Bei einem CoachingAngebot im Internet (vorliegend mit 144 Stunden Online-Coaching und 40 Stunden Videomaterial) kann es sich um Fernunterricht im Sinne des § 1 FernUSG handeln.
Dies gilt zumindest dann, wenn das gesamte „Kurskonzept“ vorsieht, dass der Lehrende und er Lernende räumlich getrennt sind, da das Coaching ausschließlich Online – mittels Video-Coaching und Lernvideos – stattfinden sollte und Lernerfolgskontrollen im Sinne des § 1 Nr. 2 FernUSG vorgesehen sind, wobei es hierfür nicht notwendig ist, dass innerhalb des Gesprächs eine gezielte Wissensabfrage durch den Lernenden vorgesehen ist, beispielsweise durch vorbereitete Kontrollfragen. Es genügt bereits, dass ein persönlicher Austausch zwischen Lernendem und Lehrendem vorgesehen ist, in dessen Rahmen die Möglichkeit zu Rückfragen im Kontext der Lerninhalte besteht.
§ 7 Abs. 1 FernUSG schreibt eine generelle Zulassungspflicht für alle Fernlehrgänge mit Ausnahme sog. Hobbylehrgänge vor, die lediglich anzeigepflichtig sind.
Der Wortlaut des FernUSG macht seine Anwendbarkeit an keiner Stelle von der Verbrauchereigenschaft des Lernenden abhängig.
Fehlt es an der erforderlichen Zulassung der ZFU hier, ist der Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem sog. „Coaching“-Vertrag.
Die Klägerin bewirbt unter der Internetadresse “www. h..de“ Lehrgänge, durch die für die Teilnehmenden horrende Gewinne im Bereich „print on demand“ zu erzielen seien. Hierfür bietet die Klägerin verschiedene Coachings an. Über eine Zulassung nach § 12 FernUSG verfügt die Klägerin indes nicht.
Am 21. März 2022 meldete sich der Kläger für ein unverbindliches Beratungsgespräch zum Thema „Erfolgreiche Online Shops“ unter der Internetadresse „www. h..de“ an. Noch am 21. März 2022 bekam der Beklagte einen Anruf von „B. H.“. Unter diesem Pseudonym agiert der Vorstand der Klägerin im Rahmen ihrer nach außen gerichteter Geschäftstätigkeit. „B. H.“ erläuterte dem Beklagtem in einem längeren Telefonat die Inhalte des Coachings und legte diesem nahe, dass sechsmonatige Coaching „S. M. L. 5“ zu buchen. In diesem sollte der Beklagte in einem „eins-zu eins“-Mentoring den Aufbau eines erfolgreichen E-C.-Unternehmens, welches T-Shirts verkaufen sollte, lernen.
Während des Telefonats einigte sich der Beklagte mit „B. H.“ über den Vertragsschluss zum Preis von 6.366,50,- Euro. Zudem sandte der Vorstand der Klägerin während des Telefonats folgende Nachricht an den Beklagten:
„Möchtest du M. die Masterclass bewusst als Unternehmer zum Aufbau deines online Shops und Gewerbes neben deinem Angestellten Job kaufen?“
Der Beklagte antwortete hierauf:
„Ja“
Der Beklagte schloss dabei mit der C. GmbH einen Vertrag ab. Diese bestätigte gegenüber dem Beklagten mit E-Mail vom 21. März 2022 die Bestellung und ließ dem Beklagten eine Rechnung in Höhe von 6.366,50,- Euro mit Ratenzahlungsplan zukommen.
Der wesentliche Vertragsinhalt des sechsmonatigen Programms bestand aus dem Zugang zu einem Videokursbereich mit 235 Schulungsvideos mit etwa 40 Stunden Videomaterial. Zudem gibt es das Angebot von drei wöchentlichen Zoom-Meetings á 2 Stunden mit dem „B. H.“, dem Vorstand der Klägerin. Zu einem Zoom-Meeting der Parteien kam es indes nicht.
Mit E-Mail vom 3. April 2022 erklärte der Beklagte gegenüber der C. GmbH den Widerruf des Vertrags. Die C. GmbH wies den Widerruf zurück und buchte bis zum 31. Mai 2022 weiterhin Beträge vom Konto des Beklagten ab. Anschließend kam es zu keinen weiteren Abbuchungen, stattdessen trat die C. GmbH ihre Ansprüche an Frau K. ab. Diese beauftragte daraufhin einen Inkasso Dienst zur Durchsetzung der Forderung. Hierdurch entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von 421,40,- Euro. Auch auf mehrere Mahnungen seitens des Inkassounternehmens zahlte der Beklagte indes nicht.
Die Klägerin ist der Meinung, eine Zulassung nach dem FernUSG sei für ihr Angebot nicht erforderlich. Schließlich finde das Fernunterrichtsgesetz auf den vorliegenden Vertrag keine Anwendung. Dies habe ihr auch ein Mitarbeiter der stattlichen Zentralstelle für Fernunterricht bestätigt. Zudem überwiege hier vorliegend – auf sechs Monate hochgerechnet – der Anteil des Coachings mit (angebotenen) 144 Stunden dem angebotenen 40stündigen Videomaterial erheblich. Daher seien der Lehrende und der Lernende auch nicht überwiegend räumlich getrennt.
Zudem sei es widersprüchlich, dem Beklagten, der bei Vertragsschluss angegeben habe, als Unternehmer tätig zu werden, in Form des FernUSG Verbraucherschutz zu gewähren. Schließlich habe sich der Beklagte als Existenzgründer in den unternehmerischen Geschäftsverkehr begeben und habe damit nicht mehr als Verbraucher agiert. Hierfür spreche auch, dass das streitgegenständliche Coaching vom Titel und Inhalt her objektiv auf Unternehmer und nicht auf Verbraucher zugeschnitten sei.
Am 03. November 2022 hat zunächst Frau K. beim Amtsgericht W. einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids in Höhe von 7.710,01,- Euro gestellt. Am 4. November 2022 hat das Mahngericht im betriebenen Mahnverfahren sodann einen Vollstreckungsbescheid erlassen, der dem Beklagten am 8. November 2022 zugestellt wurde. Mit bei dem Mahngericht am 18. November 2022 eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte einen (verspäteten) Widerspruch gegen den Mahnbescheid eingelegt, der vom Mahngericht als Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid gewertet wurde.
Mit Schreiben vom 23. März 2023 teilte Frau K. sodann mit, dass sie ihr Einzelunternehmen mit (Rück-)Wirkung zum 16. Mai 2022 in die Klägerin eingebracht habe, woraufhin antragsgemäß das Rubrum berichtigt wurde.
Der Beklagte behauptet, er sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses arbeitslos gewesen. Zudem habe er keine Kenntnis davon gehabt, dass der Vertragsschluss mit der C. GmbH erfolgte. Mit dieser habe er keinen Vertrag schließen wollen.
Die Beklagte ist der Meinung, der Vertrag sei bereits nichtig, da die Klägerin über keine Zulassung nach dem FernUSG verfüge. Zudem handele es sich vorliegend um eine unseriöse Coaching-Falle, da das Angebot tatsächlich kein echtes Coaching umfasse, sondern ein Videokurs mit Inhalten umfasse, die man auch ohne Weiteres im Internet erhalte.
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