Mit ihrem Eilantrag nach § 47 Abs. 6 VwGO verfolgt die Antragstellerin das Ziel, den Vollzug mehrerer Bestimmungen der „Vierten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung“ des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 5. Mai 2020 (2126-1-8-G, BayMBl. 2020 Nr. 240, 245, GVBl. 2020 S. 271, im Folgenden: 4. BayIfSMV) einstweilen auszusetzen.
Die Antragstellerin, die in Bayern wohnt, hat mit Schriftsatz vom 7. Mai 2020, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am selben Tag, einstweiligen Rechtsschutz nach § 47 Abs. 6 VwGO beantragt und die Außervollzugsetzung der § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 5, § 21 Nr. 1 und 4 4. BayIfSMV begehrt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die 4. BayIfSMV sei wegen Verletzung von Art. 48 und 98 BV sowie des Zitiergebots nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG formell verfassungswidrig. § 1 Abs. 1 4. BayIfSMV sei nicht hinreichend bestimmt; nicht zu erkennen sei, was mit „absolut nötigen Minimum“ und „wo immer möglich“ gemeint sei. Die § 32 Satz 1 und § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG enthielten keine Rechtsgrundlage für Maßnahmen gegen „Nichtstörer“ und seien nicht hinreichend bestimmt. Die angegriffenen Regelungen seien weder geeignet noch erforderlich. Für das Vorliegen einer erheblichen Gesundheitsgefährdung gebe es keine wissenschaftlich evidenzbasierte Grundlage; bei SARS-CoV-2 handle es sich um ein harmloses Grippevirus. Regelungen, die sich auf die Risikogruppen beschränkten, seien völlig ausreichend. Das Besuchsverbot verletze das Selbstbestimmungsrecht alter oder kranker Menschen. Der Antrag sei wegen § 17 Abs. 2 GVG auch hinsichtlich § 21 4. BayIfSMV zulässig.
Hierzu führte das Gericht aus:
1. Der Eilantrag ist unzulässig, soweit er darauf gerichtet ist, die rein ordnungswidrigkeitsrechtliche Bestimmung des § 21 Nr. 1 und 4 4. BayIfSMV außer Vollzug zu setzen. Da der Verwaltungsgerichtshof nach § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO nur „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit“ über die Gültigkeit von Normen entscheidet, unterliegen seiner Prüfung nur solche Bestimmungen, aus deren Anwendung sich Rechtsstreitigkeiten ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Auf reine Bußgeldbestimmungen - wie hier § 21 Nr. 1 und 4 4. BayIfSMV - erstreckt sich die Prüfungskompetenz der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht, weil gegen die auf solche Normen gestützten Bußgeldbescheide nach § 68 OWiG allein die ordentlichen Gerichte angerufen werden können. Der Hinweis der Antragstellerin auf § 17 Abs. 2 GVG geht deshalb fehl.
2. Im Übrigen ist der Eilantrag zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nach Auffassung des Senats nicht vor.
a) Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen. Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann. Das muss insbesondere dann gelten, wenn - wie hier - die in der Hauptsache angegriffenen Normen in quantitativer und qualitativer Hinsicht erhebliche Grundrechtseingriffe enthalten oder begründen, sodass sich das Normenkontrollverfahren (ausnahmsweise) als zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten erweisen dürfte.
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