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Kein Versammlungsverbot durch die Dritte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Die Dritte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 14. März 2020 (GVBI. S. 161) in der Fassung durch Art. 2 der Verordnung vom 4. April 2020 (GVBI. S. 238) enthielt kein Verbot von Versammlungen, wobei dahingestellt bleibt, ob ein Verbot durch eine Rechtsverordnung als abstrakt-generelle Regelung unabhängig der konkreten Umstände überhaupt möglich ist.

Lässt die Begründung eines polizeilichen Vorgehens eine - vermeintliche - Bindung an infektionsschutzrechtliche Vorgaben erkennen, die zu einem Ausfall des hier jedenfalls bestehenden Ermessens geführt hat, ist die Maßnahme unabhängig vom Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne von §15 Abs,. 3 i.V.m. Abs. 1 VersammlG durch Missachtung von Verhaltenspflichten aus § 1 der Dritten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus rechtswidrig.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Am Freitag, den 03.04.2021 hatte die Anmelderin und Teilnehmerin, die jetzige Klägerin, gegen 15 Uhr per E-Mail bei den Ordnungsbehörden der Stadt Frankfurt am Main eine Versammlung für Sonntag, den 05.04.2020 zwischen 15 und 17 Uhr am Mainufer auf der Römerseite unter dem Motto „Leave no one behind- sofortige Evakuierung der Geflüchteten aus Griechenland und von der griechisch-türkischen Grenze“ angemeldet. Mit einer weiteren E-Mail wurde als Veranstalter die Organisation Seebrücke Frankfurt am Main benannt.

Eine ordnungsbehördliche Verfügung der Stadt Frankfurt am Main erging im weiteren Verlauf nicht. Aus der dem Gericht bekannten Vorkorrespondenz der Ordnungs- mit der Polizeibehörde ist jedoch zu entnehmen, dass die Ordnungsbehörde davon ausging, dass Versammlungen unter freiem Himmel aufgrund der infektionsschutzrechtlichen Vorgaben (hier insbesondere der Dritten Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus vom 14.03.2020, zuletzt mit Wirkung ab dem 05. April 2020 geändert durch Art. 2 der Verordnung vom 04. April 2020) nicht erlaubt seien.

Am Sonntag, den 05. April 2020 versammelten sich ca. 300 Menschen um den Eisernen Steg herum. Ab 15 Uhr löste die Polizei die Versammlung auf und forderte die Teilnehmer mit Lautsprecherdurchsagen auf, die Örtlichkeit zu verlassen.

Die hiergegen von der Anmelderin erhobene Klage vor dem VG Frankfurt/Main hat Erfolg.

Das Gericht hat zunächst festgestellt, dass es sich bei dem kommunikativen Anliegen, gemeinsam die Evakuierung der Geflüchteten aus Griechenland und von der griechisch-türkischen Grenze einzufordern, um eine Versammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes handele. Das Gericht hat sowohl die seitens der beklagten Polizei als auch des Hessischen Rundfunks vorgelegten Medienberichte und Video-Dateien herangezogen und festgestellt, dass als Auflösungsgrund ein Verbot sämtlicher Versammlungen aufgrund des Infektionsschutzgesetzes in Verbindung mit den Verordnungen des Landes Hessen zur Bekämpfung des Corona-Virus bekannt gegeben worden sei. Nach den deutlich zu hörenden Lautsprecherdurchsagen: „Aufgrund des Corona-Virus wurden sämtliche Versammlungen verboten“ sei zu erkennen, dass die Polizei davon ausgegangen sei, dass nach der damaligen Rechtslage Versammlungen grundsätzlich verboten seien. Diese Annahme entspreche jedoch nicht der objektiven Rechtslage. Unabhängig von der Frage, ob eine Rechtsverordnung als abstrakt-generelle Regelung überhaupt ein Verbot von Versammlungen ermöglich könne, sei festzustellen, dass sowohl durch das Infektionsschutzgesetz (§28 Abs.1 Satz 1 und 2 vom 20.07.2000) als auch nach den Verordnungen zur Bekämpfung des Corona-Virus kein grundsätzliches Versammlungsverbot im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Grundgesetz geregelt worden sei.

Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Es besteht die Möglichkeit, die Zulassung der Berufung beim VGH Hessen zu beantragen.


VG Frankfurt/Main, 16.11.2021 - Az: 5 K 1344/20

ECLI:DE:VGFFM:2021:1116.5K1344.20.F.00

Quelle: PM des VG Frankfurt/Main

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