Der Vater einer 2017 geborenen Tochter, die eine Kindertagesstätte besucht, wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen das vom Antragsgegner wegen der Corona-Pandemie verfügte Betretungsverbot von Kindertagesstätten.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Leiterin der Kindertagesstätte habe dem Antragsteller auf Anfrage mitgeteilt, dass die Tochter des Antragstellers das Notbetreuungsangebot mangels Vorliegens der hierfür zu erfüllenden individuellen Voraussetzungen nicht in Anspruch nehmen könne. Sowohl der Antragsteller als auch dessen Ehefrau seien beruflich stark beansprucht, wobei ein erheblicher Teil der Arbeitszeit auf nicht verschiebbare Sitzungen bzw. Kundenkontakt entfalle. Bei zeitlichen Überschneidungen der Sitzungen sei eine Betreuung der Tochter nicht möglich, zumal die Großeltern als der Risikogruppe zugehörig ausfielen.
§ 28 Abs. 1 IfSG stelle keine taugliche Rechtsgrundlage für das verfügte Betretungsverbot von Kindertagesstätten dar, da die Vorschrift dem Wortlaut nach nur auf Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider von Krankheitserregern anwendbar, mutmaßlich aber nur ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung mit dem Corona-Virus infiziert sei. Das vom Antragsteller angegriffene Verbot, die Betreuung in einer Kinderkrippe in Anspruch zu nehmen, gelte nunmehr bereits seit 24. April 2020 und könne nicht mehr als kurzfristig angesehen werden, so dass angesichts der damit einhergehenden erheblichen Grundrechtseingriffe auch ein Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes vorliege.
Die angeordneten Maßnahmen seien auch unverhältnismäßig, weil nach derzeitigem Kenntnisstand Kleinkinder entweder nicht oder nur in geringem Umfang mit dem neuartigen Corona-Virus infiziert seien. Zudem könne unter Beachtung entsprechender Hygienemaßnahmen der Gefahr einer Infektion auch in Kinderkrippen wirksam vorgebeugt werden.
Die Allgemeinverfügung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Insbesondere die Ungleichbehandlung von erwerbstätigen Eltern, die - wie der Antragsteller und seine Ehefrau - an der Betreuung ihres Kindes aus zwingenden beruflichen Gründen gehindert seien, und erwerbstätigen Eltern, von denen ein Elternteil aus beruflichen Gründen während des überwiegenden Teils der Woche nicht im gemeinsamen Haushalt übernachten könne, sei sachlich nicht gerechtfertigt. Das Kriterium der auswärtigen Unterbringung sei für eine Differenzierung nicht geeignet, denn es könne die unterschiedlichsten Gründe dafür geben, dass Eltern die Betreuung ihres Kindes aus beruflichen Gründen nicht sicherstellen können.
Die Anträge bleiben ohne Erfolg.
Die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO sind zulässig, aber unbegründet.
1. Die Erweiterung der Klage und des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf die Antragstellerin zu 2. ist als subjektive Klage- und Antragshäufung im Wege der Klageänderung nach § 91 VwGO zulässig, da sie sachdienlich ist.
Das Gericht geht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes von der Zulässigkeit auch der Anfechtungsklage des Antragstellers zu 1. und damit des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO, insbesondere von einer Klage- und Antragsbefugnis des Antragstellers zu 1. aus. Zwar führt der Antragsgegner zurecht aus, dass die Allgemeinverfügung sich weder unmittelbar auf die Berufstätigkeit bezieht noch eine sog. „objektiv berufsregelnde Tendenz“ aufweist, so dass fraglich ist, ob ein Eingriff in die Berufsfreiheit vorliegt. Angesichts der intensiven faktischen Auswirkungen, die das Verbot des Besuchs einer Kindertagesstätte auf die Berufsausübung in Vollzeit berufstätiger Eltern und auf deren Alltag haben kann, liegt aber eine unmittelbare Rechtsbetroffenheit in Form jedenfalls eines Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG nahe, so dass der Antragsteller geltend machen kann, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die endgültige Klärung der Frage der Rechtsbetroffenheit muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
2. Die Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen sind unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Es hat zwischen dem in der gesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommenden Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der zugrundeliegende Bescheid bei dieser Prüfung hingegen als rechtswidrig und das Hauptsacheverfahren damit voraussichtlich als erfolgreich, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung regelmäßig zu verneinen. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hingegen offen, kommt es zu einer allgemeinen Abwägung der widerstreitenden Interessen.
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