zweck der mit dem Gläubiger getroffenen Sicherungsabrede ein eigener originärer Rückforderungsanspruch zu, der zunächst auf Zahlung an den Bürgen gerichtet ist. Hat der Bürge jedoch im Wege des Rückgriffs - wie vorliegend - schon vom Hauptschuldner Erstattung seiner Aufwendungen erhalten, kann der Hauptschuldner in Höhe der vertragswidrig angeforderten Bürgenleistungen Zahlung an sich verlangen.
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