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Wann kann man eine Schenkung rückgängig machen?

Familienrecht | Lesezeit: ca. 12 Minuten

Schenkungen gehören zu den häufigsten Formen unentgeltlicher Zuwendungen im privaten Bereich. In der Regel handelt es sich hierbei um Geldbeträge, Immobilien oder wertvolle Gegenstände. Doch mitunter entsteht im Nachhinein der Wunsch, eine bereits vollzogene Schenkung rückgängig zu machen. Die rechtlichen Hürden hierfür sind hoch, aber nicht unüberwindbar.

Im Grundsatz ist eine Schenkung für den Schenker bindend!

Schenkungen sind Verträge, bei denen sich der Schenker verpflichtet, dem Beschenkten einen Vermögensvorteil unentgeltlich zuzuwenden (§ 516 Abs. 1 BGB). Wird die Schenkung bereits vollzogen, liegt eine sogenannte Handschenkung vor, die grundsätzlich keiner notariellen Form bedarf. Bei Schenkungsversprechen - etwa bei zukünftigen Zuwendungen- ist hingegen die notarielle Beurkundung notwendig (§ 518 Abs. 1 BGB).

Nach Vollzug der Schenkung tritt eine Bindung ein: Ist die Leistung erbracht, so ergibt sich ein Rückforderungsrecht nicht automatisch. Anders als bei entgeltlichen Verträgen fehlt ein klassischer Rücktrittsmechanismus. Die Rückforderung ist deshalb nur in gesetzlich geregelten Ausnahmefällen möglich:

Rückforderung wegen groben Undanks

Ein wichtiger Rückforderungsgrund ist der sogenannte grobe Undank. Nach § 530 Abs. 1 BGB kann der Schenker die Schenkung widerrufen, wenn sich der Beschenkte durch eine schwerwiegende Verfehlung des Undanks schuldig macht. Entscheidend ist eine Verhaltensweise, die sich gegen den Schenker richtet und so schwer wiegt, dass sie als grober Verstoß gegen die Dankbarkeitspflicht zu werten ist.

Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an das Vorliegen eines groben Undanks. Typische Fallgruppen sind:
  • Tätliche Angriffe auf den Schenker (z. B. körperliche Misshandlungen)
  • Schwerwiegende Beleidigungen oder Rufschädigungen
  • Strafbare Handlungen gegen das Vermögen oder die Ehre des Schenkers
  • Hartnäckige, grundlose Kontaktverweigerung in engen persönlichen Beziehungen
Undankbarkeit oder distanziertes Verhalten reichen für eine Rückforderung dagegen nicht aus. Auch familiäre Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten im Alltag genügen nicht. Die Schenkung kann nur innerhalb eines Jahres nach Kenntnis von der undankbaren Handlung widerrufen werden (§ 532 BGB).

Rückforderung bei Verarmung des Schenkers

Ein weiterer gesetzlicher Rückforderungsgrund ergibt sich aus § 528 BGB. Hiernach kann der Schenker die Herausgabe der Schenkung verlangen, wenn er nach der Zuwendung außerstande ist, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Gesetzgeber schützt damit das Existenzminimum des Schenkers und räumt ihm ein Rückforderungsrecht bei Verarmung ein.

Die Rückforderung ist allerdings nur möglich, soweit der Beschenkte durch die Herausgabe nicht selbst außerstande wird, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu decken. Die Interessen beider Seiten werden also gegeneinander abgewogen. Wenn der Beschenkte nicht mehr bereichert ist, etwa weil das Geschenk verbraucht wurde, entfällt die Rückforderungspflicht (§ 818 Abs. 3 BGB).

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, von einem neuen Beschenkten eine Rückgabe zu verlangen, wenn der erste Beschenkte das Geschenk unentgeltlich weitergegeben hat (§ 528 Abs. 2 BGB).

Rücktritt wegen Zweckverfehlung

Nicht jede Zuwendung, die als Schenkung erscheint, ist rechtlich auch eine solche. Teilweise wird eine Schenkung mit einer bestimmten Zweckbindung versehen, etwa um den Unterhalt zu sichern, ein Studium zu finanzieren oder einen Hausbau zu ermöglichen. In diesen Fällen kann bei Zweckverfehlung ein Anspruch auf Rückforderung bestehen – entweder wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) oder wegen einer konkludent vereinbarten Rückfallklausel.

Ob und unter welchen Umständen ein solcher Rückforderungsanspruch besteht, hängt vom Einzelfall ab. Die Gerichte prüfen dabei, ob der Schenker nach Treu und Glauben davon ausgehen durfte, dass der Beschenkte die Zuwendung nur unter bestimmten Voraussetzungen behalten dürfe. Wird der Zweck durch das Verhalten des Beschenkten vereitelt, kann eine Rückforderung in Betracht kommen.

Typische Konstellationen:
  • Zahlung an ein (verlobtes) Paar zur Finanzierung einer gemeinsamen Immobilie und eine Trennung kurz nach dem Erwerb
  • Unterstützung beim Aufbau eines gemeinsamen Unternehmens und der vorzeitige Ausstieg des Beschenkten
  • Zuwendung zur Existenzsicherung und späterer Zweckentfall
In der Rechtsprechung ist insbesondere bei Zuwendungen unter Partnern, Eltern und Kindern regelmäßig eine Prüfung geboten, ob eine Zweckbindung bestand, die eine Rückforderung rechtfertigen kann.

