Für die Beurteilung des Umfangs der Aufsichtspflicht über ein Kind kommt es auf die individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten des Kindes in Verbindung mit den äußeren Umständen und nicht auf eine Altersgrenze an.Auf einer Spielstraße sind an die Aufsichtspflicht der Eltern geringere Anforderungen zu stellen, als in anderen Verkehrsräumen.Der Inhalt der Aufsichtspflicht ergibt sich im Einzelfall aus dem Alter, der Eigenart und dem Charakter des aufsichtsbefohlenen Kindes, sowie danach, was den Eltern nach den jeweiligen Verhältnissen und objektiven Umständen geboten ist und zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Eltern im Lichte vernünftiger Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch das Kind abzuwenden. Dabei kommt es stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles genügt worden ist.
Die Aufsichtspflicht wird mithin zum einen durch Eigenschaften des aufsichtsbedürftigen Kindes und zum anderen durch die Schadensgeneigtheit des Unfallbereichs und der danach gegebenen und zu erwartenden konkreten Gefahrensituation bestimmt. Dabei hat der Aufsichtspflichtige zu berücksichtigen, dass beides in einer inhaltlichen Wechselbeziehung steht.
Je gefahrenträchtiger die objektiven Umstände sind, um so größere Anforderungen sind an die Eigenschaften und Fähigkeiten des Kindes zu stellen, um es unbeaufsichtigt lassen zu können. Umgekehrt müssen Defizite im Bereich der subjektiven Elemente zu größeren Anforderungen an die Aufsichtspflicht führen, und zwar u.U. selbst dann, wenn sich das Kind in einem objektiv überschaubaren und vertrauten Bereich ohne besondere Gefahrneigungen bewegt.
Sachgerecht ist es vielmehr, von einer bestimmten Altersgrenze abzusehen und nach allgemeinen Grundsätzen auf die konkret festzustellenden, individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten des Kindes in Verbindung mit den objektiven Umständen abzustellen. Dies allein entspricht dem Wortlaut und Zweck des § 832 Abs. 1 S. 1 BGB.
Das Argument, dass sonst ohne Beachtung einer allgemeinen Altersgrenze eine Haftungslücke drohe, kann nicht überzeugen, da die Aufsichtspflicht der Eltern nicht ihren Grund darin findet, dass jederzeit eine Haftpflicht im Falle der Schädigung durch ein Kind bereitsteht.
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