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Anerkennung als Flüchtling

Ausländerrecht | Lesezeit: ca. 5 Minuten

Ein Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, die in einem anderen Mitgliedstaat zuerkannte Flüchtlingseigenschaft automatisch anzuerkennen.

Kann ein Mitgliedstaat einen Antrag auf internationalen Schutz nicht als unzulässig ablehnen, weil der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat, der ihm bereits einen solchen Schutz zuerkannt hat, der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre, muss er eine neue individuelle Prüfung vornehmen. Dabei muss er allerdings die Entscheidung des anderen Mitgliedstaats und die Anhaltspunkte, auf denen diese Entscheidung beruht, in vollem Umfang berücksichtigen.

Der Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde:

Eine syrische Staatsangehörige, der in Griechenland die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden war, beantragte anschließend in Deutschland internationalen Schutz. Ein deutsches Gericht entschied, dass ihr aufgrund der Lebensumstände von Flüchtlingen in Griechenland die ernsthafte Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung drohen würde, so dass sie nicht dorthin zurückkehren könne. Die zuständige deutsche Behörde lehnte ihren Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab, gewährte ihr aber subsidiären Schutz. Die Betroffene erhob daraufhin bei den deutschen Gerichten eine Klage gegen die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Das deutsche Bundesverwaltungsgericht fragt den Gerichtshof, ob die zuständige Behörde in einem solchen Fall verpflichtet ist, dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft allein deshalb zuzuerkennen, weil ihm diese Eigenschaft bereits von dem anderen Mitgliedstaat zuerkannt worden ist, oder ob sie eine neue eigenständige Prüfung dieses Antrags in der Sache vornehmen darf.

In seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die Mitgliedstaaten beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts nicht verpflichtet sind, die von einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidungen über die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft automatisch anzuerkennen, dass es ihnen allerdings freisteht, dies zu tun. Deutschland hat von dieser Möglichkeit aber keinen Gebrauch gemacht.

Unter diesen Umständen muss die zuständige Behörde, wenn sie einen Antrag auf internationalen Schutz nicht als unzulässig ablehnen darf, weil der Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat, der ihm bereits einen solchen Schutz zuerkannt hat, der ernsthaften Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre, eine neue individuelle, vollständige und aktualisierte Prüfung der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vornehmen.

Im Rahmen dieser Prüfung muss diese Behörde jedoch die Entscheidung des anderen Mitgliedstaats, diesem Antragsteller internationalen Schutz zu gewähren, und die Anhaltspunkte, auf denen diese Entscheidung beruht, in vollem Umfang berücksichtigen. Zu diesem Zweck muss sie unverzüglich einen Informationsaustausch mit der Behörde einleiten, die diese Entscheidung erlassen hat.

Erfüllt der Antragsteller die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling, muss die Behörde ihm diese Eigenschaft zuerkennen, ohne hierbei über ein Ermessen zu verfügen.


EuGH, 18.06.2024 - Az: C-753/22

ECLI:EU:C:2024:524

Quelle: PM des EuGH

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