Rückforderung bei Scheitern von eheähnlichen Lebensgemeinschaften

In nichtehelichen Lebensgemeinschaften kommt es häufig zu Vermögensverschiebungen, ohne dass klare vertragliche Regelungen getroffen wurden. Bei Trennung stellt sich dann die Frage, ob größere Zuwendungen (z.B. Immobilienkauf, Finanzierung eines Autos oder Ausstattung der gemeinsamen Wohnung) zurückverlangt werden können.

Grundsätzlich gilt auch hier: Wurde etwas unentgeltlich zugewendet, liegt eine Schenkung vor. Der Rückforderungsanspruch hängt davon ab, ob eine Zweckbindung angenommen werden kann oder ob grober Undank vorliegt. In der Rechtsprechung wird anerkannt, dass größere Vermögenszuwendungen unter Lebenspartnern in der Regel mit dem Vertrauen auf das Fortbestehen der Beziehung verbunden sind. Scheitert die Beziehung unerwartet, kann eine Rückforderung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gerechtfertigt sein.

Besondere Regelungen bei Immobilienschenkungen

Immobilienschenkungen sind mit besonderen rechtlichen Wirkungen verbunden. Häufig wird die Übertragung im Familienkreis vorgenommen, etwa Eltern auf Kinder, unter Vereinbarung eines Wohnrechts, Nießbrauchs oder Rückforderungsrechts.

Solche Vorbehalte sichern dem Schenker auch nach der Übergabe gewisse Mitwirkungs- oder Rückgriffsrechte. Wird ein Rückforderungsrecht notariell vereinbart und im Grundbuch eingetragen, kann bei bestimmten Verhaltensweisen (z. B. grober Undank, Weiterverkauf ohne Zustimmung) die Rückübertragung verlangt werden. Die Wirksamkeit solcher Klauseln hängt maßgeblich vom konkreten Vertragsinhalt ab.

Wurde kein Rückforderungsrecht vorbehalten, bleibt nur der Rückgriff auf die allgemeinen gesetzlichen Rückforderungsgründe – etwa grober Undank oder Verarmung.

Widerruf bei Verstoß gegen Auflagen

Schenkungen können mit Auflagen verbunden werden. Verpflichtet sich der Beschenkte im Schenkungsvertrag zu bestimmten Leistungen oder Verhaltensweisen, stellt dies eine sogenannte Auflagenschenkung dar (§ 525 BGB). Kommt der Beschenkte seiner Verpflichtung nicht nach, kann der Schenker die Schenkung widerrufen (§ 527 BGB).

Typische Auflagen:
  • Pflege oder Betreuung des Schenkers
  • Verpflichtung zur Grabpflege
  • Verpflichtung zur Erhaltung eines Gegenstands (z. B. eines denkmalgeschützten Hauses)
Auch hier gilt: Der Widerruf ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig und muss rechtzeitig erfolgen. Die Auflage muss eindeutig vereinbart worden sein und der Verstoß darf nicht nur geringfügig sein.

Kein Widerruf bei gewöhnlicher Undankbarkeit oder Meinungsänderung

Unzufriedenheit, nachträgliches Bereuen oder schlichte Undankbarkeit genügen nicht für einen wirksamen Widerruf der Schenkung. Auch moralisch fragwürdiges Verhalten des Beschenkten kann rechtlich folgenlos bleiben, wenn die gesetzlichen Tatbestände nicht erfüllt sind.

Der Schutz des Beschenkten steht im Vordergrund: Wer sich freiwillig zu einer unentgeltlichen Zuwendung entscheidet, trägt grundsätzlich das Risiko, dass das Verhältnis sich später verändert oder die Erwartungen enttäuscht werden.

Zivilrechtliche und steuerrechtliche Rückabwicklung

Kommt es zur Rückforderung einer Schenkung, ist der Rückgewähranspruch oftmals zivilrechtlich durchzusetzen. Die Klage auf Herausgabe erfolgt regelmäßig nach Bereicherungsrecht (§ 812 BGB) oder auf Grundlage des Widerrufs (§ 530 ff. BGB). Auch die Übertragung eines Grundstücks kann rückabgewickelt werden – etwa durch Rückauflassung.

Zugleich können steuerrechtliche Folgen entstehen: Wurde die Schenkung bereits besteuert, kann im Falle der Rückabwicklung unter bestimmten Voraussetzungen ein Antrag auf Rückerstattung der Schenkungsteuer gestellt werden (§ 29 ErbStG). Voraussetzung ist, dass die Rückgängigmachung innerhalb eines bestimmten Zeitraums erfolgt und tatsächlich zivilrechtlich wirksam ist. Eine einvernehmliche Rückgabe durch Vertrag gilt nicht automatisch als Rückgängigmachung im steuerrechtlichen Sinne.

Verjährung und Fristwahrung

Widerrufsrechte und Rückforderungsansprüche unterliegen bestimmten Fristen. Bei grobem Undank beträgt die Widerrufsfrist ein Jahr ab Kenntnis. Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt in vielen Fällen drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.

Wird ein Rückforderungsanspruch geltend gemacht, sollte daher auch auf die form- und fristgerechte Geltendmachung geachtet werden. In Zweifelsfällen empfiehlt sich eine anwaltliche Prüfung der konkreten Vertrags- und Lebenssituation.

Hinweis: In Fragen zur Rückforderung von Schenkungen lohnt es sich, eine juristische Prüfung im Einzelfall vorzunehmen. AnwaltOnline bietet hierzu fundierte Beratung durch spezialisierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.
Stand: 07.07.2025 (aktualisiert am: 08.07.2025)
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