Wir lösen Ihr Rechtsproblem! Stellen Sie uns jetzt Ihre Fragen.Bewertung: - bereits 388.289 Anfragen

Aufenthaltserlaubnis zur Umgangswahrnehmung

Familienrecht | Lesezeit: ca. 7 Minuten

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird.

Die zuletzt genannte Voraussetzung bedeutet, dass auf dieser Grundlage kein Zuzug aus dem Ausland gestattet werden kann, vielmehr muss die familiäre Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet im maßgeblichen Zeitpunkt bereits bestehen. Dies ist der Fall, wenn eine Betreuungs- und Erziehungsgemeinschaft des Ausländers mit seinem minderjährigen Kind besteht. Eine häusliche Gemeinschaft ist dafür nicht erforderlich. Allerdings müssen im Falle des Getrenntlebens zusätzliche Anhaltspunkte wie intensive Kontakte, gemeinsam verbrachte Urlaube oder Betreuungs- und Versorgungsleistungen – zum Beispiel bei Krankheit des Kindes – vorhanden sein, um auf eine familiäre Gemeinschaft des Ausländers und seines Kindes schließen zu können. Auch Unterhaltsleistungen sind insoweit zu berücksichtigen.

Art. 6 GG vermittelt keinen unmittelbaren Anspruch auf Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Ausländerbehörden sind aber auf der Grundlage der in Art. 6 GG enthaltenen wertentscheidenden Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, dazu verpflichtet, bei ihren aufenthaltsbeendenden Entscheidungen stets die familiären Bindungen des Ausländers an im Bundesgebiet berechtigt lebende Personen angemessen zu berücksichtigen. Die verfassungsrechtlichen Wertungen zum Schutz der Familie und des Privatlebens in Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK gewähren dem Ausländer grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, nicht von seinen weiter im Bundesgebiet lebenden Familienmitgliedern getrennt zu werden.

Wenn die Lebensgemeinschaft zwischen einem Ausländer und seinem Kind ausschließlich im Bundesgebiet geführt werden kann, drängt daher die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Dies kann selbst dann gelten, wenn der Ausländer vor der Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat, weil durch das nachträgliche Entstehen einer grundrechtlich geschützten familiären Lebensgemeinschaft eine neue Situation eintritt, die eine Zäsur bewirkt.

Ein hohes, gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechendes Gewicht haben die Folgen einer vorübergehenden Trennung insbesondere, wenn ein noch sehr kleines Kind betroffen ist, welches den nur vorübergehenden Charakter einer räumlichen Trennung möglicherweise nicht begreifen kann und diese rasch als endgültigen Verlust erfährt.

Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist.

Dabei ist grundsätzlich eine umfassende Betrachtung geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles. Dementsprechend ist im Einzelfall zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die gelebte Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte.

In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der persönliche Kontakt des Kindes zu seinen Eltern und der damit verbundene Aufbau und die Kontinuität emotionaler Bindungen zu Vater und Mutter in der Regel der Persönlichkeitsentwicklung des Kindes dienen. Bei der Bewertung der familiären Beziehungen verbietet sich eine schematische Einordnung als entweder aufenthaltsrechtlich grundsätzlich schutzwürdige Lebens- und Erziehungsgemeinschaft oder Beistandsgemeinschaft oder aber bloße Begegnungsgemeinschaft ohne aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen, zumal auch der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung eines Umgangsrechts unabhängig vom Sorgerecht Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung ist und daher unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG steht.

Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Dabei ist auch in Rechnung zu stellen, dass der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch die Betreuung des Kindes durch die Mutter entbehrlich wird.


VGH Bayern, 25.01.2024 - Az: 19 ZB 23.1946

Wir lösen Ihr Rechtsproblem! AnwaltOnline - empfohlen von Bild am Sonntag

Fragen kostet nichts: Schildern Sie uns Ihr Problem – wir erstellen ein individuelles Rechtsberatungsangebot für Sie.
  Anfrage ohne Risiko    vertraulich    schnell 

So bewerten Mandanten unsere Rechtsberatung

Durchschnitt (4,85 von 5,00 - 1.235 Bewertungen) - Bereits 388.289 Beratungsanfragen

Kompetente und zügige Bearbeitung! Vielen Dank!

Verifizierter Mandant

War eine tolle und schnelle Abwicklung und hat mir sehr geholfen.

Verifizierter Mandant