Der Kläger macht vorliegend Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung geltend.
Der Kläger unterhält seit mehreren Jahren eine Betriebsschließungsversicherung bei der Beklagten, welche letztmalig am 11.03.2020 aufgrund einer Vertragsänderung im Bereich der Sachversicherungen und im Bereich der Haftpflichtversicherung geändert wurde. Es handelt sich insoweit um ein Versicherungspaket.
Gemäß § 2 Nr. 1 a der Zusatzbedingungen für die Betriebsschließungsversicherung in der Fassung 2019 - Genusspolice (nachfolgend ZB-BSV) leistet der Versicherer Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG in der Fassung vom 20.07.2000) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt. Gemäß § 2 Nr. 2 der ZB-BSV sind meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten oder Krankheitserreger: Im Anschluss folgt eine Auflistung konkret benannter Krankheiten unter a) sowie unter b) Krankheitserreger. Nicht genannt ist die „Corona-Virus-Krankheit-2019 (COVID-19), die mit Geltung ab dem 23.05.2020 bei § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit.t IfSG aufgeführt ist, oder dass Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus (SARS-COV) und das Severe-Acute-Respiratory-Syndrome-Coronavirus-2 (SARS-COV2), die nunmehr in § 7 Abs. 1 Nr. 44a IfSG angeführt sind.
Unter § 5 Nr. 4 der ZB-BSV findet sich ein Ausschluss des Versicherungsschutzes für Prionenerkrankungen oder dem Verdacht hierauf. Gemäß § 3 der ZB-BSV werden im Fall der Schließung nach § 2 Nr. 1a der Schaden in Höhe der vereinbarten Tagesentschädigung für jeden Tag der Betriebsschließung bis zur vereinbarten Dauer von 30 Tagen erstattet. Die Tagesversicherungssumme beläuft sich nach der Berechnung der Klagepartei auf € 1.057,69.
Der Kläger betreibt ein Gasthaus. Am 16.03.2020 erfolgte eine Allgemeinverfügung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, wonach gemäß Ziff. 3 Gastronomiebetriebe jeder Art untersagt wurden. Ausgenommen hiervon waren in der Zeit von 06.00 Uhr bis 15.00 Uhr Betriebskantinen sowie Speiselokale und Betriebe, in denen überwiegend Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle abgegeben werden. Ausgenommen war zudem die Abgabe von Speisen zum Mitnehmen bzw. die Auslieferung; dies ist jederzeit zulässig. Die Untersagung galt ab dem 18.03.2020 und wurde mit Allgemeinverfügung vom 20.03.2020 verlängert. Weitere Verlängerungen erfolgten jeweils durch die Bekanntmachungen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 27.03.2020, vom 16.04.2020, vom 01.05.2020 und vom 05.05.2020. Der Kläger musste aufgrund dieser Allgemeinverfügungen sein Gasthaus in der Zeit vom 18.03.2020 bis 17.05.2020 komplett schließen. Lediglich gegen Ende der Schließungszeit fand ein Außer-Haus-Verkauf statt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt € 31.730,70 gemäß § 2 Nr. 1a i.V.m. § 3 Nr. 3a der ZB-BSV habe, da sein Betrieb aufgrund des Infektionsschutzes geschlossen werden musste. Dem Anspruch stehe nicht entgegen, dass SARS-COV in den Zusatzbedingungen nicht genannt sei. Die Klausel sei intransparent und daher unwirksam. Werde der Versicherungsschutz durch eine AGB-Klausel eingeschränkt, müsse dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Fall Versicherungsschutz trotz der Klausel bestehe. Diesen Anforderungen werde § 2 Nr. 2 der ZB-BSV nicht gerecht. Vielmehr gehe der Versicherungsnehmer auf Basis des Wortlauts von § 2 Nr. 2 der ZB-BSV davon aus, dass der Versicherungsschutz dem Grunde nach umfassend sei und sich mit dem Infektionsschutzgesetz decke. Er gehe weiterhin aufgrund des Wortlauts und der Verweisung in § 2 Nr. 1 der oben genannten Bedingungen davon aus, dass in § 2 Nr. 2 der