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Ersatz von Pflegekosten und die Frage des Wohnsitzes

Betreuungsrecht | Lesezeit: ca. 17 Minuten

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten, seiner Mutter, Ansprüche auf Ersatz von für diese aufgewendete Pflegekosten geltend.

Die Beklagte hält sich seit mindestens 2016 ununterbrochen in Spanien auf. Laut Meldebescheinigung vom 07.09.2020 ist die Beklagte seit 20.04.2002 nicht mehr dort gemeldet. Die Beklagte ist 98 Jahre alt und dement und wird durch den Betreuer Dr. G. G., den Bruder des Klägers, gesetzlich vertreten. Für den Kläger besteht eine notarielle Vorsorgevollmacht vom 26.4.2013, die in Spanien erstellt wurde. Diese umfasst u.a. die Personensorge einschließlich der Bestimmung über den Aufenthaltsort der Beklagten. Durch Beschluss des Gerichts Erste Instanz Nr. 8 von Marbella vom 11.1.2019 wurde dem Bruder des Klägers die Vermögensverwaltung übertragen.

Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte abgewiesen. Da § 23 ZPO gemäß Art. 5 Brüssel Ia-VO keine Anwendung fände, komme es nur darauf an, ob die Beklagte nach § 7 BGB (zumindest auch) einen Wohnsitz in Deutschland habe. Dies sei jedoch aufgrund der (näher erörterten) Umstände des Einzelfalls vorliegend zu verneinen.

Gegen das ihm am 6.11.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.11.2020 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 8.2.2021 am 8.2.2021 begründet. Er ist der Auffassung, dass das Landgericht zu Unrecht die Wohnsitzfrage nur nach deutschem Recht - und zudem unzutreffend - beurteilt habe. Stattdessen hätte es die Frage des Wohnsitzes in Spanien nach spanischem Recht prüfen müssen, weil im Fall der Verneinung § 23 ZPO doch zur Anwendung gekommen wäre. Im Übrigen liege jedenfalls eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 7 Nr. 1a EuGVVO vor.

Der Senat hat mit Verfügung vom 3.3.2021 darauf hingewiesen, dass sich eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zwar nicht auf Art. 7 der Brüssel-1a-VO stützen ließe, dass aber das Landgericht zu Unrecht vom Kläger angebotene Beweise für einen aufrecht erhaltenen Wohnsitz der Beklagten in Deutschland nicht erhoben habe, so dass entsprechend dem hilfsweisen Antrag des Klägers die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht beabsichtigt sei.

Die Parteien haben sich mit weiteren Schriftsätzen zur Frage der internationalen Zuständigkeit und zum Wohnsitz der Beklagten geäußert. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 12.5.2021 mitgeteilt, dass dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten die Betreuerstellung mittlerweile entzogen worden sei.

Hierzu führte das Gericht aus:

1. Der Senat kann offenlassen, ob die Behauptung des Klägers, dem gesetzlichen Vertreter der Beklagten, Herrn G. G., sei mittlerweile die Betreuung für die Beklagte entzogen worden, zutrifft. Eine Unterbrechung kraft Gesetzes gemäß § 241 Abs. 1 ZPO tritt vorliegend nicht ein, da die Beklagte anwaltlich vertreten ist, § 246 Abs. 1 ZPO. Zugleich ermöglicht § 246 Abs. 1 ZPO nach seinem Sinn und Zweck auch, dass das Gericht trotz möglicherweise fehlender Prozessfähigkeit der unstreitig dementen Beklagten (vgl. auch § 53 ZPO) in der Sache entscheiden kann.

Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, dass eine Unterbrechung nicht stattfände, die Klage aber im Falle einer eingetretenen Prozessunfähigkeit oder eines Wegfalls eines gesetzlichen Vertreters als unzulässig abzuweisen sei, erscheint dies nicht überzeugend.

Hiergegen spricht insbesondere der Normzweck des § 86 ZPO, welcher darin zu sehen ist, den Prozessgegner vor Auswirkungen von Veränderungen auf der Gegenseite zu schützen und einen einmal begonnenen Rechtsstreit möglichst ohne Verzug zu Ende zu führen. Dies gilt umso mehr in der konkreten prozessualen Situation, in der eine zu Unrecht ergangene erstinstanzliche Klageabweisung als unzulässig rechtskräftig werden würde, wenn der durchaus behebbare Mangel der Prozessfähigkeit einer Sachentscheidung des Berufungsgerichts entgegenstehen würde.

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