Scheidung: unkompliziert, günstig und schnell - ➠ jetzt informierenDie beteiligten Eltern, beide polnische Staatsangehörige, streiten um das
Umgangsrecht der Antragstellerin (im Folgenden Kindesmutter) mit den beiden minderjährigen Kindern M. und N., die sich in der Obhut des Antragsgegners (im Folgenden Kindesvater) befinden.
Die beteiligten Eltern haben 2022 in Polen die Ehe geschlossen und leben seit Juni 2023 getrennt. Die Kindesmutter lebt bereits seit drei Jahren in Deutschland, der Kindesvater seit zehn Jahren. N. wurde 2020 in Polen geboren, M. 2021 in Deutschland. Im Juni 2023 hat der Kindesvater in Polen einen Scheidungsantrag beim Bezirksgericht S. eingereicht. Beide Elternteile werden im dortigen Verfahren unter einer polnischen Adresse in R. geführt. Am 05.07.2023 hat das Bezirksgericht S. eine Sicherungsverfügung auf Antrag des Kindesvaters erlassen, wonach sich der Aufenthaltsort der gemeinsamen Kinder der beteiligten Eltern am jeweiligen Wohnsitz des Kindesvaters befindet, bis das Scheidungs-, Sorge-, Umgangs- und Kindesunterhaltsverfahren rechtskräftig beendet wird. Dieser Beschluss ist rechtskräftig und vollstreckbar.
Im Oktober 2023 hat die Kindesmutter beim Amtsgericht - Familiengericht - H. einen Antrag auf Regelung des Umgangs gestellt und hierfür Verfahrenskostenhilfe beantragt.
Der Kindesvater ist dem Antrag wegen der vorrangigen Rechtshängigkeit in Polen entgegengetreten. Das Amtsgericht H. sei unzuständig.
Mit der angefochtenen Entscheidung vom 22.01.2024 hat das Familiengericht den Antrag der Kindesmutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt. Zur Regelung des Umgangs in der Hauptsache sei es nicht zuständig, da bereits bei dem Gericht in Polen das Umgangsverfahren rechtshängig sei.
Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Kindesmutter gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe. In Polen sei lediglich ein Verfahren wegen des Umgangsrechts ab Rechtskraft der Scheidung anhängig, während die Kindesmutter Umgang während der Trennungszeit begehre.
Hierzu führte das Gericht aus:
Die nach
§ 76 Abs. 2 FamFG, §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde führt zur Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Der Kindesmutter war Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.
1. Die deutschen Gerichte sind international zuständig.
Die internationale Zuständigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Die Kindesmutter hat ein Verfahren durch Anrufung eines Gerichts nach Art. 17 lit. a Brüssel IIb-VO eingeleitet.
a. Ein Gericht gilt nach Art. 17 lit. a Brüssel IIb-VO zu dem Zeitpunkt als angerufen, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist.
aa. Art 17 lit. a Brüssel IIb-VO lässt dabei offen, was mit einem „gleichwertigen Schriftstück“ gemeint ist. Nach verbreiteter Ansicht soll hierfür ein Verfahrenskostenhilfeantrag genügen. Nach anderer Ansicht ist ein Verfahrenskostenhilfegesuch nicht als Antragseinleitung anzusehen.
bb. Der Senat kann vorliegend offenlassen, welcher Ansicht zu folgen ist. Denn die Kindesmutter hat ihren Antrag auf Gewährung eines Umgangsrechts unbedingt eingereicht und nicht ausdrücklich von der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abhängig gemacht. Eine Verfahrenseinleitung i.S.v. Art 17 Brüssel IIb-VO liegt daher vor.
b. Das angerufene deutsche Gericht hat sich nicht nach Art. 18 Brüssel IIb-VO amtswegig für unzuständig zu erklären.
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