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Übertragung des BEA-Freibetrags: Anforderungen an Merkmal der regelmäßigen, nicht unwesentlichen Betreuung

Familienrecht | Lesezeit: ca. 4 Minuten

Ein Vater, der seinen bei seiner geschiedenen Ehefrau lebenden minderjährigen Sohn entsprechend dem vereinbarten Umgangsrecht nahezu an jedem zweiten Wochenende abholt und betreut, leistet einen nicht unwesentlichen zeitlichen Betreuungsanteil und kann damit der Übertragung des ihm zustehenden BEA-Freibetrags auf die Kindesmutter wirksam widersprechen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Im Streitfall hatte der Kläger (Kindesvater) mit seiner geschiedenen Ehefrau (Kindesmutter; Beigeladene) vor dem Familiengericht ein Umgangsrecht dergestalt vereinbart, dass er seinen Sohn in einem wöchentlichen Rhythmus jedes zweite Wochenende samstags um 10.00 Uhr abholt und sonntags um 16.00 Uhr zurückbringt. Die einfache Entfernung zwischen den Wohnorten betrug 163 km. Vergeblich begehrte der Kläger beim beklagten Finanzamt die Berücksichtigung des Freibetrags für den Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) im Hinblick auf die von ihm erbrachten Betreuungsleistungen. Das Finanzamt war der Meinung, der vom Kläger geltend gemachte Betreuungsumfang (2016: 45 Tage; 2017: 55 Tage) sei nicht ausreichend.

Die Klage hatte vor dem FG Niedersachsen Erfolg.

Das Finanzgericht folgte dabei den Grundsätzen der neuen BFH-Rechtsprechung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „nicht unwesentlichen“ Betreuung in § 32 Abs. 6 Satz 9 Alt. 2 EStG. Danach bestehen grundsätzlich aus Vereinfachungsgründen keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10% von einem ausreichenden Betreuungsumfang auszugehen (BFH, Urt. v. 08.11.2017 - III R 2/16).

Im Streitfall war zwischen den Beteiligten streitig, wie die 10%-Grenze in zeitlicher Hinsicht zu bestimmen ist und ob in diesem Zusammenhang auch Tage voll mitzählen, an denen das Kind nur einen Teil des Tages betreut wird. Das Finanzgericht hat diese Frage zugunsten des Klägers bejaht. Einzelne Betreuungstage zählten danach zur Bestimmung eines wesentlichen Betreuungsumfangs auch dann mit, wenn die Betreuungszeit nicht volle 24 Stunden umfasse. Dies gelte jedenfalls für den Fall, dass – wie im Streitfall – die Betreuungszeit deutlich mehr als 12 Stunden betrage und damit über reine Besuchszwecke deutlich hinausgehe. Alles andere würde zur Überzeugung des Finanzgerichts ggf. auf eine stundengenaue Protokollierung hinauslaufen und damit dem vom BFH mit der festgelegten Wesentlichkeitsgrenze von 10% verfolgten Vereinfachungszweck zuwiderlaufen.

Schließlich sei im Streitfall selbst bei stundengenauer Abrechnung mit der Folge des Unterschreitens der Wesentlichkeitsschwelle gleichwohl von einem wesentlichen Betreuungsumfang auszugehen. Angesichts der großen Entfernung zwischen den Wohnorten des Klägers und der Beigeladenen, die einen höheren Betreuungsanteil wegen der Arbeitsverpflichtung unter der Woche erschwere und die Betreuungszeiten in der Regel auf die Wochenenden, Feiertagen und Urlaubszeiten beschränke, erscheine der Betreuungsanteil auch in diesem Fall als nicht unwesentlich.


FG Niedersachsen, 19.02.2020 - Az: 9 K 20/19

ECLI:DE:FGNI:2020:0219.9K20.19.00

Quelle: PM des FG Niedersachsen

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