Erbstreitigkeiten vermeiden: Erstellen oder prüfen Sie ein ➠ Testament!Das in § 1812 BGB für bestimmte Verfügungen vorgesehene Genehmigungserfordernis besteht bei der Nachlassverwaltung nicht.
Das Recht, im Falle von Leistungsstörungen von dem Vertrag zurückzutreten (hier: gemäß § 323 Abs. 1 BGB), steht bei einem Vertrag zugunsten Dritter grundsätzlich dem Versprechensempfänger und nicht dem Dritten zu. Auch eine Zustimmung des Dritten ist zur Wirksamkeit des Rücktritts nicht erforderlich, selbst wenn das Recht des Dritten unwiderruflich ist.
Nicht ausgeschlossen ist allerdings eine Vereinbarung zwischen Versprechensempfänger und Versprechendem, dass das Rücktrittsrecht dem Dritten zustehen soll. Möglich ist es zudem, dass der Versprechensempfänger sein Rücktrittsrecht an den Dritten abtritt oder diesen zur Ausübung des Rücktrittsrechts ermächtigt.
Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger ist Nachlassverwalter über den Nachlass der am 24. April 2017 verstorbenen M. K. (im Folgenden Erblasserin). Deren drei Kinder schlugen die Erbschaft aus. Die Erblasserin war Erbbauberechtigte an einem in H. belegenen Grundstück. Am 10. März 2017 schloss sie mit dem Beklagten einen notariellen Erbbaurechts-Überlassungsvertrag (im Folgenden auch: Vertrag). Als Gegenleistung sollte der Beklagte an die Erblasserin eine monatliche Leibrente zahlen.
Eine weitere Zahlung von 150.000 € war drei Monate nach dem Ableben der Erblasserin zu gleichen Teilen an ihre drei Kinder zu leisten, denen gemäß § 328 BGB ein direkter Anspruch gegen den Beklagten zustehen sollte.
Außerdem verpflichtete sich der Beklagte, die laufende Zahlung auf verschiedene mit einer Grundschuld gesicherte Darlehen zu übernehmen.
Am 21. März 2017 wurde zur Sicherung des Anspruchs des Beklagten auf Übertragung des Erbbaurechts eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen. Nachdem der Beklagte in der Folgezeit die nach dem Tod der Erblasserin geschuldeten 150.000 € nicht gezahlt hatte, erklärte der Kläger nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist mehrfach den Rücktritt von dem Vertrag und forderte den Beklagten erfolglos auf, eine notarielle Löschungsbewilligung im Hinblick auf die Vormerkung abzugeben. Den Beschluss vom 2. September 2020, mit dem das Nachlassgericht eine der Rücktrittserklärungen genehmigte, hat der Beklagte angefochten.
Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - die Zustimmung zur Löschung der Vormerkung. Der Beklagte beruft sich auf ein Zurückbehaltungsrecht und beantragt mit seiner Hilfswiderklage für den Fall, dass der Kläger mit seiner Rücktrittserklärung durchdringt, diesen Zug um Zug zur Zahlung eines Betrages i.H.v. 174.704,88 € zu verurteilen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Hilfswiderklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Hierzu führte das Gericht aus:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung gemäß § 894 BGB nicht zu. Alle von dem Kläger bislang abgegebenen Rücktrittserklärungen seien unwirksam und hätten deshalb nicht zum Erlöschen des in dem Vertrag geregelten Anspruchs auf Übertragung des Erbbaurechts und deshalb auch nicht zum Erlöschen der akzessorischen Vormerkung geführt. Zwar lägen die Voraussetzungen des § 323 Abs. 1 BGB für den Rücktritt grundsätzlich vor, da der Beklagte der im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Pflicht zur Zahlung von 150.000 € an die drei Kinder der Erblasserin nicht nachgekommen sei. Die Rücktrittserklärungen seien auch nicht deswegen unwirksam, weil sie jeweils der Zustimmung der begünstigten Kinder bedurft hätten. Bei einem Vertrag zugunsten Dritter bleibe der Versprechensempfänger selbst bei Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts ohne Zustimmung des Dritten zum Rücktritt von dem Vertrag berechtigt. Deshalb könne offenbleiben, ob eine solche Zustimmung vorliegend erteilt und ob den Kindern ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei.
Die Rücktrittserklärungen könnten aber deshalb keine Wirkung entfalten, weil im Zeitpunkt ihrer Abgabe eine nachlassgerichtliche Genehmigung nicht vorgelegen habe; gegen den Genehmigungsbeschluss vom 2. September 2020 habe der Beklagte Beschwerde eingelegt, so dass die für die Wirksamkeit erforderliche Rechtskraft nicht eingetreten sei. Die Genehmigungspflicht folge wegen der in §§ 1975, 1915 BGB enthaltenen Verweisung aus der vormundschaftsrechtlichen Norm des § 1812 Abs. 1 BGB.
Eine Verfügung im Sinne dieser Vorschrift sei gegeben, weil der Rücktritt zu dem Erlöschen der dem Nachlass aus dem Vertrag zustehenden Ansprüche, insbesondere der dort geregelten Gegenleistung führe. Der Zweck der Nachlassverwaltung, nämlich die Befriedigung der Nachlassgläubiger, stehe der Anwendung des § 1812 BGB nicht entgegen.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die Nachlassverwaltung gerade nicht den übrigen Verwaltungen wie der Zwangsverwaltung nach dem Zwangsversteigerungsgesetz oder der Insolvenzverwaltung nach der Insolvenzordnung gleichzustellen. Die Genehmigungspflicht mache die Gläubigerbefriedigung auch weder unmöglich noch praktisch undurchführbar. Sie ermögliche dem Nachlassgericht lediglich eine laufende Kontrolle der Tätigkeit des Nachlasspflegers und diene sowohl dem Schutz der Erben als auch der Nachlassgläubiger. Die damit verbundenen zeitlichen Verzögerungen seien hinnehmbar.
II.
Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Begründung des Berufungsgerichts trägt die Abweisung der auf Zustimmung zur Löschung der Vormerkung gerichteten Klage nicht.
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