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Kontaktbeschränkungen im Gastronomiebetrieb

Corona-Virus | Lesezeit: ca. 37 Minuten

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die mit der Allgemeinverfügung „Kontaktbeschränkungen und Alkoholverbot“ der Stadt W. vom 14. September 2020 angeordnete Kontaktbeschränkung in Gastronomiegebieten und die Bewirtungsbeschränkung im Innenstadtbereich.

Der Antragsteller betreibt in W. ein Restaurant, welches unter gewöhnlichen Umständen bis 00:00 Uhr geöffnet ist.

Mit Schriftsatz vom 16. September 2020 ließ der Antragsteller im Verfahren Az: W 8 K 20.1336 Klage erheben und im vorliegenden Verfahren beantragen, die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage des Antragstellers vom 16. September gegen die Allgemeinverfügung der Antragsgegnerin vom 14. September 2020 („Allgemeinverfügung zur Bekämpfung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in der Stadt W. aufgrund steigender Fallzahlen“) wird angeordnet.

Zur Begründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen, dass sich der Antragsteller im Einzelnen gegen Ziffern 2 und 3 der Allgemeinverfügung wende, wobei Ziffer 2 Bezug nehme auf Ziffer 1 der Allgemeinverfügung und die damit verbundenen Verletzungen subjektiv-öffentlicher Rechte. Ziffer 2 der Allgemeinverfügung führe dazu, dass Gruppen, die die Speisewirtschaft des Antragstellers aufsuchten, aus maximal fünf Personen bestehen dürften. Nach der bisherigen Regelung seien dies zehn Personen gewesen. Eine Differenzierung zwischen verschiedenen Arten der Gastronomie finde nur unzureichend statt, obwohl der Antragsgegnerin offensichtlich bekannt sei oder bekannt sein müsste, dass das Infektionsgeschehen maßgeblich davon abhänge, wo in welcher Form welches Publikum zusammenkomme. Die Begründung der beiden Ziffern (Gründe, Ziffer V) stelle explizit darauf ab, dass immer mehr jüngere Menschen infiziert seien und dass die gegenseitige Rücksichtnahme und das Abstandsgebot in dieser Gruppe stark rückläufig seien. Das in Ziffer V der Begründung für die Allgemeinverfügung beschriebene Phänomen treffe auf die Gästestruktur des B. nicht zu. Es dürfte gerichtsbekannt sein, dass es sich bei den Gästen dieser gehobenen Gastronomie überwiegend um Menschen mittleren bis höheren Alters und Geschäftsleute handele. Das B. sei, ähnlich dem J. oder dem „X.“, kein Gastronomietreffpunkt für jüngere Menschen. Dieser Umstand werde in der Allgemeinverfügung in keiner Weise berücksichtigt. Stattdessen würden undifferenziert und in unverhältnismäßiger Weise alle Gastronomiebetriebe im W.Stadtgebiet erfasst. Die Allgemeinverfügung berücksichtige nicht, ob der jeweilige Gastronomiebetrieb in der Vergangenheit die Hygienevorschriften des 6. BayIfSMV eingehalten habe oder nicht. Die Allgemeinverfügung führe damit die bisher geltenden Hygienevorschriften ad absurdum. Im Betrieb des Antragstellers seien im Rahmen wiederholter Prüfungen weder durch die Kontrollbehörden der Antragsgegnerin noch durch die Polizei irgendwelche Verstöße festgestellt worden. Die Antragsgegnerin beziehe sich in Ziffer 3. der Allgemeinverfügung ausdrücklich auf Speisewirtschaften. Dem Antragsteller sei kein Fall bekannt, bei dem es in Speisewirtschaften zu Infektionen gekommen sei. Die Behauptung in den Gründen (Ziffer VI), Kontrollbehörden hätten angeblich innerhalb und vor den Speisewirtschaften Verstöße gegen die 6. BayIfSMV festgestellt, werde bestritten. Sie sei letztlich unsubstantiiert. Nach den vorliegenden Informationen sei es im Stadtgebiet in zwei Shisha-Bars und mehreren Diskotheken, wobei es sich teilweise um private Feiern handelte, zu Infektionen bzw. Verstößen gegen die 6. BayIfSMV, gekommen, wobei sich zwei der Diskotheken außerhalb des Stadtzentrums befinden würden. Deshalb sei auch der Schluss, den die Antragsgegnerin daraus ziehe (man müsse davon ausgehen, dass es in und vor sämtlichen Speisewirtschaften im räumlichen Geltungsbereich zu Verstößen gekommen sei), unzulässig. Der Antragsteller verfolge das Konzept, seine Tische für das Abendessen in zwei Durchläufen anzubieten („Seatings“). Die ersten Gäste zum Abendessen kämen in der Regel um 18:00 Uhr und würden den Gastronomiebetrieb gegen 20:00 Uhr verlassen. Die nächste Reservierung sei für diese Tische gegen 20:15 Uhr möglich. In der Zwischenzeit desinfiziere das Personal des Antragstellers entsprechend den Vorgaben der geltenden Bestimmungen zum Infektionsschutzgesetz die Plätze und stelle durch die Unterbrechung sicher, dass die Gäste sich beim Tischwechsel nicht begegnen würden. Die Regelung der Allgemeinverfügung habe schon jetzt dazu geführt, dass zahlreiche Reservierungen storniert worden seien, was einen erheblichen Schaden für den Antragsteller bedeute. Die Allgemeinverfügung enthalte keine konkreten Zahlen. Zwar gehe aus der derzeitigen Nachrichtenlage hervor, dass die 7-Tage-Inzidenz in W. besonders hoch sei. Zugleich werde dieses Phänomen