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Obdachlosenunterbringung während der Corona-Pandemie

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 21 Minuten

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz im Hinblick auf seine Unterbringung als Obdachloser.

Er bewohnt seit 14. August 2018 ein Mehrbettzimmer im Übergangswohnheim der Antragsgegnerin für obdachlose Männer. Nachdem der Antragsteller durch die Antragsgegnerin mehrfach erfolglos zum Aufräumen seines Zimmers aufgefordert worden war, wurde er mit Schreiben vom 16. Oktober 2020 zu einer möglichen Verpflichtung hierzu unter Fristsetzung bis 12. November 2020 angehört.

Mit E-Mails vom 21. Oktober 2020 und vom 28. Oktober 2020 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass es aufgrund der ständig unverschlossenen Zimmertür jedermann möglich sei, in das Zimmer einzudringen und einen Brandherd zu legen. Er fordere daher, dass der linke Flur im ersten Stock - wie im ersten Stock rechts - durch ein Zeitschloss gesichert werde. Zudem fordere er, dass er in Zeiten der Corona-Pandemie als Über-Sechzigjähriger in einem Einzelzimmer untergebracht werde. Des Weiteren fordere er u.a. den Erhalt eines Zimmerschlüssels, das Entfallen der „Kindergartenzählung“ nachts um 23 Uhr sowie die Rücknahme der „Theresienstadtanordnung“ vom 1. November 2018, da der Gebrauch von Elektrogeräten in jeder Wohnung Standard sei.

Mit Schreiben vom 9. November 2020 begehrt der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz.

Er beantragt (wörtlich):
1. Eine weitere Doppelbelegung der Zimmer in der Wohnungslosenunterkunft in der * -Straße,, unterbleibt, insbesondere die Doppelbelegung im Zimmer des Beschwerdeführers Herrn V. im 1. Stock, Zimmer *.
2. Die Flurtüren im zweiten Stock rechts und im ersten und dritten OG links werden durch ein Zeitschloss verriegelt, um den Brandschutz- und Pandemieauflagen zu genügen.
3. Die Bewohner, die über 60 Jahre alt sind, erkennbar ihr Leben selbstständig gestalten können und bei denen keinerlei Suchtgefährdung vorliegt, erhalten einen Schlüssel, um ihre Zimmer vor Unbefugten, insbesondere aus Brandschutz und Gründen des Pandemieschutzes verschließen zu können, da sie offiziell zur Risikogruppe gehören.
4. Die Kindergartenzählung nachts um 23 Uhr entfällt, damit rechtschaffene Bewohner die Königin der Nacht, die Nachtruhe, genießen können, die sie verdient haben. Es gibt genügend andere Möglichkeiten, die Bewohner auf Einhaltung der nächtlichen Anwesenheit zu verpflichten.
5. Die Theresienstadtanordnung vom 1. November 2018 (das generelle Verbot zum Betreiben von Elektrogeräten), wobei der Begriff einen geschichtsträchtigen Umstand darstellt, mit dem etwas vorgetäuscht wird, was in Wirklichkeit nicht zur Anwendung kommt, wird sofort zurückgenommen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass das erste OG rechts mit einem Zeitschloss versehen sei. Dementsprechend leise gehe es dort zu. Da ihm Privilegien nicht sinnvoll erschienen, fordere der Antragsteller generell Zeitschlösser. Die Zimmertür und die Flurtür zum ersten OG stehe Tag und Nacht offen, sodass jedermann Brandherde legen oder den jeweiligen Bewohnern Schaden zufügen oder diese anstecken könne. Am 21. Oktober 2020 habe er die Aufforderung der Antragsgegnerin erhalten, das Zimmer bis 11. November 2020 aufzuräumen, mit dem versteckten Zusatz, dass dieses danach wieder doppelt belegt werden könne. Die Betten im Zimmer stünden keine 1,50 m auseinander, sondern nur 1,32 m. Der Mindestabstand könne daher nicht eingehalten werden. Das Betreiben von Elektrogeräten sei nach der Hausordnung verboten, was einer „Theresienstadtanordnung“ gleichkomme. Im dritten Jahrtausend seien Strom und der Zugang zum Internet jedoch selbstverständlich. Der Schutz vor Infektionen sei in dem Haus nicht gegeben. Unter den dortigen Umständen könnten rechtschaffene Personen nicht leben, besonders nicht, wenn sie über sechzig Jahre alt seien.

