Rechtsfrage klären? Wir beraten per   E-Mail  -   Video  -   Telefon  -   WhatsAppBewertung: - bereits 388.919 Anfragen

Mietvertrag - Schriftformklausel wirksam?

Mietrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Wozu der Mietvertrag Sie wirklich verpflichtet: ➠ Lassen Sie Ihren Vertrag prüfen
Dient eine Schriftformklausel dazu, eine nach Vertragsschluss getroffene individualvertragliche Vereinbarung zu unterlaufen, so kann diese unwirksam sein. Eine vorformulierte Schriftformklausel in einem langfristigen Immobilienvertrag ist jedoch regelmäßig nicht zu beanstanden.

§ 21 Abs. 4 Satz 1 des vorformulierten Vertrages vom 17.10.1999 lautet im vorliegenden Fall wie folgt:

"Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung."

Diese gewillkürte Schriftform hat nicht lediglich Beweisfunktion, sondern ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderung des Mietvertrages. Der Wortlaut "gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung" ist eindeutig und lässt keine andere Auslegung zu.

Die in dem Mietvertrag der Parteien enthaltenen vorformulierte Schriftformklausel ist nicht unwirksam im Sinn des § 9 des früheren AGB-Gesetz (nunmehr § 307 BGB).

Schriftformklauseln sind nicht generell unangemessen, ihre Wirksamkeit hängt vielmehr von der Ausgestaltung und dem Anwendungsbereich der konkreten Klausel ab. Unangemessen kann die Klausel sein, wenn sie dazu dient, nach Vertragsschluss getroffene individual vertragliche Vereinbarung zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen allgemeinen Grundsitzen unwirksam. Auch kann die Schriftformklausel nicht den Vorrang der Individualabrede abdingen; demgemäss können die Vertragsparteien sie dadurch außer Kraft setzen, dass sie deutlich den Willen zum Ausdruck bringen, ihre mündliche Abmachung solle ungeachtet der Schriftformklausel gelten.

Unter Beachtung dieses Grundsatzes ist bei der langfristigen Vermietung gewerblich genutzter Immobilien, die in den Anwendungsbereich des § 566 BGB a.F. (§ 550 BGB n.F.) fällt, eine Schriftformklausel wirksam und benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen. Vom dem gesetzlichen Leitbild entfernt sie sich nicht wesentlich, denn § 566 Satz 1 BGB a.F. schrieb ohnehin die Schriftform bei Vertragsänderungen und -ergänzungen vor. Nur hinsichtlich der Folgen des Formverstoßes unterscheiden sich die gesetzliche und die in einem vorformulierten Mietvertrag ausbedungene Schriftform. Wegen der erheblichen wirtschaftlichen Tragweite einer langfristigen Immobilienvermietung ist der Schutz vor einer übereilten, nicht hinreichend bedachten Vertragsänderung, etwa einer Erhöhung oder Herabsetzung der Miete, in die Überlegung, inwieweit die Schriftformklausel den Gegner des Verwenders benachteiligt, einzubeziehen. Schließlich ist das Bedürfnis beider Seiten anzuerkennen, als Vertragsinhalt nur gelten zu lassen, was schriftlich dokumentiert ist.

Überschneiden sich die gesetzlich vorgeschriebene und die in einem Vertragsvordruck für eine Vertragsänderung ausbedungene Schriftform, so kann nicht unterstellt werden, dass die Vertragsparteien gleichwohl die Wirksamkeit des mündlich Vereinbarten wollen und die in dem Vertrag enthaltene Schriftformabrede als überholt betrachten. Den Verlust der beiderseits gewollten langfristigen Bindung, der regelmäßig dem Interesse zumindest einer Partei, wenn nicht gar beider Parteien widerspricht, will keine Partei in Kauf nehmen, zumal sie im Zeitpunkt der Vertragsänderung nicht abschätzen kann, wem die ordentliche Kündbarkeit des Mietverhältnisses nützen oder schaden wird. Letztlich sprechen gewichtige Argumente für die Wirksamkeit der Schriftformklausel, die beide Parteien vor den ungewollten Folgen eines Formverstoßes bei einer  mündlichen Vertragsänderung schützt.


OLG Rostock, 02.12.2002 - Az: 3 U 162/01

ECLI:DE:OLGROST:2002:1202.3U162.01.0A

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen vom Ratgeber WDR - polis

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.236 Bewertungen) - Bereits 388.919 Beratungsanfragen

Herr Voss Rechtsanwalt hat mir sehr gut geholfen.Empfehlenswert. Deutlich und sehr gute Fachkenntnisse.

Verifizierter Mandant

Sehr schnelle und kompetente Beratung! Auch Rückfragen wurden umgehend beantwortet. Aufgrund der Rückmeldungen wurde die Sache (Rücktritt vom ...

Verifizierter Mandant