regelmäßig damit begründet, dass Urlauber infiziert aus ihren Ferienorten zurückkehrten. Eine Kausalität zwischen dem Betrieb von Speisewirtschaften und hohen Infektionszahlen sei weder der Allgemeinverfügung noch der derzeitigen Berichterstattung zu entnehmen. Die auf Speisewirtschaften bezogene Regelung sei vor diesem Hintergrund unverhältnismäßig, da ein - geschweige denn erhöhtes - Infektionsgeschehen in diesem Bereich nicht nachgewiesen werde. Die tägliche Beendigung des Gastronomiebetriebes bereits um 22:00 Uhr stelle für den Antragsteller einen massiven Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, weil die zweite Runde des oben beschriebenen Seatings dadurch unmöglich gemacht werde, und gehe mit schwerwiegenden finanziellen Einbußen einher. Daraus folge eine weitere Gefährdung von Arbeitsplätzen und letztlich der Existenz des Unternehmens. Es sei bereits fraglich, ob das Infektionsschutzgesetz eine taugliche Rechtsgrundlage für einen derart massiven Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit darstelle. Die zeitliche Einschränkung wäre nur dann verfassungsrechtlich zulässig, wenn diese Maßnahme der Zielerreichung - Infektionsschutz - förderlich und keine weniger belastende Maßnahme möglich wäre. Die zusätzliche Begrenzung der Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr vor Ort auf 22:00 Uhr fördere dieses Ziel jedoch nicht. Welchen signifikanten Unterschied eine verkürzte Öffnungszeit machen solle, gehe aus der Begründung der Allgemeinverfügung nicht hervor. Der Genuss alkoholischer Getränke, der zur Missachtung der Hygienevorschriften führen solle, finde in Gastronomiebetrieben auch vor 22:00 Uhr statt. Eine Differenzierung der Gastronomiebetriebe nach Zielgruppen finde in den Regelungen der Allgemeinverfügung selbst nicht statt. Die Festlegung des Geltungsbereichs in Ziffer 3 sei ohne sachlichen Grund erfolgt. Die räumliche Enge der Innenstadt tauge insoweit nicht als Argument. Vorgeschriebene Abstände würden nicht deshalb missachtet, weil die Innenstadt eng bebaut sei. Auch das Argument der Häufigkeit der Gaststättenbetriebe lasse sich nicht in dieser Pauschalität auf alle Betriebe anwenden, sondern betreffe offenbar Bereiche, in denen entsprechende Betriebe sich in unmittelbarer Nähe zueinander befänden, wie z.B. die S. straße oder die J-promenade. Auf das B. treffe dies jedoch nicht zu. Ziffer 3 der Allgemeinverfügung treffe auch Gastronomiebetriebe, die ausweislich der Begründung der Allgemeinverfügung per se nicht zu den von den in der Begründung genannten jugendlichen Menschen in einer Vielzahl aufgesucht würden. Zum anderen sei nicht einzusehen, warum lediglich Gastronomiebetriebe, in dem in der Anlage 1 zur Allgemeinverfügung eingegrenzten Raum im Stadtgebiet betroffen seien. Die erhöhten Infektionszahlen beträfen das gesamte Stadtgebiet W. Es erscheine deshalb willkürlich, dass nur die in der Allgemeinverfügung beschriebenen Gastronomiebetriebe betroffen seien und beispielsweise nicht etwa auch Gastronomiebetriebe im F. oder am H., oder in den bei jungen Menschen und Studenten beliebten Stadtteilen Z. und G. Letztlich führe die Allgemeinverfügung nur zu einer räumlichen Verschiebung der gefährdenden Zusammenkünfte an diesen Orten. Der Infektionsschutz sei bei Einhaltung der Hygienevorschriften jedoch genauso gewährleistet, wenn auch zwischen 22:00 Uhr und 0:00 Uhr noch Speisen und Getränke abgegeben würden. Es sei auch nicht ersichtlich, warum die Infektionsgefahr im B. höher sein solle, als z.B. im „D.“ auf der T. Dieser Gastronomiebetrieb sei beispielsweise trotz seiner großen Beliebtheit bei jungen Menschen von Ziffer 3 der Allgemeinverfügung nicht betroffen. Die Ablehnung des Antrags und das weitere Verbot würden den Antragsteller in eine existenzielle Notlage bringen, da jeder Umsatz für den Fortbestand des Gastronomiebetriebs entscheidend sein könne. Ein so intensiver Eingriff in die Art. 14 und 12 GG sei durch das Infektionsschutzgesetz in diesem Maße nicht gerechtfertigt, insbesondere, wenn weniger schwerwiegende Eingriffsmöglichkeiten bestünden. Dem Antragsteller würden schwere, unzumutbare Nachteile drohen, so dass die Hauptsache ausnahmsweise vorweggenommen werden könne.

Hierzu führte das Gericht aus:

Der Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Allgemeinverfügung der Stadt W. vom 14. September 2020 ist bei verständiger Würdigung des vom Antragsteller offenbarten Begehrens unter Berücksichtigung seines Interesses gemäß § 88 VwGO i.V.m. § 122 VwGO dahingehend auszulegen, dass er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen Nr. 2 und Nr. 3 der Allgemeinverfügung vom 14. September 2020 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO begehrt, was sich aus seiner Antragsbegründung auch explizit ergibt.

1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang lediglich teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.

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