Zusatzbedingungen eine bloße Wiedergabe der gesetzlich gefassten Krankheiten und Krankheitserreger erfolgt. Um den wahren Gehalt des Versicherungsschutzes zu erfassen, müsse der Versicherungsnehmer letztlich die Auflistung in § 2 Nr. 2 der ZB-BSV Wort für Wort mit der aktuellen geltenden Fassung des IfSG vergleichen. Eine Klausel, deren Tragweite nur durch den Vergleich mit einer gesetzlichen Vorschrift erkennbar sei, die dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer dieser Versicherung nicht bekannt sei, sei intransparent. Die Formulierung sei auch mehrdeutig im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB. Der Versicherungsnehmer könne auch von einer dynamischen Verweisung ausgehen. Es werde auf die Fassung vom 20.07.2020 abgestellt, andererseits aber dort genannte Krankheiten nicht erfasst. Die fehlende Transparenz ergebe sich auch daraus, dass die ZB-BSV unter § 5 ZB-BSV Ausschlüsse vom Versicherungsschutz enthalte, die gemäß § 2 Nr. 1 ZB-BSV überhaupt nicht zum Versicherungsumfang gehören würden.
Ihm stünde ferner ein Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.427,00, ausgehend von einer 1,5-Geschäftsgebühr, zu.
Die Beklagte ist der Auffassung, das SARS-COV2 und COVID-19 vom Versicherungsschutz nicht umfasst seien. Die Tatbestandsvoraussetzungen seien nur dann erfüllt, wenn eine der in § 2 Nr. 1a Nr. 1 enumerativ aufgezählten Krankheiten/Krankheitserreger Anlass der behördlichen Maßnahme gewesen seien. Weder die COVID-19-Krankheit noch das SARS-COV2-Virus seien im Vertrag genannt. Im Übrigen seien die Voraussetzungen einer Betriebsschließung zweifelhaft, da das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege nicht zielgerichtet und einzelfallbezogen den Betrieb des Klägers geschlossen habe, sondern unterschiedslos allen in Bayern befindlichen Gaststätten die Bewirtung von Gästen auf eigenen Flächen untersagt habe.
Ausgehend vom Bedingungswortlaut scheide ein bedingungsgemäßer Versicherungsschutz aus. Den Wortlaut „die folgenden“ könne ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer nur so verstehen, dass nur die im Einzelnen aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger erfasst sein sollen, da nur deren Aufzählung tatsächlich erfolge. Sofern eine dynamische Verweisung gewollt gewesen wäre, wäre es nicht erforderlich gewesen, den in § 2 Nr. 2 enthaltenen Katalog der Krankheiten und Krankheitserreger in die Vertragsbedingungen aufzunehmen.
Auch bei Zugrundelegung von Sinn und Zweck scheide ein bedingungsgemäßer Versicherungsschutz aus. Sinn einer Betriebsschließungsversicherung sei nach der Vorstellung beider Parteien nicht, bei epidemisch auftretenden Krankheiten Versicherungsschutz zu gewähren. Vielmehr sei tragender Gedanke einer jeden Betriebsschließungsversicherung, dass eine Krankheit (nur) im versicherten Betrieb auftritt und dieser deshalb geschlossen werden müsse. Die Kataloge würden in den Zusatzbedingungen den Versicherungsumfang definieren und würden keine bloße Wiedergabe einer gesetzlichen Regelung darstellen. Die Leistungsbeschreibung unterliege grundsätzlich nicht der Inhaltskontrolle.
Es liege auch keine Gefährdung des Vertragszwecks vor. Allein durch die Lektüre der Versicherungsbedingungen ergebe sich, welche Krankheiten versichert seien. § 5 Nr. 4 ZB-BSV sei eine rein vorsorgliche Leistungseinschränkung. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer werde nicht aus dem Umstand, dass er einen Ausschlusstatbestand findet, schlussfolgern, dass ansonsten alles versichert sei.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die zulässige Klage erweist sich als nicht begründet.
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