Die Antragsgegnerin hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Sie teilte mit Schriftsatz vom 11. November 2020 mit, dass aktuell und insbesondere am 12. November 2020 nicht geplant sei, das Zimmer des Antragstellers doppelt zu belegen.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2020 führte die Antragsgegnerin aus, dass schon das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses hinsichtlich der Frage der Doppelbelegung im Allgemeinen fraglich sei. In der Unterkunft stünden 96 Plätze zur Verfügung. Im ersten Stock sei ein abtrennbarer Bereich mit fünf Doppelzimmern als Quarantäne-Bereich vorgesehen, sodass nur 86 Plätze verblieben. Zum Zeitpunkt der Antragstellung seien bereits 70 Plätze belegt gewesen. Dies mache eine Doppel- bzw. Mehrfachbelegung der Zimmer unbedingt notwendig, da erfahrungsgemäß insbesondere über die Wintermonate mit vermehrten Einzügen zu rechnen sei. In der Unterkunft würde auf größtmöglichen Infektionsschutz geachtet. Der für alle Unterkünfte geltende (Rahmen-)Hygieneplan lege grundsätzliche Hygienestandards und Infektionsschutzmaßnahmen fest. Daneben habe der Betreiber in Zusammenarbeit mit der Stadt ein aktualisiertes und an das erhöhte Infektionsgeschehen angepasstes Schutz- und Hygienekonzept erstellt und setze dieses auch um. Auch aus Sicht des Gesundheitsamtes könne ggf. bereits davon ausgegangen werden, dass Mitbewohner eines Mehrbettzimmers als ein Hausstand anzusehen seien. Dies solle jedenfalls dann gelten, wenn sich Bewohner voraussichtlich über einen längeren Zeitraum ein Zimmer teilten. Zudem sei es in den meisten Zimmern - so auch im Zimmer des Antragstellers - möglich, Mindestabstände zwischen den Kopfenden der Betten von mehr als 1,50 m herzustellen. Daneben werde auf Empfehlung des Gesundheitsamtes, wenn nötig, mit Trennwänden gearbeitet. Hinsichtlich der Forderung des Antragstellers, die Flurtüren mit Zeitschlössern zu verriegeln, könne kein Zusammenhang mit „Pandemie- und Brandschutzauflagen“ festgestellt werden. Es sei kein Bedarf zu sehen, einzelne Bereiche der Bewohnertrakte zu verschließen. Das Zeitschloss, welches aktuell noch im ersten Stock angebracht sei, habe einen historischen Hintergrund (ehemaliger Trakt für Frauen) und sei aus heutiger Sicht nicht mehr notwendig. Auch die Forderung nach einem Zimmerschlüssel stehe nicht in Zusammenhang mit Pandemie- und Brandschutzauflagen. Jedem Bewohner werde ein verschließbarer Spind zur Verfügung gestellt. Um zu verhindern, dass sich Bewohnern in fremden Zimmern aufhielten, würden auch nachts Kontrollgänge durch die Unterkunftsbetreuer durchgeführt. Um 23 Uhr beginne in der Unterkunft die Nachtruhe. Der Betreiber der Unterkunft sei verpflichtet zu kontrollieren, welche Personen das Haus nutzten. Es sei daher täglich die tatsächliche Bewohnerzahl festzustellen. Tatsächlich sei es nach § 21 der Hausordnung nicht erlaubt, mitgebrachte Haushaltsgeräte oder Geräte aus der Unterhaltungselektronik in der Unterkunft zu betreiben. Dies diene dem Brandschutz und dem Schutz vor akustischen Beeinträchtigungen. Im Übrigen sei festzuhalten, dass es sich bei der Unterkunft um eine Notunterkunft handele, die nur ein vorläufiges und befristetes Unterkommen einfacher Art ermöglichen solle.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bleibt ohne Erfolg. Der Antragsteller hat das Bestehen der von ihm geltend gemachten Ansprüche nicht glaubhaft gemacht.

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