Die Antragsteller wenden sich gegen die Anordnung, ihre Gaststätten für den Publikumsverkehr zu schließen. Ihre Eilrechtsschutzanträge hat das Verwaltungsgericht Berlin mit Beschluss vom 9. November 2020 zurückgewiesen.
Die Antragsteller begehren den Erlass einer verfassungsgerichtlichen einstweiligen Anordnung und beantragen sinngemäß, § 7 Abs. 4 der SARS-CoV-2-Infektions-schutzverordnung vom 3. November 2020 in der derzeit geltenden Fassung vorläufig bis zu einer Entscheidung über ihre Verfassungsbeschwerde (VerfGH 180/20), längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, auszusetzen.
Hierzu führte das Gericht aus:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen, weil er unzulässig ist.
Nach § 31 Abs. 1 VerfGHG kann der Verfassungsgerichtshof im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind substantiiert darzulegen. Wird mit der einstweiligen Anordnung – wie vorliegend – die Außervollzugsetzung einer Rechtsvorschrift begehrt, sind die Anforderungen an die Darlegung besonders hoch. Diesen hohen Darlegungsanforderungen werden die Antragsteller nicht gerecht.
Sie haben schon nicht hinreichend dargelegt, dass der Subsidiaritätsgrundsatz dem verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nicht entgegensteht. Auch im verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren gilt der Grundsatz der Subsidiarität. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt daher grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft haben. Vor Erschöpfung des Rechtsweges ist ein Antrag auf Eilentscheidung durch den Verfassungsgerichtshof nur ausnahmsweise nach dem entsprechend anwendbaren § 49 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG zulässig.
Die Antragsteller haben ihre Möglichkeiten, Eilrechtschutz vor den Fachgerichten zu erlangen, nicht erschöpft. Sie haben den fachgerichtlichen Eilrechtsweg zwar beschritten, indem sie den Erlass einstweiliger Anordnungen beim Verwaltungsgericht Berlin beantragt haben. Gegen den zurückweisenden Beschluss haben sie aber nicht Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben.
Der Antrag auf Eilentscheidung durch den Verfassungsgerichtshof ist auch nicht ausnahmsweise vor Erschöpfung des Rechtswegs zulässig. Der Verfassungsgerichtshof kann vor Erschöpfung des Rechtsweges in Fällen allgemeiner Bedeutung entscheiden oder wenn den Antragstellern ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls sie zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würden (§ 49 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG entsprechend).
Einen solchen Nachteil haben die Antragsteller nicht dargetan. Es ist schon nicht vorgetragen, dass das Oberverwaltungsgericht nicht zeitnah entscheiden würde. Auch trägt der Hinweis darauf, dass eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg aussichtlos sei und deshalb unzumutbar wäre, weil dessen 11. Senat hinsichtlich einer Brandenburgischen Vorschrift, die § 7 Abs. 4 SARS-CoV-2-Infektionsschutzverordnung vergleichbar sei, bereits Eilrechtsschutzanträge Brandenburger Gastronomen zurückgewiesen habe, schon deshalb nicht, weil für die Beschwerde der Antragsteller der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zuständig wäre. Dieser hat bisher – soweit ersichtlich – keine gefestigte Rechtsprechung zu den hier maßgeblichen Fragen entwickelt. Zudem liegt der von den Antragstellern zitierten Entscheidung des 11. Senats eine Normenkontrolle zugrunde, während das Oberverwaltungsgericht hier über die jeweiligen Einzelfälle hätte entscheiden müssen, was es auch ermöglicht hätte, individuelle Hygienekonzepte einschließlich der Teilöffnung von Außenbereichen vorzutragen und zur Grundlage der Einzelfallentscheidung zu machen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Oberverwaltungsgericht im Beschwerdeverfahren nach § 146 Abs. 4 a. E. VwGO auf die Prüfung der dargelegten Gründe beschränkt ist. Seinen Entscheidungen in Beschwerdeverfahren sind daher regelmäßig nur Ausführungen zu den vom jeweiligen Beschwerdeführer im individuellen Verfahren dargelegten Gründen zu entnehmen.
Eine Vorabentscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist schließlich nicht wegen allgemeiner Bedeutung angezeigt. Zwar kommt dem Eilantrag allgemeine Bedeutung zu. Die dem Verfassungsgerichtshof nach § 49 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 31 Abs. 1 VerfGHG eröffnete Abwägungsentscheidung fällt jedoch gegen eine sofortige Entscheidung aus. Nach der Zuständigkeitsverteilung und Aufgabenzuweisung zwischen den Fachgerichten und der Verfassungsgerichtsbarkeit obliegt es zuvörderst den Fachgerichten, die Grundrechte zu wahren, zu schützen und durchzusetzen. Die fachgerichtliche Vorbefassung soll zudem sicherstellen, dass sich die verfassungsrechtliche Prüfung auf möglichst umfassend geklärte Tatsachen stützen kann und auch die Rechtslage durch die Fachgerichte vorgeklärt und aufbereitet worden ist. Hierzu gehört in Fällen wie dem vorliegenden gegebenenfalls auch die Ermittlung der Infektionsrisiken aus der untersagten Tätigkeit sowie die Berücksichtigung eventuell von den Antragstellern angebotener Maßnahmen zur Verringerung oder Vermeidung dieser Risiken. Von dieser Kompetenzzuweisung abzuweichen, sieht der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Fall keinen Anlass.